Lokal

Hohe Belastung für die Anrainer

27.08.2023 • 18:45 Uhr / 8 Minuten Lesezeit
Motorräder, daneben Häuser. Das Bild zeigt Schoppernau. <span class="copyright">hartinger </span>
Motorräder, daneben Häuser. Das Bild zeigt Schoppernau. hartinger

Zu schnelle oder zu laute Motorräder bringen das Fass der verkehrsgebeutelten Bevölkerung im Bregenzerwald zum Überlaufen.

Einerseits: Für Anrainer der Hauptverkehrsadern im Bregenzerwald ist es an sonnigen Wochenenden in der warmen Jahreszeit beinahe unmöglich, vor oder hinter dem Haus zu sitzen. Denn ein Fahrzeug nach dem anderen braust vorbei. Besonders laut knattern manche Motorräder.

Andererseits: Motorradfahren ist für viele Menschen ein schönes Hobby, bei dem sie abschalten, entspannen und gleichzeitig etwas erleben können. Das will wohl auch niemand verbieten, nur wird der Wunsch nach bestimmten Regeln oder Einschränkungen in den betroffenen Gebieten zunehmend stärker.

Stefan Bischof, Bürgermeister von Damüls. <span class="copyright">Gemeinde Damüls</span>
Stefan Bischof, Bürgermeister von Damüls. Gemeinde Damüls

Das Bergdorf Damüls ist im Süden vom Faschina- und im Südwesten vom Furkajoch umschlossen. Über beide Pässe führen beliebte Motorradstrecken hinunter nach Au beziehungsweise in umgekehrter Richtung; dabei handelt es sich stets um Landesstraßen. „Generell ist der Ort durch den Motorradverkehr belastet. Gastronomen und Hoteliers empfinden ihn als störend, und auch die Stimmung im Dorf ist negativ“, sagt Bürgermeister Stefan Bischof. „Aber die Motorräder haben zwei Seiten. Einerseits ist der Motorradfahrer ein Gast und ein Verkehrsteilnehmer wie ein anderer auch. Man kann auf Landesstraßen nicht x-beliebig Verkehrsteilnehmer rausnehmen, die einem nicht passen.“ Andererseits, so erklärt das Gemeindeoberhaupt: Ein Großteil der Biker halte sich zwar an die vorgegebenen Geschwindigkeiten, aber eine Minderheit – und das sei das Problem – fahre viel zu schnell durch den Ort. Meist seien das Motorradfahrer aus Vorarlberg. „Feierabendpiloten“ nennt Bischof sie, weil sie nach getaner Arbeit eine Rundfahrt durch den Bregenzerwald unternehmen. Sie kommen recht spät, manche aber auch relativ früh. Zu diesen Randzeiten steht keine Polizeistreife mit dem Radargerät am Straßenrand.

Motorradfahrer - aber auch andere Verkehrsteilnehmer - machen durch Zeichen auf eine Geschwindigkeitskontrolle aufmerksam und fahren in erlaubtem Tempo an der Polizeistreife vorbei. <span class="copyright">Symbolbild apa/Wolf</span>
Motorradfahrer - aber auch andere Verkehrsteilnehmer - machen durch Zeichen auf eine Geschwindigkeitskontrolle aufmerksam und fahren in erlaubtem Tempo an der Polizeistreife vorbei. Symbolbild apa/Wolf

Doch selbst in Zeiten, in denen es Geschwindigkeitskontrollen gibt, entziehen sich die Motorradfahrer den Ordnungshütern, indem sie einander mit Zeichen warnen und in erlaubtem Tempo an der Polizei vorbeifahren. Deshalb wäre der Wunsch der Gemeinde eine Radarbox, die mal an einem, mal an einem anderen Ort aufgestellt werden kann. Dieses Ansinnen wies die Bezirkshauptmannschaft (BH) jedoch ab.

Extreme Geräuschkulisse

Das zweite Problem sind gemäß des Damülser Bürgermeisters Motorräder, die sehr laut sind. Auch das trifft nur auf einen kleinen Teil der Motorradfahrer zu, ist aber dennoch eine Belastung. Gegenüber des Siedlungsgebietes in Damüls steht eine Galerie, „sie wirkt wie ein Lautsprecher. Eine solche Geräuschkulisse ist extrem und störend“, so Bischof. Um die offene Seite der Galerie zu schließen, muss ein bestimmter Lärmpegel gegeben sein. Das Landesstraßenbauamt maß den Lärm, und der herausgefundene Wert war nicht hoch genug, damit die Behörde die Galerie verbauen lässt.

In Schoppernau wurde schon vor Jahren eine 40er-Beschränkung für die Hauptstraße beschlossen, die BH lehnte das jedoch ab. <span class="copyright">Hartinger</span>
In Schoppernau wurde schon vor Jahren eine 40er-Beschränkung für die Hauptstraße beschlossen, die BH lehnte das jedoch ab. Hartinger

Laute Motorräder sind nicht nur in Fällen wie der Damülser Galerie störend, auch in der Hinterwälder Gemeinde Schoppernau ist der Verkehr ein Problem. Hier gibt es Anrainer, die eine Wohnung in einem anderen Teil des Dorfes fernab der Hauptstraße gekauft oder die den Teil des Hauses, der nicht an die Straße grenzt, ausgebaut haben, um dem Lärm zu entkommen. Das Verkehrsproblem wird von allen Verkehrsteilnehmern verursacht; Motorradfahrer, die vor allem dann unterwegs sind, wenn auch die Anrainer nicht arbeiten und ihre Freizeit genießen wollen, bringen das Fass oft zum Überlaufen.

Schoppernaus Bürgermeister Walter Beer. <span class="copyright">Neue</span>
Schoppernaus Bürgermeister Walter Beer. Neue

Schoppernaus Bürgermeister Walter Beer berichtet, dass die Gemeindevertretung schon vor Jahren einen Beschluss für Tempo 40 durch das Dorf gefasst hat, die BH dies jedoch nicht bewilligte. Ein anderer Hebel wäre eine Reduktion der lauten Motorräder durch eine Beschränkung der Dezibelzahl. Eine entsprechende Anfrage der Gemeinde Schoppernau liegt momentan bei der Verkehrsabteilung des Landes, wegen des Sommerurlaubes kam jedoch noch keine Stellungnahme. Wenn sie eingelangt ist, möchte Beer das Thema in die Regionalplanungsgemeinschaft Bregenzerwald bringen.
Im Tiroler Lechtal, das an den Bregenzerwald grenzt, gilt seit vergangenem Sommer eine Beschränkung für Motorräder auf 95 Dezibel. Lautere Maschinen dürfen nicht durch das Tal fahren, die Polizei kontrolliert anhand der Zulassung die Dezibelzahl. Die Polizei sei präsent, sagt Hanspeter Außerhofer, Bürgermeister von Stanzach. „Einige Motorradclubs, die laute Maschinen haben, kommen nicht mehr ins Tal, und die Motorradfahrer, die noch hier sind, fahren leiser und weniger aggressiv“, zeigt sich das Gemeindeoberhaupt sehr zufrieden. Von anderen Lechtaler Bürgermeistern weiß er, dass die Dezibelbeschränkung in anderen Gemeinden ebenfalls als sehr positiv wahrgenommen wird.

„Hängt vom Fahrstil ab“

Beim Land Vorarlberg, das für die genannten Straßen in Vorarlberg und für eine Dezibelbeschränkung zuständig ist, wird eine Lärmbeschränkung hingegen kritisch gesehen. „Die Lärmentwicklung hängt in erster Linie vom Fahrstil ab“, sagt Vekehrslandesrat Marco Tittler (ÖVP). Deshalb könne eine „signifikante Änderung der Lärmsituation“ nicht durch eine solche Beschränkung erreicht werden. „Vielmehr kann sie mitunter dazu führen, dass bestimmte Motorräder einem Verbot unterliegen, obwohl sie bei normaler Nutzung wesentlich leiser wären als andere, die jedoch aufgrund geltender Vorschriften erlaubt sind.“ Könnte die Dezibelbeschränkung anhand einer Lärmmessung auf der Straße kontrolliert werden, anstatt sie an der Zulassung festzumachen, wäre sie effektiver, heißt es vom Landesrat. Diese Lärmmessungen seien aber kompliziert. Das Land setzt deshalb auf verstärkte Kontrollen der Geschwindigkeiten, um Gemeinden und Anrainer vom Motorradverkehr zu entlasten.

Das Problem sind Motorräder, die sehr laut sind.<span class="copyright"> Hartinger</span>
Das Problem sind Motorräder, die sehr laut sind. Hartinger

Ruhe finden ist unmöglich

Das Hotel Krone in Au steht direkt an der Hauptstraße und zudem an einer Abzweigung, wo der Weg nach Damüls führt. Walter Lingg, Senior-Chef des Hauses, sagt: „Der Motorradverkehr ist eine ständig steigende Belastung.“ Ruhe an einem Nachmittag am Wochenende gebe es nicht und dementsprechend würden Gäste rückmelden: Ihr Bild vom Bregenzerwald als Ruhe- und Rückzugsort decke sich nicht mit der Realität. Der ehemalige Landtagsabgeordnete hat schon einiges versucht, um die Situation zu verbessern. Das meiste davon ist im Sand verlaufen, und die 40er-Beschränkung, die vor und nach dem Hotel gilt, bringt laut Lingg kaum Entlastung, weil sich die Verkehrsteilnehmenden nicht daranhalten.

Lärmbolde

„Ich habe grundsätzlich nichts gegen Motorradfahrer, aber gegen Lärmbolde, die aus Egoismus und Verantwortungslosigkeit anderen Schaden zufügen“, spielt Lingg auf das Thema laute Motorräder an. „Wenn ich bewusst mit einem lauten Motorrad eine Ländlerundfahrt mache, sollte ich überlegen, wie viele hundert oder tausend Menschen ich damit belästige.“
Für den Hotelier wäre eine Dezibelbeschränkung ein Weg, das Problem in den Griff zu bekommen. Zudem würde er sich verstärkte Polizeikontrollen und bauliche Maßnahmen wünschen.