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Abgang mitten im FPÖ-Aufwind: Allgäuer tritt als Vize-Stadtchef zurück

09.09.2023 • 22:30 Uhr / 9 Minuten Lesezeit

Warum sich der Freiheitliche Daniel Allgäuer aus der Feldkircher Stadtpolitik zurückzieht.

DIE NEUE am Sonntag traf sich mit Vizebürgermeister und Stadtrat, LAbg. Daniel Allgäuer. Im Interview schildert er seine Beweggründe für den Rücktritt. Wie es im Landtag weitergeht, lässt er noch offen.

Die Gemeindevertretungswahlen 2025 werfen erste Schatten voraus. In immer mehr Gemeindestunden werden Rücktritte angekündigt. Wie sieht es bei Ihnen aus? Man hört immer wieder, dass auch Sie an einen Rückzug aus der Politik denken.
Daniel Allgäuer: Eines möchte ich vorweg festhalten: Die Politik bereitet mir so viel Freude wie am ersten Tag. Ich bin nicht amtsmüde oder so. Aber ich habe mich dazu entschlossen, das Amt des Vizebürgermeisters und mein Stadtratsmandat in der Stadtvertretungssitzung im Dezember zurückzulegen. Ich werde der Stadtpolitik allerdings als einfacher Stadtvertreter erhalten bleiben – auch deshalb, weil ich die Nachfolgerin oder den Nachfolger so noch begleiten kann.

Warum hören Sie auf?
Allgäuer: Als ich im Jahr 2001 in die Politik gegangen bin (als freiheitlicher Spitzenkandidat bei der Landwirtschaftskammerwahl, Anm. d. Red.) war der älteste meiner vier Söhne zwölf Jahre alt und der jüngste fünf. Mittlerweile sind alle Kinder selbstständig und führen Betriebe mit mehreren Mitarbeitern. Jetzt möchte ich Ihnen was zurückgeben und da und dort unterstützend tätig sein. Denn ich hatte früher sehr wenig Zeit für sie. Darüber hinaus habe ich als Landwirt sieben Tage in der Woche gearbeitet. Ich möchte in Zukunft ein bisschen mehr Freizeit.


Warum gerade jetzt? Ihnen werden große Chancen auf das Bürgermeisteramt nachgesagt. Die FPÖ ist im Aufwind und es ist noch unsicher, ob bzw. an wen Bürgermeister Wolfgang Matt übergibt? Was sagen Ihre Parteikollegen dazu?
Allgäuer: Die haben natürlich keine große Freude damit. Aber meiner Meinung nach ist jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Übergabe, weil sich die Nachfolgerin oder Nachfolger dann gut einarbeiten kann. Eine frühzeitige und ordentliche Übergabe kann ein Mehrgewinn für alle Beteiligten sein. Ich gebe aber zu: Wäre ich einige Jahre jünger, würde ich es schon noch einmal wissen wollen.

Wäre ich jünger, würde ich es noch einmal wissen wollen.

Daniel Allgäuer

Wer wird Sie beerben?
Allgäuer: Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Zunächst werden sich die Parteigremien mit der Sache befassen. Das wird in Kürze passieren. Danach werden wir informieren.

Es fällt immer wieder der Name der Landtagsabgeordneten und Stadtvertreterin Andrea Kerbleder.
Allgäuer: Das kann ich weder bestätigen noch dementieren. Wir hätten jedenfalls mehrere Personen, die das machen könnten. Ich habe aber einen Namen konkret im Kopf. Fix ist, dass jene Person, die das Vizebürgermeisteramt übernimmt, auch als Spitzenkandidat bei den Gemeindewahlen ins Rennen geht.

Sehr wahrscheinlich wird die Freiheitliche Andrea Kerbleder neue Vizebürgermeisterin. <span class="copyright">Hartinger</span>
Sehr wahrscheinlich wird die Freiheitliche Andrea Kerbleder neue Vizebürgermeisterin. Hartinger

Davor wird im Herbst 2024 aber noch der Landtag gewählt. Werden Sie da noch einmal zur Verfügung stehen?
Allgäuer: Das werde ich nächstens Jahr im Sommer entscheiden.

Zurück nach Feldkirch: Bei einer Pressekonferenz vor den Gemeindewahlen 2020 haben sie gesagt, dass es seit dem Bürgermeisterwechsel von Wilfried Berchtold zu Wolfgang Matt an Führungs- und Gestaltungskraft fehle und Anliegen der Bürger ignoriert werden. Wie sehen Sie das jetzt? Hat sich das unter dem Einfluss der Freiheitlichen als Koalitionspartner verbessert?
Allgäuer: Was ich ganz sicher sagen kann, dass wir eine sehr gute Partnerschaft haben. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Nicht nur mit dem Bürgermeister, auch mit den anderen Stadtratsmitgliedern. Ich denke, das merkt man auch bei den Beschlussfassungen. Da gibt es durchaus einige Projekte, die man vorzeigen kann.

Daniel Allgäuer im NEUE-Gespräch. <span class="copyright">hartinger</span>
Daniel Allgäuer im NEUE-Gespräch. hartinger

Bitte etwas konkreter. Wo ist die Handschrift der FPÖ erkennbar, was hat man weitergebracht?
Allgäuer: Es wäre überheblich, wenn wir uns jetzt einzelne Projekte konkret zuschreiben würden. Es gibt aber sozusagen einen blauen Faden, der sich durchzieht. Mein Kollege Thomas Spalt und ich haben als Stadträte immer Handschlagqualität bewiesen und Beschlüsse ohne Zaudern und Zögern zur Umsetzung gebracht.

Konkrete Projekte bitte.
Allgäuer: Kollege Spalt war beispielsweise politisch verantwortlich für die Bahnhof City. Und es gibt die neue Fußgängerzone in der Neustadt, die in mein Ressort fällt. Unser neues Aushängeschild im Bereich Bildung ist die Volksschule Altenstadt. Mit 23,5 Millionen Euro netto eine budgetäre Punktlandung. Auch das ist freiheitliche Handschrift. Ich möchte das aber nicht nur für mich Anspruch nehmen, denn das ist wirklich auch der Bauabteilung im Rathaus mit ihren exzellenten Mitarbeitern zu verdanken.

Neben den Schulen zählt auch die Kinderbetreuung zur Daseinsvorsoge einer Gemeinde. Hier gab es teilweise heftige Kritik von Müttern, weil es zu wenig Plätze gibt.
Allgäuer: Da haben wir Handlungsbedarf, das stimmt. Ich erwarte mir aber auch, dass das Land den Gemeinden hier entsprechend unter die Arme greift. Auch was das Personal betrifft. Denn es nützt das schönste Haus nichts, wenn wir kein Personal haben.

Daniel Allgäuer. <span class="copyright">Hartinger</span>
Daniel Allgäuer. Hartinger

Stichwort Agrargemeinschaften: Sich haben sich lange aus der Diskussion zur Eigentumsfrage zurückgehalten, nicht zuletzt, weil sie selbst Funktionär bei der Agrargemeinschaft Altenstadt waren. Bei der letzten Agrar-Vollversammlung haben sie sich recht vehement für eine rechtliche Klärung ausgesprochen und den Obmann als Einpeitscher bezeichnet. Wie kam es zu dem Kurswechsel?
Allgäuer: Ich habe mich in den politischen Gremien immer für befangen erklärt, sage aber auch ganz klar, dass ich einem Feststellungsverfahren skeptisch gegenüberstanden bin. Letztlich war es ein Reifungsprozess. Nachdem wir im Landtag dazu einige Ausschusssitzungen und Gespräche mit Rechtsexperten hatten, wurde mir klar, dass es für alle Beteiligten – sowohl für die Stadt Feldkirch als auch für die Agrargemeinschaften – größtmögliche Rechtssicherheit braucht. Und diese erreichen wir nur mit einem Feststellungsverfahren und höchstgerichtlichen Entscheidungen.

Hätten Sie dieses klare Statement auch gesetzt, wenn Sie 2025 zur Bürgermeisterwahl angetreten wären?
Allgäuer: Selbstverständlich. Es war mir ein Anliegen, meine Meinung kundzutun. Ich hätte es mir einfacher machen können. Aber ich bin ein Freund der klaren Worte. Das ist auch das, was sich die Bürger von der Politik erwarten.

Über die Wortwahl und Diktion kann man unterschiedlicher Meinung sein. Hinter der Zielausrichtung stehe ich aber voll und ganz.

Daniel Allgäuer über Herbert Kickl

Sie gelten als gemäßigter Freiheitlicher. Wie sehr identifizieren sie sich noch mit ihrer Partei, die sich unter Herbert Kickl zunehmen radikalisiert?
Allgäuer: Ich bin seit vielen Jahren bei den Freiheitlichen und ich sehe keinen Grund, mich von irgendetwas zu distanzieren. Wir haben im Land mit Christoph Bitschi einen Parteiobmann, der sehr großes politisches Potenzial hat. Es täte Vorarlberg gut, wenn die Freiheitlichen – so wie in Feldkirch – in der Regierung wären.

Und Kickl? Er hat kürzlich die rechtsextreme Bewegung der Identitären mit NGOs wie Greenpeace oder Global 2000 verglichen.
Allgäuer: Ich sage immer: Der Ton macht die Musik. Über die Wortwahl und Diktion kann man unterschiedlicher Meinung sein. Hinter der Zielausrichtung stehe ich aber voll und ganz.

ZUR PERSON

Daniel Allgäuer

Der 59-jährige gelernte Landwirt und Vater von vier Söhnen stieg Anfang der 2000er-Jahre in die Politik ein. Zunächst war er Kammerrat in der Landwirtschaftskammer, 2005 wurde er als Stadtvertreter in Feldkirch angelobt. Seit 2013 sitzt er im Stadtrat, 2020 wurde er Vizebürgermeister. Dem Vorarlberger Landtag gehört Allgäuer seit 2009 an. 2016 bis 2019 war er Klubobmann der FPÖ.