Wo alte Dinge eine neue Heimat finden

Mit viel Engagement errichtete Brigitte Bischofberger in einem alten Haus in Bizau einen Ort, an dem sie alte Gegenstände ausstellt.
Wer kennt es nicht? Im hintersten Eck im Giebel staubt ein alter Gegenstand vor sich hin. An sich ist er nicht mehr zu gebrauchen, doch mit ihm sind viele Erinnerungen verbunden, und deshalb fällt Wegschmeißen schwer. Wie schön, wenn es für solche Fälle ein gutes Plätzchen wie bei Brigitte Bischofberger in Bizau gibt. Die 61-jährige gelernte Dekorateurin und jetzige Pensionistin sammelt seit mehr als 30 Jahren alte Dinge, vor rund zehn Jahren hat sie einen stimmigen Platz – „Brigittes Museum“ – geschaffen, um sie auf- und auszustellen.

Die meisten Antiquitäten stammen von Verwandten, Freunden und Bekannten, die sich freuen, dass ihre alten Sachen nicht auf dem Sperrmüll landen. In „Brigittes Museum“ werden sie nicht nur von der Namensgeberin und Hobbysammlerin wegen ihrer Schönheit und Zweckmäßigkeit wertgeschätzt, sondern auch von den Besuchern des Museums.

Gegenüber dem Wohnhaus der dreifachen Mutter und mehrfachen Oma steht ein über 100-jähriges Haus. Zuletzt lebte dort Elsa Metzler, „eine sehr liebe Nachbarin“, wie Brigitte Bischofberger sagt. Als sie starb und das Haus zum Verkauf angeboten wurde, erwarben sie und ihr Ehemann Josef Bischofberger es. Für einen Menschen wie die Bizauerin, die sehr nachhaltig und sorgfältig mit den Dingen umgeht, wäre es nie in Frage gekommen, das Haus abreißen zu lassen. „Das hätte ich nicht übers Herz gebracht.“ Stattdessen adaptierte sie mit Hilfe von Familie und Bekannten das baufällige Stallgebäude und richtete den Wohntrakt her. „Wir haben so wenig wie möglich verändert“, erzählt Brigitte Bischofberger. Den Wohntrakt vermietet sie im Sommer, im ehemaligen Stall samt Scheune ist ihr Museum entstanden.

Im unteren Teil des Heuschobers – dort, wo früher Leiterwägen und Heugeräte untergebracht waren – sieht der Besucher erste alte Sachen wie ein altes Holzbügelbrett, ein Heft in Kurrentschrift mit dem Titel „Bürger- und Adelswappen Vorarlbergs und die Emser Chronik“ oder ein braunes Klavier, an dem rechts und links oberhalb der Klaviatur Kerzenständer befestigt sind. Im Durchgangszimmer vom Heuschober zum Wohntrakt steht ein schöner, angemalter Schrank, daneben hängt ein trichterförmiger Holztrog zum Schweinefuttern an der Wand, auf einer Anrichte liegen alte Zeitschriften. Alle Gegenstände sind bedacht angeordnet, nichts wirkt überbordend oder kitschig. Brigitte Bischofsbergers selbst hergestellte Lampen rücken die Antiquitäten im ganzen Museum ins rechte Licht.

Aus einem anderen Kasten im Durchgangszimmer holt Brigitte Bischofberger eine alte – mittlerweile natürlich leere – Bonbonschachtel mit der Aufschrift „Suchard Bonbons Arlberg“. Danach nimmt sie ein rund 15 Zentimeter breites und ebenso langes, leicht gebogenes Ding aus einer Schublade, das auf der Rückseite nur aus Holz besteht und glatt ist und auf der Vorderseite von dunklen Linien durchzogen wird. Ein Stempel ist das, lässt sie wissen. Früher wurden sie an Schulen fleißig verwendet.

Wenn Besucher ins Museum kommen, hört Brigitte Bischofberger oft Ausrufe wie „Das kenne ich noch von meiner Schulzeit!“ oder „So etwas hatte mein Vater ebenfalls!“ Üblicherweise führt die sympathische Bregenzerwälderin ihre Gäste durch das Museum. Sie kann zu den Dingen nicht nur ihren ehemaligen Verwendungszweck erzählen, sondern auch Geschichten: wem der Gegenstand gehört hat, weshalb er für den Besitzer wichtig war und warum er jetzt hier ist. Bei einem alten Webstuhl, der im oberen Teil des Heuschobers ausgestellt ist, sagt sie etwa: „Die Besitzerin lebte in einer anderen Wälder Gemeinde und hatte keinen Platz mehr. Sie meinte: ‚Der Webstuhl muss zurück nach Bizau, denn dort wurde er hergestellt‘. Also kam er zu mir.“

Wie eingangs erwähnt, erhält Brigitte Bischofberger die meisten Sachen von Verwandten oder Bekannten. Ein paar wenige Gegenstände hat sie dem Sperrmüll entnommen oder in einem Brockenhaus gekauft. Wenn sie etwas Neues für ihre Sammlung bekommt, stellt sie es erst einmal in den ehemaligen Stall.
Hier erinnert nichts mehr an die frühere Nutzung. Die kreative Frau hat daraus einen heimeligen, hellen Raum erschaffen. Ein majestätischer, schwarzer Herd, der einst im Neuhornbachhaus in Schoppernau seinen Dienst tat, steht im hinteren Teil des Raumes, davor ist ein langer Holztisch mit mehreren Stühlen platziert. Selbstredend sind auch diese Möbel alt und abgelaugt. In diesem Zimmer empfängt die 61-Jährige die Gäste des Museums, nützt ihn für Familienzusammenkünfte, für sich selbst zum Herunterfahren und zum „Akklimatisieren der Gegenstände, die ich neu bekommen habe“, erzählt sie. Sie möchte sie zuerst ein wenig um sich haben, bevor sie ihren Platz im Museum erhalten.

Zudem muss sie die meisten Sachen erst bearbeiten, sprich: putzen, schleifen oder ablaugen. Auf die Frage, ob das zeitintensiv ist, antwortet Brigitte Bischofberger: „Nein, das würde ich nicht überbewerten. Wenn man etwas gerne macht, ist es keine Arbeit.“ Mittlerweile dürften mehrere Hundert alte Sachen bei ihr eine neue Heimat gefunden haben; wie viel genau es sind, weiß sie aber nicht, denn solche Zahlen interessieren sie nicht. Ein Lieblingsstück hat die herzliche Bizauerin nicht: „Alle Sachen sind mir wichtig, ich möchte keine missen.“
Wie sehr sie an den Gegenständen hängt, ist zu erkennen, als sie beim Besuch der Neue am Sonntag eine sogenannte Schildkrötenpuppe, die an die 80 Jahre alt ist, aus ihrem Holzbettchen nimmt. Sanft hält sie die recht große Puppe, die einst ihrer Tante Gerda gehört hat. „Sie müsste zum Puppendoktor, weil ihr rechter Arm kaputt ist“, erklärt Brigitte Bischofberger. Doch der nächstgelegene Puppendoktor wohnt in Deutschland und so weit weg möchte sie die Puppe nicht schicken.

Damit zu der Frage, warum die Bizauerin das alles macht. Sie ist fasziniert von der Sorgfalt, mit der Dinge früher hergestellt worden sind und möchte das nicht in Vergessenheit geraten lassen. Weiters ist ihr wichtig, zu vermitteln: „Man sollte nicht immer alles gleich wegwerfen, und es ist auch nicht nötig, sofort etwas Neues zu kaufen. Man sollte das schätzen, was man hat.“ Und schließlich: Die Freude der ehemaligen Besitzer, ihr Sachen an einem guten Platz zu wissen, freut auch Brigitte Bischofberger sehr.
Ab einer Gruppengröße von vier Personen kann „Brigittes Museum“ besichtigt werden. Anmeldungen unter Tel. 0664 3937968.