Sport

Pioneers brauchen einen neuen Geldgeber

17.09.2023 • 05:50 Uhr / 10 Minuten Lesezeit
Pioneers-Präsident Pit Gleim bei der Präsentation der neuen Vereinsmarke „Pioneers Vorarlberg“ am 30. Mai 2022. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Pioneers-Präsident Pit Gleim bei der Präsentation der neuen Vereinsmarke „Pioneers Vorarlberg“ am 30. Mai 2022. Klaus Hartinger

Die Pioneers Vorarlberg stehen ein Jahr nach dem Einstieg in die ICE Hockey League vor einer ungewissen Zukunft.

Manchmal liegen die Tatsachen so deutlich auf dem Tisch, dass es nur einen klaren Blick und die richtigen Fragen braucht, um eine Sachlage aufzuklären. Dieser Tage haben die Pioneers Vorarl­berg ihr Mannschaftsfoto für die Saison 2023/24 veröffentlicht. Dabei war auffällig, dass weder auf den Trikots noch im Hintergrund und auch nicht als grafisches Element der Schriftzug des vermeintlichen Pioneers-Namenssponsors Bemer zu sehen war.

Bemer bezieht Stellung

Die NEUE ging der Sache auf den Grund und richtete eine Anfrage an das Liechtensteiner Unternehmen, ob denn Bemer noch Haupt- und Namenssponsor sei, da auf dem Mannschaftsfoto jeder Hinweis auf Bemer fehlen würde und ein Hauptsponsor für gewöhnlich doch omnipräsent sei. Weiters hieß es in unserer Anfrage: „Sollte Bemer noch Haupt- und Namenssponsor sein, werden wir selbstverständlich gerne weiterhin Bemer als Teil des Vereinsnamens bei der gesamten Berichterstattung transportieren, falls nicht, stellen wir die Bemer-Nennung im Rahmen der Pioneers ein.“
Am Donnerstag erreichte die NEUE dann eine überraschend deutliche Antwort: „Vielen Dank für Ihre Nachfrage bezüglich unseres Engagements bei den Pioneers Vorarlberg. Der aktuelle Sponsoringvertrag läuft im Frühjahr 2024 aus. Wir passen unsere Sponsorings und Aktivitäten regelmäßig an, und in diesem konkreten Fall ist ein weiteres Engagement über diesen Zeitraum hinaus aktuell nicht geplant.“ Eine Antwort, die es in sich hat, weil sie Tatsachen schafft – und viele Fragen zum Eishockeystandort Feldkirch aufwirft. Zur aktuellen Saison und nicht zuletzt, ob die Pioneers eine Zukunft haben.

Die Macher bei den Pioneers: Geschäftsführer Christian Groß und Sportdirektor Michael Lampert bei der Präsentation des neuen Vereins Pioneers Vorarlberg, bei der Bemer als Haupt- und Namenssponsor noch gar nicht feststand. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Die Macher bei den Pioneers: Geschäftsführer Christian Groß und Sportdirektor Michael Lampert bei der Präsentation des neuen Vereins Pioneers Vorarlberg, bei der Bemer als Haupt- und Namenssponsor noch gar nicht feststand. Klaus Hartinger

Riskanter Plan

Mit der Rückzugsankündigung von Bemer ist klar, dass die Pioneers für die kommende Saison einen neuen Hauptsponsor finden müssen – davon wird nahezu sicher der Verbleib der Pioneers in der ICE Hockey League abhängen. Was in ungeschminkter Deutlichkeit aufzeigt, wie kurzfristig der Geschäftsplan der Pioneers beim ICE-Liga-Einstieg im Frühjahr 2022 gewesen sein dürfte. Die Feldkircher wagten den Sprung in die Erstklassigkeit, obwohl sie offenbar nur zwei Spielzeiten finanziell abgesichert waren. Mehr Risiko geht fast kaum.
Zum Vergleich: Als der Dornbirner EC im Jahr 2012 in die seinerzeitige EBEL einstieg, hatte DEC-Macher Alexander Kutzer einen auf fünf Jahre hin wasserdicht abgesicherten Business-Plan. So finanziell stabil wollten ursprünglich auch die Feldkircher den Weg zurück in die Erstklassigkeit angehen. Am 23. Juli 2019 sagte der damalige VEU-Präsident und heutige Pioneers-Präsident Pit Gleim, nachdem die Feldkircher, damals noch als VEU, ihre EBEL-Kandidatur aus finanziellen Gründen zurückziehen mussten: „Wenn wir finanziell nicht mindestens für fünf Jahre abgesichert sind, sage ich Nein zum Aufstieg. Mir reicht es nicht, wenn ein Sponsor sagt, dass er es ein Jahr mit uns probiert. Für so ein Abenteuer bin ich nicht zu haben.“
Die Feldkircher haben sich augenscheinlich doch auf solch ein Abenteuer eingelassen. Und dürften dadurch bereits zu Beginn ihrer zweiten ICE-Spielzeit mit dem Rücken zur Wand stehen. Es verwundert aber nicht nur, dass die Macher in Feldkirch um Pit Gleim, Christian Groß und Michael Lampert so ein Risiko eingegangen sind. Sondern noch mehr, wie eine so wackelige Bewerbung vom Geschäftsführer der ICE Hockey League, Christian Feichtinger, für gut genug befunden wurde, um sie den Ligateilnehmern zur Abstimmung vorzulegen.

Bei diesem Pressetermin vom 23. Juli 2019 beteuerte der seinerzeitige VEU-Präsident Pit Gleim: "Wenn wir finanziell nicht mindestens für fünf Jahre abgesichert sind, sage ich Nein zum Aufstieg." <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Bei diesem Pressetermin vom 23. Juli 2019 beteuerte der seinerzeitige VEU-Präsident Pit Gleim: "Wenn wir finanziell nicht mindestens für fünf Jahre abgesichert sind, sage ich Nein zum Aufstieg." Klaus Hartinger

Laufende Saison

Es stellen sich freilich auch Fragen, wie abgesichert der Spielbetrieb der Pioneers in der gerade begonnen Saison 2023/24 ist. Auffällig bei der Antwort von Bemer ist nämlich auch, dass man bei Bemer trotz der bestätigten laufenden Sponsoringvereinbarung offensichtlich jetzt schon keinen Wert mehr darauf legt, im Vereinsnamen angeführt zu werden. Schließlich erwähnen sich die Liechtensteiner nicht mal mehr selbst bei der Nennung des Vereinsnamen – sondern sprechen von den Pioneers Vorarlberg. Was nicht erst rückblickend zur Frage führt, inwieweit Bemer überhaupt jemals ein klassischer Hauptsponsor war oder ob Pioneers-Präsident Pit Gleim von seinem Vater und Bemer-Gründer Peter Gleim nicht lediglich eine einmalige Starthilfe für das neue Eishockey-Projekt in Feldkirch bekommen hat.
Im Mai 2022 stampften die beiden VEU-Geschäftsführer Christian Groß und Michael Lampert sowie eben Präsident Pit Gleim die Pioneers Vorarlberg aus dem Boden, nachdem man unter der Projektbezeichnung „Team Vorarlberg“ in die ICE Hockey League aufgenommen wurde. Dass die angedachte Allianz der VEU mit Dornbirn und Lustenau zu diesem Zeitpunkt längst gescheitert war, tat den Bestrebungen von Groß und Co. damals keinen Abbruch, dem Standort Feldkirch als Team Vorarlberg ein neues Etikett zu verpassen. Womit man viele eingefleischte VEU-Fans verprellte. So wirklich angekommen ist das Produkt Pioneers Vorarlberg nicht in der heimischen Eishockeyszene, wie der enttäuschende Zuschauerschnitt aus der Debütsaison der Pioneers in der ICE-Liga aufzeigt: Trotz etlicher Kartenaktionen und üppig verteilten Freikarten kamen die Feldkircher nur auf einen Zuschauerschnitt von offiziell 1438 Besuchern.

Die Tribünen der Vorarlberghalle sind oft nur mäßig gefüllt bei Spielen der Pioneers - wie hier am 3. Jänner, als bei der so wichtigen Partie gegen Pustertal trotz Weihnachtszeit offiziell nur 1336 Zuschauer zum Spiel kamen. <span class="copyright">Roland Paulitsch</span>
Die Tribünen der Vorarlberghalle sind oft nur mäßig gefüllt bei Spielen der Pioneers - wie hier am 3. Jänner, als bei der so wichtigen Partie gegen Pustertal trotz Weihnachtszeit offiziell nur 1336 Zuschauer zum Spiel kamen. Roland Paulitsch

Schwierige Suche

Als um Neujahr herum der Endspurt in der ICE-Liga einsetzte, begannen die Pioneers in Summe fünf Leistungsträger für den Rest der Saison ersatzlos abzugeben. Und weil man auch auf den verletzungsbedingen Ausfall zweier Spieler nicht reagierte, tingelten die Feldkircher zum Saisonschluss mit einer Rumpftruppe durch den Ligaalltag – was gar nicht gut ankam bei der Ligakonkurrenz, da es den Wettbewerb verwässerte. Die Pioneers, nahmen den Imageschaden in Kauf, um Geld zu sparen. Präsident Pit Gleim soll im Jänner eine dementsprechende Rede in der Kabine gehalten haben.
Klar ist freilich, dass Hauptsponsoren kommen und gehen in der Sportwelt, aber in Vorarlberg und erst recht beim Eishockey ist es fast unmöglich, einen potenten Geldgeber für eine professionelle erste Liga zu finden. Was insbesondere für den Eishockeystandort Feldkirch gilt, dessen Ruf nach den vielen Pleiten und Skandalen arg ramponiert ist. Zumal ja neues Unheil droht, womit sich der Kreis schließt. Wie die NEUE am 15. Juni exklusiv berichtet hat, wird gegen die VEU Feldkirch wegen des Verdachts der systematischen Abgabenhinterziehung in den Spielzeiten 2019/20 und 2020/21 ermittelt. NEUE-Leser wissen, was jetzt kommt: Das Problem für die Pioneers-Organisation dabei ist, dass die seinerzeitigen Drahtzieher bei der VEU auch die heutigen Macher bei den Pioneers sind: Christian Groß, Michael Lampert und Pit Gleim waren damals bei der VEU die Verantwortlichen, wie sie es heute bei den Pioneers sind, einziger Unterschied ist, dass Lampert nicht mehr Geschäftsführer, sondern nun der Sportdirektor ist. Außerdem wurde im Vorjahr bei der Pioneers-Vereinsgründung einfach die VEU Feldkirch Event GmbH in Pioneers Betriebs GmbH umbenannt.
Das heißt, wenn das für etwa November erwartete Ergebnis der Steuersuchungen gegen die VEU Feldkirch negativ für die Feldkircher ausfällt und eine Nachzahlung fällig wird, steht man am Eishockeystandort vor der Herausforderung, wer diese Nachzahlung stemmen soll. Unter Pioneers-Spielerkreisen heißt es zwar, dass „der Deutsche“, gemeint ist Klubpräsident Pit Gleim, die Strafe „wegzahlen“ würde. Aber nachdem Bemer sich bereits von den Pioneers distanziert, müsste Pit Gleim im Falle eine Steuernachzahlung den Betrag wohl aus eigener Tasche stemmen.

Das Mannschaftsfoto der Pioneers Vorarlberg, bei dem jeder Verweis auf Bemer als Haupt- und Namenssponsor fehlt. <span class="copyright">Selina Maier</span>
Das Mannschaftsfoto der Pioneers Vorarlberg, bei dem jeder Verweis auf Bemer als Haupt- und Namenssponsor fehlt. Selina Maier

Eine Frage des Geldes

Bei der heutigen VEU jedenfalls würden sie wohl im Falle einer Steuernachzahlung zu recht darauf verweisen, dass die verantwortlichen Personen dafür nicht im neuen VEU-Vorstand um Präsident Reinhard Pierer zu finden sind. Sondern eben bei den Pioneers. Und dass wiederum die Pioneers über üppige Reserven verfügen, ist eher nicht anzunehmen. Noch alarmierender wäre die Lage für die Pioneers, wenn Groß und Lampert auf der Anklagebank landen würden – gerade auch im Hinblick auf die notwendigen Bemühungen, einen Geldgeber für die Saison 2024/25 zu finden. Denn mit Klubverantwortlichen auf der Anklagebank wäre das Unterfangen, einen neuen Hauptsponsor zu gewinnen, wohl fast aussichtslos.
Nein, das alles sind, man ist geneigt zu sagen, mal wieder, keine guten Vorzeichen für den Eishockeystandort Feldkirch. Fortsetzung folgt.