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„Immer mehr Menschen fühlen sich einsam“

19.09.2023 • 18:19 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Projektkoordinator Thomas Hebenstreit. <span class="copyright">Hartinger</span>
Projektkoordinator Thomas Hebenstreit. Hartinger

Caritas widmet sich mit Projekt „Herz.com“ der Einsamkeit. Jeder könnte helfen, dagegenzuwirken.

Seit Frühling 2022 führt die Caritas Vorarlberg ein Projekt durch mit Namen Herz.com und mit dem Ziel, eine lebendige Nachbarschaft sowie eine Kommune zu schaffen, in der die Menschen aufeinander schauen. Projektkoordinator Thomas Hebenstreit berichtet: „Wir merken, dass wir mit unserer Arbeit am Puls der Zeit sind. Denn immer mehr Menschen sind einsam; nicht nur die ältere Generation, sondern auch die jüngere. Viele ziehen sich unfreiwillig zurück, und das führt zu Nöten.“

Mitarbeitende und politisch Verantwortliche in Bregenz-Mariahilf.  <span class="copyright">Caritas</span>
Mitarbeitende und politisch Verantwortliche in Bregenz-Mariahilf. Caritas

Das Projekt läuft in den drei Projektregionen Bregenz-Mariahilf, Satteins und im Kleinwalsertal. Herz.com besteht aus zwei Säulen: Einerseits werden Freiwillige gesucht und ausgebildet, die als sogenannte „com.botschafter“ und „com.botschafterinnen“ Projekte begleiten und durchführen, zum Beispiel Besuchsdienste. Andererseits gibt es Angebote für Menschen, die Gesellschaft und Austausch suchen. Dazu zählen etwa Begegnungscafés, Erzählcafés oder Erzählbänkle. In Bregenz werden zudem sogenannte Herzenssprechstunden abgehalten. Diese werden bald auch in Satteins angeboten (siehe Factbox unten)

In Bregenz gab es die Aktion „Erzählbänkle“. <span class="copyright">caritas </span>
In Bregenz gab es die Aktion „Erzählbänkle“. caritas

Die Herzenssprechstunden werden von einer Frau, Maria Lang, moderiert. Jede Stunde steht unter einem anderen Thema. Bei einer der Herzenssprechstunden brachte sie zum Beispiel einen Koffer voller alter Gegenstände mit, jeder Teilnehmer nahm einen und erzählte, was ihm dazu einfiel. Dadurch wurden viele Geschichten von früher geteilt. „Man hat gut gemerkt, wie es bei den Menschen im Herzen angeklungen ist. Sie haben von ihren Erlebnissen erzählt, teils waren es auch emotionale Erlebnisse“, berichtet Thomas Hebenstreit.

Austausch

Bei den Herzenssprechstunden geht es vor allem darum, zu erzählen und in den Austausch zu kommen. Persönliche Probleme werden eher außen vorgelassen beziehungsweise erst nach der Stunde im kleineren Kreis angesprochen, wenn es Kaffee und Kuchen gibt. Sollte jemand Thematiken mitbringen, die professionelle Hilfe benötigen, wird die Person zu entsprechenden Beratungsstellen weitervermittelt.

Engagierte und politisch Verantwortliche im Kleinwalsertal. <span class="copyright">Caritas</span>
Engagierte und politisch Verantwortliche im Kleinwalsertal. Caritas

Sechs bis zwölf Menschen können an einer Herzenssprechstunde teilnehmen. Das Angebot richtet sich nicht nur an Personen aus dem Stadtteil wie Mariahilf oder aus der Gemeinde wie Satteins, sondern es dürfen auch Leute aus umliegenden Ortschaften zur Herzenssprechstunde kommen.
Der Grund, weshalb es diese besonderen Sprechstunden gibt, deckt sich mit demjenigen des gesamten Projektes: „Es gibt viele Menschen, die einsam sind und gerne reden möchten“, erklärt Caritas-Mitarbeiter Thomas Hebenstreit.
In der dritten Projektregion, dem Kleinwalsertal, finden noch keine Herzenssprechstunden statt, angedacht ist aber, diese auch in der Talschaft anzubieten.

herzenssprechstunden satteins

Die Herzenssprechstunden in Satteins beginnen am Montag, 9. Oktober, und finden alle zwei Wochen jeweils am Montag, von 14.30 bis 17.30 Uhr, im Pfarrsaal statt. Die letzte Sprechstunde ist für 18. Dezember geplant. Weitere Infos bei Thomas Hebenstreit unter 0676 884204024.

Damit zurück zum übergeordneten Projekt, unter dem die Herzenssprechstunden laufen: Herz.com. Ein weiterer Zielgedanke von allem, was unter diesem Mantel angeboten wird, ist: „Es geht darum, dass die Menschen mit offenen Ohren, Augen und Herzen durch den Ort gehen. Personen, denen es nicht so gut geht, sollten den Eindruck gewinnen, dass es jemanden gibt, der Zeit für sie hat und ihnen zuhört“, sagt der Projektkoordinator.

Eine Präsentation im Rahmen einer Umfrage von Herz.com in Bregenz. <span class="copyright">Caritas</span>
Eine Präsentation im Rahmen einer Umfrage von Herz.com in Bregenz. Caritas

Dazu erzählt er eine Geschichte aus der Praxis: Einer Frau, die „com.botschafterin“ ist, fiel bei der täglichen Grabpflege auf, dass eine andere Frau keine Friedhofsbesuche mehr machte. Sie besprach das mit Verantwortlichen von Herz.com und wurde von ihnen ermutigt, diese Frau zu besuchen. Die Besuchte freute sich sehr darüber, und die Besuchende stellte fest, dass die Frau sich langsam zurückzog. Nun besucht sie sie öfters. „So etwas kann jeder machen“, meint Thomas Hebenstreit.

„Gesundes Österreich“

Da Einsamkeit bekanntermaßen krank machen kann und dieses Projekt dem entgegenwirkt, wird es mit Förderungen des Fonds „Gesundes Österreich“ finanziert. Offiziell dauert Herz.com noch bis Frühling 2024. „Wir versuchen, auch danach am Ball zu bleiben und eine Nachfolgeförderung zu bekommen“, informiert Thomas Hebenstreit.

Die Caritas sucht weitere freiwillig Engagierte für Herz.com. Interessierte können sich Thomas Hebenstreit unter der Telefonnummer 0676 884204024 melden.