“Du räumst den Kühlschrank ein und fährst los”

Zwei Brüder vom Sulzberg haben ihre Berufe perfekt kombiniert. Der eine ist KFZ-Mechaniker, der andere Tischler: Gemeinsam bauen sie Camper aus.
Passender könnten die zwei gelernten Berufe von zwei Sulzberger Brüdern kaum zum aktuellen Reisetrend sein: Gregor Schwärzler (26) ist Tischler und Samuel Schwärzler (32) KFZ-Mechaniker-Meister. Die perfekte Kombination, um gemeinsam Camper zum eigenen mobilen Zuhause umzubauen.

Auf Social Media stoßt man vermehrt immer wieder auf Reisende, die das Wildcampen mit Bus am See oder Meer oder in den Bergen dem Luxusurlaub vorziehen. Um das eigene Hotel auf vier Rädern zu gestalten, nehmen manche das Werkzeug selbst in die Hand. So fing es auch bei den zwei Brüdern an. Aus der Idee im Jahr 2016, eine Küche in den eigenen Bus einzubauen, wurden später die zwei Firmen „Brome Van Camping“ und „Schwärzler Reisemobile“.

Die zwei Sulzberger haben einen Komplettausbau entwickelt und designt. 2019 haben sie dann den ersten Camper komplett ausgebaut. Davon profitiert jetzt, wer womöglich beim Lesen von Stromlaufplänen nur Bahnhof versteht, nicht mit der Bohrmaschine und Säge umgehen kann oder keine Zeit investieren will.

Seit 2019 sind nun schon 104 Fahrzeuge von den beiden zu einer mobilen Unterkunft umgewandelt worden. Dass so das Zuhause, das Bekannte und Gewohnte auf Reisen in die Fremde mitgenommen werden kann, ist laut den zwei jungen Sulzbergern das Besondere am Reisen mit Bus. Dadurch würde man sich zuhause fühlen. Für dieses Gefühl kann auch eine individuelle Einrichtung aus Holz anstatt Kunststoff ausschlaggebend sein. „Es gefällt den meisten, dass es ‚hoamelig‘ ist“, erklärt Samuel Schwärzler. „Sie fühlen sich wohl“, ergänzt Gregor Schwärzler.

Auf die Waage bitte!
Bis dieses mobile Zuhause entstehen kann, ist laut den Brüdern die Herausforderung, dass alles für den Alltag Notwendige auf begrenztem Raum Platz findet. Gleichzeitig darf der Bus jedoch nicht das zugelassene Gewicht überschreitet. Dabei ist ihnen wichtig, dass die eingebauten Teile leicht sind, aber trotzdem stabil und langlebig sind.

Über das Gewicht oder Fragen, dass die Befestigungen auch die Zugkraft in Unfallsituationen standhalten müssen, müssen sich die Kunden jedoch nicht selbst Gedanken machen. Sie holen das Fahrzeug dann fertig ausgebaut und schon vom TÜV geprüft und gewogen ab. Mit dem Jahreswechsel werden die zwei dann aus der Garage bei den Eltern in Sulzberg in einen neuen Standort in Hittisau mit mehr Platz umziehen. Dort schrauben sie dann sowohl an neuen Fahrzeugen, die sie selbst ausgebaut verkaufen, jedoch auch an Fahrzeugen, welche die Kunden bereits in der eigenen Garage stehen haben und nun sich einen Ausbau wünschen.

Zwei Unternehmen, ein Produkt
Die Brüder betreiben zwar zwei eigenständige Unternehmen, doch bei beiden bekommen die Kunden die selben Produkte und Dienstleistungen. Die Firma „Brome Van Camping“ von Gregor Schwärzler und seinem Freund Peter Tschallener, den er in der Imster HTL kennengelernt hat, ist für alles in Sachen Holz und Innenausbau zuständig. Die beiden werkeln in einer Tischlerei in Tirol. Je nach Standort des Kunden werden sie dann in Tirol oder im Bregenzerwald eingebaut. Das zweite Unternehmen „Schwärzler Reisemobile“ wird von Samuel Schwärzler betrieben – er kümmert sich als Mechaniker um den Rohbau, etwa um den Einbau des Dachzeltes oder der Batterie. Samuel Schwärzler baut jedoch nicht nur Camper komplett aus. Er verkauft und montiert auch nur einzelne Dachzelte oder PV-Anlagen etwa. Er bietet Leistungen und Reparaturen rund um das Vorführen, Karosserie oder Steinschlag an und verkauft neue und gebrauchte Camper.

Wer jedoch vom eigenen Hotel auf vier Rädern träumt, muss auch etwas Geld investieren. Ein ausgebauter Bus gibt es ab 55000 bis 115000 Euro – je nach Fahrzeug und Ausbauvariante. Mit ab 10000 Euro muss jemand rechnen, der ein eigenes Fahrzeug für den Ausbau mitbringt. Nach oben ist die Preisspanne offen.

Camper und Alltagsauto in einem
Es gibt drei Hauptausbauvarianten, welche die Brüder anbieten. Diese können je nach Bedürfnissen angepasst werden – wie etwa eine Hundebox für den vierbeinigen Mitreisenden oder ein Bücherregal für Leseratten. Die Varianten sind für bestimmte Fahrzeugmodelle vorgefertigt. Ausschließlich für VW T6.1, T6 und T5 oder VW Crafter und Man TGE wurden sie entwickelt.
Das Ausbausystem „Folks“ kann nach dem Urlaub einfach wieder aus dem Fahrzeug herausgenommen werden. So können Kunden das selbe Fahrzeug für den Alltag und Urlaub verwenden. „So sparst du dir das Zweitauto“, erklärt Samuel Schwärzler. „Du kannst das Alltagsauto weggeben und brauchst nur einen Parkplatz“, ergänzt Gregor Schwärzler. Auch wer einen alten Van ausbaut, verliert die Investition in den Ausbau nicht, wenn das Fahrzeug womöglich irgendwann auf dem Schrottplatz landet. Dann kann die Ausstattung in den neuen Camper übersiedelt werden. „Du kannst alles mitnehmen, außer die Filzwände“, so Gregor Schwärzler.

Das zweite Ausbausystem „Allrounder“ ist hingegen ein Fixausbau, welcher im Fahrzeug bleibt. Dabei ist der Vorteil, dass Reisen spontan gestaltet werden kann oder auch mal nach einem Gläschen Wein zu viel nach einer Hochzeit oder Party abseits von Urlauben im Camper übernachtet werden kann.
Gregor Schwärzler schätzt diese Flexibilität privat: „Du bist spontan und musst nicht planen. Du räumst den Kühlschrank ein und fährst los.“ Auch das Aufbrauchen der Lebensmittel vor Abreise fällt weg: Diese können mitgenommen werden.
Vom Studenten bis zum Pensionisten
Das Kundenspektrum ist breit gefächert. Diese reichen vom jungen Sportler oder Studenten bis zum 84-jährigen Pensionisten, der in den letzten Lebensjahren viel erleben möchten. Die meisten treffen die Brüder nicht nur einmal. „Jeder kommt nach einem halben Jahr wieder und will etwas verändert.“ Dann wird nochmal nachgerüstet. Etwa wenn die Standheizung in Spanien aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit doch vermisst wurde. Sie bitten Kunden um Feedback. So können sie die Ausstattung adaptieren. Auf der Messe am 23. Oktober in Wels präsentieren sie das neue Wassersystem. Zukünftig ist ein Thermomix in der Küche geplant. Ebenso wird eine neue Fahrzeugmarke ab 2024 ins Sortiment genommen: Ford.
