Metaller-KV: Warum die Zeichen trotzdem auf Sturm stehen

Am Schluss um zehn Prozent mehr? Selbst wenn das für die Metallbranche noch machbar wäre, ist ein solcher Abschluss für andere Branchen – etwa für den Handel oder andere personalintensive Dienstleistungen – wohl undenkbar.
10,6 Prozent mehr Lohn forderten die Gewerkschaften vor einem Jahr, bei einer rollierenden Inflation über die vergangenen zwölf Monate von 6,4 Prozent. Ein satter Zuschlag von 4,2 Prozentpunkten auf die (damals noch nicht ganz so hohe) Teuerung.
Nun liegt die rollierende Inflation bei 9,6 Prozent – und die Forderung der beiden Gewerkschaften GPA und PRO-GE beträgt 11,6 Prozent. Man wäre angesichts des Vergleichs mit 2022 versucht zu sagen, also bei “nur” zwei Prozentpunkten mehr (und selbst die Arbeitgeber seien über die Forderung überrascht gewesen, heißt es).
Doch die neue Realität verändert den anzulegenden Maßstab der Beurteilung. Selbst ein Abschluss um die zehn Prozent, den die Arbeitnehmer wohl anstreben, wäre für die in eine Rezession geschlitterte Metalltechnische Industrie sehr schwer verdaulich.
Man darf daher auf das Gegenangebot der Arbeitgeber gespannt sein. Liegt dieses ebenfalls im Umkreis der rollierenden Inflation (was aber nicht anzunehmen ist), würde sich eine Einigung nahe der Mitte abzeichnen (so wie im vergangenen Jahr bei 7,4 Prozent). Damals boten die Arbeitgeber freilich nur 4,1 Prozent – und verwiesen auf die Hinzurechnung des Teuerungsausgleichs. Mit der erstaunlichen Beweglichkeit des Jahres 2022 – beide Parteien kamen einander um jeweils gut drei Prozentpunkte entgegen – wäre dann in diesem Jahr eine Einigung keine Hexerei.
Steht der Fachverband der Metalltechnischen Industrie trotz der zu erwartenden Drohgebärden der Gewerkschaft – bis hin zu (Warn-)Streiks – jedoch dazu, diesmal die enorm hohe rollierende Inflation nicht abgelten zu wollen, steuert man geradewegs in einen Konflikt, der sich gewaschen hat. Die Unternehmen haben gute Gründe, auf der Bremse zu stehen: Ihre Kosten würden trotz angespannter Lage bei zehn Prozent mehr Gehalt und Lohn um eine Milliarde Euro steigen.
Und selbst wenn das für die Metallbranche noch machbar wäre, ist ein solcher Abschluss für andere Branchen – etwa für den Handel oder andere personalintensive Dienstleistungen – wohl undenkbar: Ein Abschluss um die zehn Prozent würde die Inflation auf Güter des Alltags weiter anheizen. Die Zeichen stehen daher bei den Metaller-KV-Verhandlungen – trotzdem – auf Sturm.