„Eure Stimme, euer Sprachrohr, euer Diener“

Der Auftritt von FPÖ-Chef Herbert Kickl am Freitagabend in Bregenz brachte erwartungsgemäß ein volles Haus und kontroverse Sager mit sich.
Bereits um kurz nach 17 Uhr, wenige Minuten nach Einlassbeginn, ist der große Saal des Gösser in Bregenz bereits fast voll. Das zahlreich erschienene Publikum, das mit zünftiger österreichischer „Volksmusi“ unterhalten wird, ist gekommen, um die Rede von FPÖ-Chef Herbert Kickl zu hören und zu sehen. Der blaue Bundesparteiobmann, bekannt für seine direkte Wortwahl, ist am Freitag, den 13. Oktober, im Rahmen seiner „Heimat-Herbst“-Tour in der Vorarlberger Landeshauptstadt.
Eine Kickls Auftritt vorhergehende, kostenlose Messerschleif-Aktion am Ort des Geschehens wurde auf Anraten der Polizei und aufgrund einiger Proteste abgesagt.
Traditionelles Handwerk wollte Kickl vor seinen jeweiligen Auftritten in den Bundesländern vorstellen, in Bregenz hat es nicht geklappt. Die Ländle-FPÖ muss also mit dem Auftritt des Obrigsten vorlieb nehmen.
Die Stimmung vor dem Lokal ist relativ entspannt – trotz einer lautstarken, wenngleich teilnehmerschwachen Gegendemonstration der jungen SPÖ ein paar Meter weiter, am Leutbühel. Die lässt die meisten kalt, lediglich ein Herr will Kontra geben. Das in der Minute verstärkte Polizeiaufgebot verhindert dies jedoch.
Der Saal kocht derweil bereits lange vor dem offiziellen Beginn der Veranstaltung. Die Tische sind voll, das Bier fließt, Alpenstarkstrom spielen Krauthobel, HMBC und Gabalier. Man kennt sich hier. Zahlreiche Parteigranden versammeln sich an den langen Tischen. Es wird geklatscht, getrascht, freudige Erwartung liegt in der Luft. Zwischendurch fühlt man sich durchaus ein wenig wie in einer TV-Show mit Florian Silbereisen oder Andrea Kiewel.

Beate Rhomberg
Stattdessen kommt am Eingang des Saals erstmal Kickls Sicherheitschef an und bittet mit seinem Team das Publikum, den Weg freizumachen. Die Spannung jener, die das mitbekommen, steigt. Alpenstarkstrom spielen aber munter weiter. Am Nebentisch wird zweierlei gemunkelt: Geht sich noch ein schneller Tschick aus? Und ist der Nachbar wirklich trotz des Geburtstags seiner Frau lieber zu Kickl gekommen?
Schlussendlich, nach „Atemlos“, geht die Musik aus. Der Moderator lobt die „Wahnsinnsstimmung“. Und liefert den ersten Kalauer auf Kosten der SPÖ. „Habt ihr die Demonstranten gesehen? Nein? Die sind auch nicht mehr da. Ich habe ihnen gesagt, dass die Drag-Queen-Vorlesung ganz links hinten ist, und dann sind sie gegangen.“ Stilvoll.
Wehende Fahnen
Doch dann kommen sie, die drei Protagonisten des Abends: Vorarlbergs FPÖ-Chef Christof Bitschi, Bundesgeneralsekretär Michael Schnedlitz und selbstverständlich Herbert Kickl. Mit österreichischen Fahnen wehend, ziehen sie unter großem Applaus und Standing Ovations in den Saal ein.
Den Anfang auf der Bühne macht Bitschi, vom Moderator Richtung Kickl mit „Herbert, des isch an Beißer!“ angekündigt. Bitschi liefert ein klassisches Horsd’œuvre: ein Gewitter gegen die Grünen, die Regierung und „Willkommensklatscher“. „Wenn 60 Prozent der Sozialhilfeleistungen an Nichtösterreicher gehen, kann man von einem Missstand sprechen“, sagt Bitschi unter Jubel. Und verspricht: „Sobald wir in Verantwortung sind, werden wir diese Missstände beheben.“
Sowieso sei die FPÖ die einzige Partei im Land, die sich für Familien einsetze: „Wir sind die Familienpartei.“ Das „Ja zum Kind“ werde es mit der FPÖ wieder geben. Dann gibt es noch eine Spitze gegen den aus Vorarlberg stammenden Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Sobald dessen Name fällt, schallt ein vielstimmiges „Pfui“ durch den Raum. Mit einem „Wir werden es gemeinsam schaffen – 2024 wird das Jahr der FPÖ“ verabschiedet Bitschi sich von der Bühne, die im Anschluss Michael Schnedlitz einnimmt. Aufgrund der hohen Temperaturen im Saal tritt er schon mal im Hemd auf: „Bei der Stimmung brauch’ ich kein Sakko.“ Richtung des Vorredners heißt es noch: „Ihr habt’s grad den nächsten Landeshauptmann Vorarlbergs gesehen.“

Beate Rhomberg
Die Rechnung
Dann geht es aber zur Sache. Über die „Hinterzimmerdeals der Regierung“ wird gesprochen. Vom Nebentisch heißt es: „Kann sich nicht jeder eine Villa auf Ibiza leisten.“ Weiter geht es mit Corona: „Nächstes Jahr könnt ihr der Regierung die Rechnung für alles, was sie euch angetan haben, präsentieren.“ Klar, 2024 ist Wahljahr.
Schnedlitz wird bejubelt, doch das Publikum wartet auf Kickl. Als dieser schließlich auf die Bühne kommt, gibt es Standing Ovations und „Herbert!“-Sprechchöre. Kickl, launig und jovial wie immer, begrüßt mit einem „Hütte voll, Stimmung toll!“ und erklärt, er mache sich stets Sorgen um die Vorarlberger ÖVP. Denn: „Ein Landeshauptmann, der immer mit einem Bein im Burnout steht …“
Dann geht es recht schnell zum kommenden Wahljahr. Man werde zwei Höhepunkte erleben: Bitschi als Gewinner in Vorarlberg, Kickl als „Volkskanzler“ des Bundes. Nachsatz: „Ihr werdet dann halt die Flasche namens Rauch ohne Pfand zurückbekommen.“
Wo der Fisch stinkt
Nach einer kurzen Tirade über Ex-Kanzler Sebastian Kurz geht ans Eingemachte: „Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken“, so Kickl, „Und das ist nunmal der Bundeskanzler. Wir brauchen einen Kanzler in Österreich, der sich für die Bürger engagiert.“ Anschließend wird in Richtung der Sozialistischen Jugend geprostet: „Da nimm i noch an Schluck auf den Mateschitz.“
Kickl springt von einem Punkt zum nächsten. Bejubelt wird er großzügig, vor allem, als er voller Inbrunst sagt: „Was mich antreibt, ist nichts anderes, als der unbeugsame Wille, eure Stimme, euer Sprachrohr (…), euer Instrument, euer Diener zu sein.“ Liebe Freunde!