Warum ein U-Ausschuss vor großen Hürden steht

Vor der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Inserateaffäre wären einige Fragen zu klären.
Die Opposition im Landtag prüft die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Inseratenaffäre des Vorarlberger Wirtschaftsbundes. Rechtlich steht sie dabei jedoch vor etlichen Hürden.
Ein Minderheitenrecht. Seit 2014 ist die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen ein Minderheitenrecht. Jede im Landtag vertretene Partei kann einmal pro Gesetzgebungsperiode einen solchen Ausschuss verlangen. Untersuchungsausschüsse, egal ob auf Bundes- oder Landesebene, beschäftigen sich mit Missständen in der Verwaltung. Die Landesverfassung räumt dem Landtag das Recht ein, solche Ausschüsse „von Fall zu Fall“ einzurichten, es darf also keinen ständigen U-Ausschuss geben. Daher verlangt die Landesverfassung auch eine Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes: „Der Gegenstand der Untersuchung ist unter Anführung des behaupteten Missstandes in der Verwaltung des Landes genau zu bezeichnen.“
Wo bleibt das Land?
Hier liegt die größte Hürde für einen Wirtschaftsbund-Untersuchungsausschuss im Landtag: Der Wirtschaftsbund gehört nicht zur Verwaltung, er ist Teil einer Partei, der ÖVP.
Die Wirtschaftskammer und das Finanzamt für Großbetriebe, die in die Causa ebenfalls involviert sind, gehören zwar zur Verwaltung, jedoch nicht zu der des Landes. Die Kammer ist eine vom Bund eingerichtete Selbstverwaltung, die Finanz ressortiert ebenso zum Bund.
Man wird also einen Anknüpfungspunkt zur Landesverwaltung brauchen, um einen Untersuchungsausschuss einrichten zu können. Hier bietet sich das Parteienförderungsgesetz an, mit dem der Landesgesetzgeber den Landesparteien die Erstellung eines Rechenschaftsberichtes vorschreibt, wie es ihn auch für die Parteien auf Bundesebene gibt. Es steht nämlich der Vorwurf im Raum, die ÖVP habe die Geschäfte des Wirtschaftsbundes mit seinem Magazin „Vorarlberger Wirtschaft“ im Bericht nicht ordnungsgemäß abgebildet.
Frage der Kontrolle
Ihren letzten Landes-Rechenschaftsbericht musste die ÖVP, wie alle Landtagsparteien bis September 2021 der Landesregierung übermitteln. Damit ist ein Anknüpfungspunkt zur Verwaltung hergestellt. Ein Untersuchungsausschuss könnte etwa überprüfen wollen, ob hier falsche Angaben gemacht wurden.
Allerdings ist fraglich, ob es sich dabei tatsächlich um einen Missstand in der Verwaltung des Landes handeln würde. Die Landesregierung hat keinen gesetzlichen Auftrag, die Rechenschaftsberichte der Parteien eingehend zu prüfen. Sie nimmt diese nur entgegen und veröffentlicht sie im Amtsblatt. Die Landesregierung könnte also kritisch einwenden, welchen Missstand man ihr vorwerfen könnte, sollte ein Rechenschaftsbericht nicht den Tatsachen entsprechen.
Der Bericht der ÖVP für das Jahr 2021 steht in der Kritik, weil unter den Rubriken „Erträge aus Veranstaltungen, aus der Herstellung und dem Vertrieb von Druckschriften sowie ähnliche sich unmittelbar aus der Parteitätigkeit ergebende Erträge“ und „Einnahmen aus Sponsoring und Inseraten“ jeweils null Euro angegeben wurden, während die ÖVP-Teilorganisation Wirtschaftsbund ein erkleckliches Geschäft mit Inseraten in der „Vorarlberger Wirtschaft“ betrieben haben soll.
Zahnloses Instrument?
Die Landes-Rechenschaftsberichte sind sehr knappgehalten, jener der ÖVP und ihres Landtagsklubs füllen nicht einmal zwei Seiten. Damit alleine ließe sich kaum ein Untersuchungsausschuss füllen. Das Land selbst wird wenig mehr an Aktenbestand bereitstellen können.
Vom Bund darf ein Untersuchungsausschuss des Landtages nichts fordern. Er kann zwar um Akten von Bundesbehörden bitten, hat aber kein Recht darauf, sie zu erhalten. Eine solche Ausdehnung der Kompetenzen bezeichnete die ÖVP bereits im Abschlussbericht des Hypo-Untersuchungsausschusses 2017 als „vollkommend überschießend“.
Damals zeigten sich die Bundesorgane zwar kooperativ, allerdings verweigerten etliche Zeugen mit Berufung auf das Bankgeheimnis konkrete Aussagen. Ähnliches könnte auch einem möglichen Wirtschaftsbund-Untersuchungsausschuss bevorstehen: Wesentliche Aspekte der Affäre betreffen die Erhebungen der Großbetriebsprüfung beim Wirtschaftsbund, deren Ergebnis dem Abgabengeheimnis unterliegt. Gleichzeitig könnten sich Vertreter des Wirtschaftsbundes bei ihrer Aussage auf das Geschäftsgeheimnis berufen, etwa wenn es um konkrete Zahlungen im Rahmen der Inserategeschäfte geht.
All das könnte den U-Ausschuss zu einem zahnlosen Instrument machen und eine von der Opposition angesprochene zweite, abgespeckte Variante ins Spiel bringen: eine Sondersitzung des Landtages.