“Wir Lochauer lassen uns nicht das Seeufer nehmen”

Die IV und Frank Matt sprechen sich für einen unterirdischen Ausbau der Gleise in Richtung Deutschland aus.
Die Industriellenvereinigung Vorarlberg (IV) und der Lochauer Bürgermeister sprachen sich am Freitag hinsichtlich des viel diskutierten Ausbaus der Bahnverbindung zwischen Vorarlberg und Deutschland erneut für eine unterirdische Variante aus. Um der Bevölkerung aufzuzeigen, wie viel neuer Lebensraum dadurch gewonnen werden könnte, hat die IV ein Zukunftsbild erstellen lassen und gestern bei einer Pressekonferenz in Lochau präsentiert. Diese Visualisierung solle jedoch noch nicht technisch aufzeigen, wo die Schienen schlussendlich genau unter die Erde führen sollen, sondern nur einen Eindruck des Lebensgefühls vermitteln, hieß es.
Wofür braucht es einen Ausbau?
Wenn der Personen- und Güterverkehr von der Straße auf die Schienen verlagert werden soll, benötigt es eine entsprechende Schieneninfrastruktur, hieß es am Freitag. „Die Verlagerung geht nur, wenn man langfristig Kapazitäten schafft“, so der IV-Geschäftsführer Christian Zoll. Denn derzeit verläuft die Strecke zwischen Bregenz und Lochau/Hörbranz nur eingleisig und oberirdisch. „Diese Kapazität wird langfristig nicht reichen“, betont Zoll.
Schließlich müssten die Waren der Weltmarktführer aus Vorarlberg hinauskommen, meist zu den Häfen im Norden. Schon derzeit würden Transporte über Wolfurt, den Arlberg und Innsbruck nach Deutschland geführt werden.
Sowohl für Zoll, als auch für den Lochauer Bürgermeister Frank Matt kommt für einen Ausbau der Bahnstrecke im Rheintal nur eine unterirdische Variante in Frage. Denn: „Wir Lochauer lassen uns nicht das Seeufer nehmen.“ Vermehrter Verkehr auf oberirdischen Gleisen zu Tag- und Nachtzeiten würde den Erholungsraum zerstören. In Lochau würde niemand akzeptieren, dass etwa Lärmschutzwände oder Rampen die Gemeinde vom See trennen. Deswegen will Matt bei der nächsten Lochauer Gemeindevertretungssitzung einen Antrag gegen den oberirdischen Ausbau der Bahn in Lochau einbringen.

Die große Chance
Gleichzeitig sieht Matt den Ausbau als „Jahrhundertchance“. Die Verlagerung der Güter- und Personentransporte auf die Bahn sei ein Beitrag für den Klimaschutz. Unterirdische Gleise hätten zur Folge, dass der Zugang zum See verbessert, mehr Erholungsraum gewonnen und die Sicherheit erhöht werde. Als Bestvariante sieht Matt eine unterirdische Pfändertunnellösung von Bregenz bis nach Sigmarszell in Deutschland. Denn auch die Lindauer würden „sich sicher freuen, wenn der Verkehr nicht durch die Stadt rauscht“, ergänzt er.
Für eine unterirdische Lösung spricht sich auch die IV aus. Um die Vorstellungskraft der Bevölkerung zu beflügeln und die Potenziale des Projekts zu visualisieren, hat sie wieder einmal eine bildliche Darstellung in Auftrag gegeben, die ein Lebensgefühl vermitteln soll. Wie bei früheren Präsentationen, handelt es sich aber um keinen konkreten Plan. „Wir wollen zeigen, was alles möglich ist, wenn Interessen von Wirtschaft, Lokalpolitik und Anrainern gleichberechtigt berücksichtigt werden“, so IV-Vizepräsident Hubert Rhomberg. Es solle ein Konsens in Vorarlberg geschaffen werden, bevor dann zukünftig das Land auf den Bund beziehungsweise die ÖBB zugeht.
Baustart frühestens in 15 Jahren
Für die unterirdische Trasse kommt auch Zustimmung von Seiten der Neos: „Gerade in Zeiten, in denen klarer wird, dass wir bei der Nutzung von Grund und Boden an unsere Grenzen im Rheintal stoßen, ist der unterirdische Bahnausbau die einzige vernünftige Alternative“, betonte deren Verkehrssprecher Gerfried Thür in einer Aussendung. Die Machbarkeit sei hinreichend analysiert. Er fordert ein gemeinsames Vorgehen auf Landes- und Gemeindeebene.
Mobilitätslandesrat Daniel Zadra (Grüne) begrüßt, dass „so viele einen Beitrag leisten“. Er wolle gemeinsam die beste Lösung finden. Zadra favorisiert noch keine Variante, er bezeichnet sich selbst als ergebnisoffen. Für ihn stehen für die Umsetzung des Gleisausbaus die im Landtagsbeschluss festgelegten Rahmenbedingungen im Vordergrund. Darunter sind etwa der Erhalt des Bodenseeuferzugangs, der Schutz vor Lärm und dass die Bahnstrecke durch den Umbau nicht jahrelang total gesperrt wird.
„Die Pipeline muss erhalten bleiben“, betont Zadra. Um eine Lösung zu finden, brauche es jedoch erstmals einen festgelegten Prozess. Dafür ist auf den 10. Oktober ein Auftaktgespräch mit den Vertretern der Gemeinden angesetzt. Die Eckpunkte für den Prozess sollen bis zum Frühjahr 2024 festgelegt werden. Erst danach geht es um das Bauprogramm. Eines müsse laut dem grünen Landesrat beachtet werden: „Manche haben das Gefühl, es kommen morgen oder übermorgen die Bagger. Der Baubeginn ist aber frühestens in 15 Jahren.“