Wirtschaft

Jan Marsalek: Schlüsselfigur im Milliarden-Skandals

19.07.2023 • 13:36 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Fahndungsfotos
Fahndungsfotos.(c) APA/AFP/Police Munich/HANDOUT (HANDOUT)

Der 43 Jahre alte Wiener wird per internationalem Haftbefehl gesucht und in Russland vermutet.

Der ehemalige Wirecard-Finanzvorstand und gebürtige Österreicher, Jan Marsalek, gilt als Schlüsselfigur im milliardenschweren Bilanzskandal des zusammengebrochenen deutschen Zahlungsdienstleisters. Der Ex-Manager soll sich unter anderem mithilfe ehemaliger heimischer Geheimdienstler im Juni 2020, kurz vor der Wirecard-Pleite, über Minsk nach Russland abgesetzt haben. Sein Vorstandschef Markus Braun, ebenfalls Österreicher, sitzt derzeit auf der Anklagebank in München.

Der Aufenthaltsort des 43 Jahre alten Wieners ist weiter unbekannt, bestätigte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien am Dienstag auf Anfrage einmal mehr. Sie hat zwar eine gewisse Zuständigkeit, weil Braun und Marsalek österreichische Staatsbürger sind und es auch in Österreich einige Opfer etwaiger strafbarer Handlungen geben könnte. Doch der Schwerpunkt mutmaßlicher krimineller Handlungen liegt in Deutschland.

“Wir kooperieren mit den deutschen Behörden”

So ist das Ermittlungsverfahren gegen Braun gänzlich an Deutschland, konkret an die Staatsanwaltschaft München 1, abgegeben, da der Sachverhalt ident ist. Hier leistet die WKStA, wenn nötig, Rechtshilfe. In der EU gilt ein Doppelbestrafungsverbot. Wenn in diesem Fall in Deutschland ein Urteil fällt, ist der Fall auch in Österreich erledigt.

Das Ermittlungsverfahren gegen Marsalek, bei denen freilich ebenso mit deutschen Behörden zusammengearbeitet wird, ist aufgrund des unbekannten Aufenthaltsortes des Verdächtigen abgebrochen. “Wenn es neue Anzeigen, generelle oder Neuigkeiten zum Aufenthaltsort gibt, prüfen wir diese natürlich. Insgesamt kooperieren wir mit den deutschen Behörden”, sagte ein WKStA-Sprecher zur APA. Während sich ein Verdächtiger entzieht, gibt es keine Verjährung.

Ermittlungen rund um die Fluchthilfe

Die deutsche Justiz verlangt von Russland die Auslieferung Marsaleks. Es wurde ein Rechtshilfeersuchen an die russische Regierung gestellt. Vor seiner Flucht lebte der Österreicher in einer Münchner Luxusvilla.

Ermittlungen rund um die Fluchthilfe gegen mehrere Personen waren zumindest zuletzt bei der Staatsanwaltschaft Wien anhängig. Konkret hatten ein damals karenzierter Beamter des BVT und ein Ex-Politiker nach Ansicht der Anklagebehörde im Juni 2020 geholfen, einen Bedarfsflug aus Bad Vöslau nach Minsk zu organisieren. In betreffenden Verfahren war aber auch der Banker selbst im Zusammenhang mit Bestechungsvorwürfen als Beschuldiger geführt worden. Seine weitere Flucht, die laut Medienberichten nach Russland geführt hat, wäre schließlich ohne Kontakte zum belarussischen und russischen Geheimdienst kaum zu bewerkstelligen gewesen.

Marsaleks Prahlen mit Geheimdokumenten zum Nervengas Nowitschok führte mit deutlicher Verzögerung 2021 zudem zur Suspendierung eines hochrangigen österreichischen Diplomaten. Diesem werfen Ermittler die Weiterleitung der betreffenden Dokumente vor.