Kartellgericht – Brau Union erstmals für Vergleichsgespräche

HEUTE • 16:06 Uhr

Der heimische Bier-Marktführer Brau Union hat sich im anhängigen Kartellverfahren erstmals offen für Vergleichsgespräche gezeigt. Man wolle auf die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) “zugehen und einmal ein Zwischenresümee ziehen”, sagte ein Brau-Union-Rechtsvertreter am Montag vor Gericht. Dann könne man entscheiden, ob es einen Weg zu einer “einvernehmlichen Einigung” gebe. Man werde den Gesprächswunsch “intern besprechen”, erwiderte ein BWB-Vertreter.

In Kartellverfahren sind einvernehmliche Verfahrensbeendigungen – sogenannte Settlements – möglich. Diese reduzieren das Bußgeld und verkürzen das Verfahren. Man wolle “konstruktiv vorankommen”, sagte der Brau-Union-Vertreter vor Gericht in Richtung der BWB. Den kommenden Jänner und Februar könne man “gut nutzen für Gespräche”. Seit diesem Februar wird die Causa am Kartellgericht im Wiener Justizpalast verhandelt.

Getränkehändler als Brau-Union-Logistikpartner

Die Brau Union will bis Jahresende aktualisierte Verträge mit 35 Logistikpartnern abschließen, um damit Kritikpunkte der BWB auszuräumen. Zuerst müsse “der Schritt getan” sein, dann könne man auch andere Themen besprechen, sagte ein BWB-Vertreter vor Gericht. Die Behörde wünscht sich aber “möglichst bald” eine Fortsetzung der Zeugeneinvernahmen.

Die als Logistikpartner fungierenden unabhängigen Getränkehändler liefern Bier und andere alkoholfreie Getränke auf Rechnung der Brau Union aus und bekommen dafür eine nicht näher bezifferte Logistikvergütung. Gleichzeitig können sie bei diesen “Streckenlieferungen” für den Bierkonzern auch Getränke aus dem eigenen Sortiment an die belieferten Kunden verkaufen. Die Höhe der Logistikentschädigung sei ein Geschäftsgeheimnis, sagte ein Brau-Union-Anwalt am Montag vor dem Kartellgericht.

Brau Union dominiert österreichischen Biermarkt

Die zu Heineken gehörende Brau Union ist mit großem Abstand Marktführer in Österreich. Rund die Hälfte des hierzulande produzierten Bieres entfällt auf den Konzern. Zur Brau Union gehören Biermarken wie Gösser, Zipfer, Kaiser, Puntigamer, Schwechater, Wieselburger, Schladminger und Edelweiss. Im Fokus des Kartellverfahrens steht die Zusammenarbeit des Braukonzerns mit Getränke-Logistikpartnern und ob wirtschaftlicher Druck auf die Getränkelieferanten ausgeübt wurde. Die BWB ortet “eine Einflussnahme auf die Aktivität der unabhängigen Getränkehändler” durch den Braukonzern.

Nach der im Februar 2025 verhängten Kartell-Rekordstrafe gegen die Billa-Mutter Rewe in Höhe von 70 Mio. Euro wird auch der Brau-Union-Fall in der Handels- und Lebensmittelbranche mit Spannung verfolgt. Die Festsetzung der Rekordstrafe basierte auf dem Jahresumsatz der deutschen Rewe-Gruppe. Die Kartell-Strafrahmenobergrenze beträgt bis zu 10 Prozent des Umsatzes. Die Brau-Union-Mutter Heineken würde bei einer Geldstrafe mithaften, ist aber ausdrücklich nicht von den Ermittlungen betroffen und hat laut BWB auch keine Verstöße begangen. Maßstab für die Geldbußenbemessung wäre der gesamte Konzernumsatz von Heineken, der zuletzt bei rund 36 Mrd. Euro lag.

Bisher vier Getränkehändler befragt

Im Juni und November wurden bereits zwei Logistikpartner im Brau-Union-Kartellverfahren als Zeugen einvernommen. Am Montag ging es mit der Befragung von zwei Getränkehändlern weiter. Der steirische Getränkelieferant verkauft neben Brau-Union-Bier auch Stiegl, Thalheim, einige deutsche Marken, ein Eigenmarken-Bier, selbsthergestellte Limonaden sowie Fruchtsäfte und Mineralwasser. Es sei “kein Problem” gewesen, dass man auf Rechnung der Brau Union außer Bier keine anderen Getränke verkauft habe, sagte der steirische Brau-Union-Lieferpartner auf Nachfrage der vorsitzenden Richterin Eva Maria Vetter. Österreichs größter Braukonzern forciert aufgrund des stagnierenden Biergeschäfts seit einigen Jahren den eigenen Handel mit alkoholfreien Getränken.

Ob es irgendeinen Druck von Brau Union gegeben habe, verneinte der steirische Unternehmer. “Kleine Probleme” gebe es immer. “Prinzipiell ist die Zusammenarbeit mit der Brau Union nicht schlecht.” Zwei Problembereiche seien auch gelöst worden. Seit zwei, drei Jahren gebe es nun auch attraktive Bierkisten-Rabatte für Getränkehändler und seit kurzem dürfe er als steirischer Logistikpartner wieder “Streckenlieferungen” für die Brau Union in Kärnten machen.

Konflikt um “Streckenlieferungen” im Salzburger Pinzgau

Der am Montag befragte Salzburger Getränkelieferant hat neben Bier von der Brau Union auch Stiegl, Murauer und deutsche Marken im Sortiment. Sein Sohn hat vor einiger Zeit das Unternehmen übernommen, er ist aber noch beratend tätig. Aus seiner Zeit als Firmenchef berichtete der Salzburger über zwei größere Konfliktthemen mit der Brau Union. Der Brauereikonzern wollte Ende 2020 dem Unternehmer alle “Streckenkunden” abnehmen und selber aus dem firmeneigenen Depot beliefern. Dafür hätte es eine Ablösesumme geben sollen. Der Getränkelieferant wehrte sich nach eigenen Aussagen erfolgreich dagegen und nur wenige seiner Kunden wollten von Brau Union direkt beliefert werden. Auch dieser Getränkehändler spürte den Drang der Brau Union, dass neben Bier auch mehr alkoholfreie Getränke auf Rechnung verkauft werden sollen. “Ich habe nein gesagt und keine Probleme bekommen”, sagte der pensionierte Unternehmer vor Gericht.

Am kommenden Mittwoch sollen zwei weitere Logistikpartner der Brau Union befragt werden. Kartellrichterin Vetter kann sich weitere Zeugeneinvernahmen im März vorstellen. Sie bot auch an, mit den Verfahrensparteien bei einem Extra-Gerichtstermin zu erörtern, was die Zeugen bisher an relevanten Aussagen geliefert hätten.