Mittel-Osteuropa wächst wirtschaftlich weiter “robust”

Der wirtschaftliche Aufholprozess in Osteuropa setzt sich weiter fort. Das Wirtschaftswachstum in Mittel-, Ost- und Südosteuropa soll laut aktueller Prognose des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) heuer mit 2,2 Prozent und 2026 mit 2,6 Prozent deutlich stärker ausfallen als in der Eurozone (2025: 0,9 Prozent; 2026: 1,4 Prozent).
Trotz “des schwierigen internationalen Umfelds und geopolitischer Risiken” präsentiere sich die Konjunktur in Zentral- und Osteuropa “vergleichsweise robust”, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten wiiw-Herbstprognose für die 23 Länder der Region. Das wiiw senkte die Wachstumsprognose 2025 für die Region gegenüber dem Sommer lediglich um 0,1 Prozentpunkte und für 2026 um 0,2 Prozentpunkte. In Rumänien, der Slowakei und Ungarn würden aber hohe Budgetdefizite, die industrielle Schwäche Deutschlands und hausgemachte Probleme auf das Wirtschaftswachstum drücken.
Investitionen stützen wirtschaftliche Dynamik
Die wiiw-Ökonomen orten eine Verschiebung der wirtschaftlichen Dynamik: “Während bisher der private Konsum der Haupttreiber des Wachstums in den EU-Mitgliedern Ostmitteleuropas war, gehen wir davon aus, dass angesichts eines abkühlenden Reallohnwachstums die Investitionen privater Firmen und der öffentlichen Hand an Bedeutung gewinnen”, so der stellvertretende Direktor des wiiw und Hauptautor der Herbstprognose, Richard Grieveson. Auch die stark steigenden Verteidigungsausgaben der NATO-Staaten in der Region würden das Wachstum stützen.
Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn sowie Slowenien werden 2025 nach Einschätzung des wiiw im Durchschnitt um 2,5 Prozent und im kommenden Jahr um 2,9 Prozent wachsen. Spitzenreiter unter den östlichen EU-Mitgliedern ist und bleibt Polen mit einem Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent im laufenden und im kommenden Jahr. Es folgen Kroatien und Bulgarien mit jeweils rund 3 Prozent Wachstum im heurigen und im kommenden Jahr. Vergleichsweise wirtschaftlich schlecht läuft es in Rumänien (2025: 0,8 Prozent; 2026: 1,2 Prozent). Immer noch gut läuft es hingegen bei den sechs Staaten am Westbalkan, die 2025 im Schnitt um 2,5 Prozent und 2026 um 3,4 Prozent zulegen sollten, auch wenn Serbien 2025 einen Wachstumseinbruch verzeichnet. Die Türkei wächst heuer (3,4 Prozent) und im nächsten Jahr 3,9 Prozent wieder relativ stark.
Ukraine-Krieg hinterlässt tiefe Spuren
Für die von der russischen Invasion gezeichnete Ukraine verdüstern sich die Aussichten: Das wiiw prognostiziert dem Land für 2025 ein Wirtschaftswachstum von 2 Prozent, eine Revision nach unten um 0,5 Prozentpunkte gegenüber der Sommerprognose. 2026 soll die ukrainische Wirtschaft dann um 3 Prozent wachsen, eine Reduktion der Prognose um einen ganzen Prozentpunkt. Die wiiw-Ökonomen gehen davon aus, dass sich der seit 2022 andauernde Krieg mit seinen negativen ökonomischen Auswirkungen noch bis 2027 hinziehen wird – wesentlich länger als bisher angenommen.
“Die immer größeren Zerstörungen an der Infrastruktur durch die schweren russischen Luftangriffe und der grassierende Arbeitskräftemangel aufgrund von Mobilisierung und Flucht dämpfen die Wachstumsaussichten der ukrainischen Wirtschaft”, so die wiiw-Ukraine-Expertin Olga Pindyuk. Russland steuert aufgrund der restriktiven Geldpolitik der Zentralbank und niedrigerer Ölpreise laut Einschätzung der Wirtschaftsforscher auf eine Beinahe-Stagnation zu. Das wiiw erwartet ein Wachstum der russischen Wirtschaft im laufenden Jahr von 1,2 Prozent und im kommenden Jahr von 1,4 Prozent. Zum Vergleich: 2023 und 2024 wuchs Russlands Wirtschaftsleistung noch um 4,1 bzw. 4,3 Prozent.