Die vermessene Empathie Künstlicher Intelligenz

Das Philosophicum Lech ehrt Eva Weber-Guskar für ihr Essay über Potenziale und Risiken emotionaler KI mit dem Tractatus-Preis für philosophische Essayistik.
Der höfliche Dank, mit dem viele User ChatGPT antworten, verursacht bei OpenAI Energiekosten in Millionenhöhe. Verglichen mit Berichten über Heiratsanträge an Chatbots bleibt das eine harmlose Anekdote. Beide Fälle verweisen auf die Gefühle von Nutzer Künstlicher Intelligenz, die zunehmend von Programmen kalkuliert werden.
Den Möglichkeiten und Risiken der sogenannten emotionalen Künstlichen Intelligenz widmet sich das Essay der in Bochum lehrende Philosophin Eva Weber-Guskar „Gefühle der Zukunft. Wie wir mit emotionaler KI unser Leben verändern“. Für dieses Buch wird sie heute Abend mit dem Tractatus Preis des Philosophicums Lech geehrt. Im Vorfeld der Verleihung sprach die Philosophin mit der NEUE mit über ihre Einsichten und Erkenntnisse.
„Unter emotionaler KI oder affektive computing verstehe ich Systeme, die Gefühle von Menschen erfassen, gezielt stimulieren oder simulieren“, erläutert Weber-Guskar. Die Sprachmodelle erscheinen in Gestalt von Chatbots oder Avataren – Objekte, denen Menschen emotional vermittelt begegnen.
Senden und Empfinden
Die Philosophin untersucht, ob und wie solche Interaktionen zu einem guten Leben beitragen können. Solange Nutzer sich der Simulation bewusst sind und die Kommunikation als Rollenspiel oder Reflexionshilfe begreifen, sieht sie kein Problem. Bei Fällen von Realitätsstörungen, versuchsweise bereits als KI-Psychose bekannt, zeige sich die Gefahr, wenn Menschen Gefühle auf Systeme projizieren, die keine eigenen Empfindungen haben.
Grenzen der Technik
Auf gesellschaftlicher Ebene erwartet Weber-Guskar nicht notwendig Ablösung menschlicher Nähe durch digitale Verbindungen. Die Preisträgerin geht vielmehr davon aus, dass emotionale KI bestehende Beziehungen ergänzen kann. Zudem betont sie die Grenzen der Technik.
Denn Emotionen bestehen nicht nur aus äußerlich erkennbaren Merkmalen wie Mimik, Stimme oder Herzfrequenz, sondern auch aus einem subjektiven Erleben. „Wir freuen uns nicht immer, wenn wir lachen.“ Dieser innere Kern entziehe sich technischer Messung. Systeme können daher lediglich Wahrscheinlichkeiten über Gefühlslagen berechnen, aber keine verlässlichen Diagnosen stellen.