Österreichs Poetry-Slam-Champion kommt aus Rankweil

INTERVIEW: Lia Hartl (19) aus Rankweil gewann letztes Wochenende die österreichische Poetry-Slam Meisterschaft im Landestheater Innsbruck.
NEUE: Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zu dem, was Sie geschafft haben. Wie fühlt es sich an, österreichische Meisterin im Poetry-Slam zu sein?
Lia Hartl: Ich finde es richtig schön, wenn einem so viele Leute so viele liebe Worte sagen und ich fühle mich dadurch sehr bestärkt. Natürlich bin ich auch stolz und dankbar, dass ich als Slam-Poetin gesehen und gehört werde. Und dass die Menschen sehen, wie ich meine Passion lebe.

Wie war die Atmosphäre beim Österreich Slam?
Hartl: Der Slam wurde vom lokalen Poetry-Slam Veranstalter SPoT sehr gut organisiert und ich habe mich richtig getragen gefühlt. Dadurch war ich auch weniger nervös, ja beim Finale dann schon, aber davor habe ich die Tage echt genossen. In der Vorrunde war ich in der Kulturbackstube Bäckerei und die beiden Moderatorinnen haben sehr gut durch den Abend geführt. Die Stimmung unter den Teilnehmenden hinter der Bühne war auch sehr herzlich.

Mit welchen Texten sind Sie angetreten?
Hartl: In der Vorrunde habe ich den Text „Mutterseelenallein“ gelesen. Es ist ein Text über das Muttersein und wie die Familienstruktur allen schaden kann, wenn die Mutter von der Gesellschaft so benachteiligt wird: Thema Gender-Pay-Gap, also ein typisch feministischer Text. Auch mein zweiter Beitrag war feministisch, gerade auf dem Hintergrund des Gerichtsurteils über die zehn jungen Männer, die ein damals 12-jähriges Mädchen mutmaßlich sexuell misshandelt haben und freigesprochen worden sind. Ich habe den Text „Strichgemälde“ gelesen, wo ich beschreibe, wie Freundinnen von mir sexuelle Gewalt erfahren haben. Im dritten Text habe ich über die Schule geslammt.

Können Sie sich vorstellen, Poetry-Slam hauptberuflich zu machen?
Hartl: Nur vom Poetry-Slam zu leben, ich weiß nicht, ob ich das will. Der Druck immer neue Texte zu schreiben ist dann schon sehr groß. Und was ist, wenn ich keine Lust habe, etwas zu schreiben? Ich bin unglaublich dankbar, dass ich das jetzt quasi als Nebenberuf machen kann. Hauptberuflich, so wie es einige Slamer im deutschsprachigen Raum machen, das kann ich mir nicht vorstellen. Sehr wohl aber, hinter der Bühne an der Organisation der Meisterschaft mitzuwirken und anderen das zu ermöglichen, was ich in den letzten Tagen erlebt habe.

Welche Türen öffnen sich mit dem Gewinn der Ö Slam Meisterschaft?
Hartl: Man wird in der Community der Profi-Poetry Slamerinnen mehr gesehen und wahrgenommen. Sichtbarkeit ist der größte Preis, den ich gewonnen habe. Als Siegerin des Ö-Slams bin ich automatisch bei den Deutschen Meisterschaften dabei, in Kürze trete ich auch beim U20 Slam in Erfurt auf. Aber dieser Termin ist schon vorher festgestanden.

Haben Sie Vorbilder in der Poetry-Slam Szene?
Hartl: Ines Strohmaier und Samuel Basil Rhomberg sind für mich zwei Personen, die mich in der Vorarlberger Slamszene sehr geprägt haben. Ohne Ines wäre ich jetzt nicht da, wo ich wäre. Sie hat mich zum allerersten Slam in Vorarlberg gebracht, den Mic-Drop im Saumarkt Feldkirch, wo U20 Poetinnen und Poeten auftreten. Ines hat mich auch auf Poetry-Slams begleitet, als ich mit 17 noch sehr jung war.

Wo sehen Sie ihre literarische Zukunft?
Hartl: Ich würde als Nächstes sehr gern ein Buch mit allen meinen Poetry-Slam Texten herausbringen. Was mich ebenfalls reizt ist, Prosa zu schreiben, ohne den Druck der Bühne zu haben. Mieze Medusa ist für mich da ein großes Vorbild, von ihr lese ich gerade ihre Prosa. Es ist spannend, sie als Person zu kennen, und dann ihre Bücher zu lesen.
Daniel Furxer