Blühende Kunst in einer Wüste aus Beton

Mit „Aus den Fugen“ feiern die Künstlerinnen Dünser und Nussbaumer die unscheinbare Poesie der Beikräuter.
Eine Ode an die unbändigen Beikräuter der städtischen Flora zeigt „Aus den Fugen“. Die Installation am Feldkircher Jahnplatz samt Fotoserie in der James-Joyce-Passage ist das gemeinsame Werk von Ursula Dünser und Karin Nussbaumer, die über ein Jahr lang in Städten wie Feldkirch und Hohenems Löwenzahn, Spitzwegerich, Vogelknöterich und andere Gewächse gesammelt haben. Dabei wurde keine einzige gepflanzte Pflanze verwendet. Einzig jene, die eigenständig wuchern, kamen infrage.

Leben und Wachstum
„Der Platz ist eine unglaubliche Betonwüste. Daher wurde uns recht schnell klar, dass wir etwas über Leben und Wachstum machen möchte“, berichtet Nussbaumer (Jahrgang 1974). Zusammen mit ihrer Kollegin, der in Feldkirch lebenden Fotografin und Kindergartenpädagogin Ursula Dünser (47), hat sie dem sterilen Ort ein Stück Wildheit zurückgegeben.
Im Zentrum der Arbeit steht ein florales Werk, das in radikaler Opposition zum Kubus aus Glas und Stahl steht, der es beherbergt. Hunderte getrocknete Löwenzähne verschränken sich um ein Drahtgeflecht zu mannigfaltigen Objekten, die wie exotische Quallen, opulente Luster oder barocke Perücken erscheinen.
Mikroskopische Schönheit
Parallel zur Installation zeigt eine Fotoserie in der James-Joyce-Passage die mikroskopische Schönheit der unscheinbaren Gewächse.

„Wir vom Schnitt bis zur Hängung hatten wir jede Pflanze mindestens zweimal in den Händen“, schildert Dünser. „Erst beim genauen Hinschauen erkennt man, wie kunstvoll diese Strukturen sind. Wir wollten diesen Blick weitergeben.“
Im Zusammenspiel mit dem massiven Kubus ergibt sich eine dialektische Spannung von Beton und Organik, Härte und Zartheit, Tod und Wiederkehr, die in frischen Keimlingen ihre Aufhebung findet. Denn unter starker Sonneneinstrahlung verwandelt sich der Kasten in eine Art Gewächshaus, in dem Samen aus Gartenerde und Werk unkontrolliert sprießen.

Was ein Ort braucht
Die Künstlerinnen teilen sich seit 2014 in Atelier in Hohenems, von wo aus sie gemeinsam Projekte realisieren, die lauf Nussbaumer „im weitesten Sinne mit Fotografie zu tun haben.“ Fern von klassischen Kunsträumen und Galerien bespielen sie temporär Örtlichkeiten, deren Charakter die Werke zentral bestimmt. „Am Anfang stellen wir uns immer die Frage: Was ist das für ein Platz und was braucht er?“, erklärt Nussbaumer die Philosophie des Duos.
Wilde Autofahrt
Angesprochen auf die Frage, wie sie das fragile Werk nach Feldkirch brachten, gesteht Dünser: „Es war die wildeste, weil vorsichtigste Autofahrt in meinem Leben.“ Während noch unklar ist, was mit den Arbeiten zukünftig geschieht, kann „Aus den Fugen“ voraussichtlich noch bis Ende des Jahres besichtigt werden. Bis dahin bietet die Installation eine willkommene Abwechslung im Stadtbild, bei der man gespannt sein darf, wie viel Leben sich noch im Kubus regen wird.