“Ab dem Punkt weiß ich gar nichts mehr”: Hatte Heike Seltmann K.-o.-Tropfen im Getränk?

Influencerin bekam mit hoher Wahrscheinlichkeit K.-o.-Tropfen bei Barbesuch ins Getränk. Wie es ihr damit erging und warum es so schwer ist, Fälle nachzuweisen.
Eigentlich kennt man das Influencer-Duo “Piefke & Fatso” für ihre humorvollen Videos, in denen sie verschiedene Lokale in Vorarlberg ansteuern und mit einem Augenzwinkern Essen bewerten. Zum Lachen war Sam Hupp und Heike Seltmann am vergangenen Samstag allerdings nicht zumute: Bei einem Barbesuch in Feldkirch bekam Seltmann höchstwahrscheinlich K.-o.-Tropfen in ihr Getränk gemischt.
Nach Hause getragen
“Wir sind zu viert an der Bar gestanden: Sam, zwei Kollegen und ich”, erzählt die Frankfurterin, die in Feldkirch lebt. “Es war ein lustiger Abend, wir haben uns nichts dabei gedacht. Später haben wir eine Gruppe Waliser kennengelernt. Vage kann ich mich daran erinnern, dass wir einen Tequila-Shot getrunken haben. Und ab dem Punkt weiß ich gar nichts mehr – nur noch, dass mich die Begleiter gestützt tagen mussten”, erzählt sie.

Sam Hupp erzählt, dass die beiden kurz vor der Türe des Lokals waren: “Dort habe ich mit Heike gesprochen und gemerkt, dass sie psychisch und motorisch nicht mehr richtig da war. Da wussten wir, dass wir mit ihr heimgehen müssen.” Gestützt schaffte Seltmann noch den Weg bis zum Auto, mit dem sie nach Hause gebracht wurde: “Dort legte sie sich direkt hin, als wäre sie k.o.”, schildert Hupp. “An einem Punkt bin ich kurz aufgestanden, weil mir extrem schlecht war. Ich musste mich übergeben, das weiß ich noch. Danach habe ich mich hingelegt und weiter geschlafen”, ergänzt Seltmann. Wie sie nach Hause kam, alle weiteren Details – wie ausgelöscht.
Viel habe sie an dem Abend nicht getrunken: ein Bier, ein Spritzer und besagten Shot. “Ich vertrage echt viel Alkohol und muss mich auch nie von Alkohol übergeben”, sagt die Influencerin. Beide sind sich sicher: Eine unbekannte Person muss Heike Seltmann K.-o.-Tropfen ins Glas gemischt haben. Die meiste Zeit des Abends stand die Gruppe an der Bar, hatte ein Auge auf die eigenen Getränke. “Einmal bin ich kurz weggegangen, um einem Freund Hallo zu sagen”, meint sie. “Das muss ganz schnell gegangen sein. Entweder war es ein ganz blöder Zufall, dass es ausgerechnet mich getroffen hat. Oder – wahrscheinlicher – hat man mir gezielt etwas ins Glas getan”, vermutet sie und ergänzt, dass bei ihren männlichen Begleitern keinerlei derartiger Symptome aufgetreten sind. “Gott sei Dank haben diese direkt verstanden, was los ist”, ist sie froh, unbeschadet nach Hause gebracht worden zu sein.
Alkoholähnliche Wirkung
Andreas Prenn, Stellenleiter der Suchtpräventionsstelle Supro in Götzis, schildert das typische Muster für Fälle, bei denen K.-o.-Tropfen im Spiel waren – es gleicht den Erlebnissen der beiden Influencer enorm: “Wenn man es ganz pauschal und wenig medizinisch betrachtet, wirkt es wie eine schnell eintretende Alkoholisierung. Meistens wird den Leuten schlecht und sie haben das Bedürfnis , auf die Toilette oder ins Freie hinauszugehen. Noch haben sie das Gefühl, alles im Griff zu haben. Nachher hat man einen Blackout, kann sich an die Stunden früher nicht mehr erinnern.” GHB – besser bekannt als Liquid Ecstasy – steckt häufig hinter dem Überbegriff K.-o.-Tropfen. “Meist landet das mit einer Pipette im Glas. Da reden wir von kleinen Mengen”, so Prenn.

Im Umgang mit Personen, die möglicherweise von K.-o.-Tropfen beeinflusst sind, rät er: “Passen Sie auf Ihre Gläser auf und nehmen Sie keine Getränke von Fremden an.” Merkt man, dass eine Person Symptome einer starken Alkoholisierung aufweist, sollte man sie begleiten und im Notfall die Rettung alarmieren, so der Experte. “Wenn Sie den Eindruck haben, da könnten K.-o.-Tropfen im Spiel sein, teilen Sie das der Rettung mit, damit im Krankenhaus für die Beweissicherung Blut abgenommen wird”, betont Prenn – denn nur, wenn das binnen weniger Stunden erfolgt, sind K.-o.-Tropfen nachweisbar.
Heike Seltmann war nach dem Abend in Feldkirch nicht im Krankenhaus – es sei ihr in dem Moment wichtiger gewesen, nach Hause zu kommen. “Rückblickend würde ich es wahrscheinlich anders machen”, betont sie, dass sie den Vorfall doch gerne zur Anzeige gebracht hätte.
Hohe Dunkelziffer
Wie häufig solche Fälle in Vorarlberg auftreten, ist schwer zu sagen, denn die Dunkelziffer ist hoch und K.-o.-Tropfen sind nur wenige Stunden nach der Einnahme schon nicht mehr nachweisbar. “Bei der Supro bekommen wir das immer phasenweise mit. Auf gewissen Veranstaltungen oder in einzelnen Lokalen tritt eine Häufung von Fällen auf, dann geht das wieder weg”, schildert der Experte. Dazu kommt: Man sagt oft, dass K.-o.-Tropfen im Spiel waren und schlussendlich stellt sich heraus, es war doch zu viel Alkohol oder andere Substanzen. Sehr häufig gibt es aber auch das Gegenteil: Man nimmt an, eine Person hat zu viel getrunken und am Ende wird doch klar, dass K.-o.-Tropfen im Spiel waren”, erklärt Prenn. Für die Opfer ist der Kontakt mit dem Thema deshalb häufig schambehaftet: “Wenn man das mitteilt, wird man häufig ins Eck gestellt – von wegen: ‘Jetzt erfindest du etwas, aber eigentlich hast du zu viel getrunken.’ Und dann heißt es, man ist selbst schuld.”
Dem wollen auch „Piefke & Fatso“ entgegentreten und posteten deswegen einige Tage später ein Video, in dem sie über den Vorfall erzählen. Die beiden Influencer zeigten sich überrascht, wie viele Rückmeldungen sie bekamen: “Viele Menschen haben sich erkundigt, wie es mir geht, und meinten, das sei ihnen auch schon passiert. Einigen ging es psychich danach auch nicht gut. Was ich auch nicht erwartet hätte: Es scheint ebenso vielen Männern wie Frauen schon passiert zu sein”, erklärt Heike Seltmann, die den Kontakt mit den mutmaßlichen K.-o.-Tropfen zum Glück gut verarbeiten konnte. Abschließend rät sie: “Sobald man sich unwohl fühlt, sollte man unbedingt bei Freunden oder beim Barkeeper um Hilfe fragen – egal, ob man über den Durst getrunken hat oder noch mehr dahinter ist. Man weiß es nie mit Sicherheit und lieber holt man einmal zu oft Hilfe.” Und fügt hinzu: “Schämt euch nicht, wenn euch das passiert.”