Millionen-Streit um Illspitz-Kraftwerk

Verfahren seit 2016 anhängig – es geht um 12,6 Millionen Euro.
Am Illspitz in Feldkirch sprudelt die Energiequelle. Das 2014 in Betrieb gegangene Wasserkraftwerk produziert im Jahresschnitt 29,3 Millionen Kilowattstunden elektrische Energie. Das ist mehr als erwartet und deckt den Bedarf von rund 7600 Haushalten in Feldkirch.
Doch hinter der Fassade des einwandfrei laufenden, 36 Millionen Euro teuren Bauwerks tobt seit Jahren ein erbitterter Rechtsstreit zwischen der Lauteracher i+R Bau GmbH und den Stadtwerken Feldkirch, einer 100-Prozent-Tochter der Stadt Feldkirch. Es geht um viel Geld. 12,6 Millionen Euro an Mehrforderungen für die Tiefbauarbeiten sind laut Angaben des Landesgerichts strittig. Im Clinch liegen die Stadtwerke auch mit der Versicherung. Dabei geht es um die Frage, wie hoch der Reparaturaufwand nach dem Dammbruch beim Hochwasser im Jahr 2012 war. Auch in diesem Verfahren geht es um Millionen, auch hier sind die Forderungen der i+R Bau GmbH strittig. Vor drei Jahren wurde ein Sachverständiger mit der Causa betraut. Anfang September ist nun eine Verhandlung anberaumt.

Kosten lauern im Untergrund
Für die Mehrkosten werden seitens der Baufirma im Wesentlichen zwei Gründe ins Treffen geführt: Das Hochwasserereignis während der Bauarbeiten und die unerwarteten Bodenverhältnisse. „Unser Angebot basierte auf den uns von den Stadtwerken zur Ausschreibung zur Verfügung gestellten Bodenbeschreibungen. Es stellte sich für uns erst während der Bauzeit heraus, dass diese nicht mit den tatsächlich vorhandenen Verhältnissen übereinstimmen“, sagt Geschäftsführer Reinhard Braito auf NEUE-am-Sonntag-Anfrage. Der Baugrund sei nun einmal Bauherrenrisiko, und auch mit noch so genauen geologischen Gutachten bekomme man niemals 100-prozentige Sicherheit, was den Untergrund betreffe. Zu Mehrkosten, wenn auch im geringeren Ausmaß, führten laut Braito auch die Zerstörungen durch das Hochwasser und der daraus resultierende erhöhte Bauaufwand. Teile der Baustelle seien weggerissen worden.

Unser Angebot basierte auf den uns zur Verfügung gestellten Bodenbeschreibungen. Während der Bauzeit stellte sich heraus, dass diese nicht mit den tatsächlich vorhandenen Verhältnissen übereinstimmen.
Reinhard Braito, Geschäftsführer i+R Bau GmbH
Stadtwerke: „Nicht nachvollziehbar“
Bei der Betreiberin des Kraftwerks, den Stadtwerken Feldkirch, sieht man die Sache naturgemäß anders. Für Geschäftsführer Manfred Trefalt sind die strittigen Forderungen der Baufirma nicht nachvollziehbar. „Die Stadtwerke Feldkirch haben sowohl die erbrachten Leistungen als auch die Zusatzaufträge gemäß Bauvertrag bezahlt. Die Mehrforderungen widersprechen den vertraglichen Vereinbarungen.“ Ebenfalls nicht nachvollziehbar sind für Trefalt die von der Baufirma ins Treffen geführten Untergrundverhältnisse. Auch hier sei die vorgelegte Dokumentation widersprüchlich. Sowohl Trefalt als auch Rainer Keckeis, der als Stadtrat politisch für die Stadtwerke verantwortlich ist, bezeichnen den Illspitz als eines der geologisch bestuntersuchten Gebiete in Voralberg.
Ob es hier tatsächlich nachweisbare Abweichungen gegenüber der Ausschreibung gab, hat nun ein Sachverständiger zu beurteilen. Zudem hatte der Gutachter zu prüfen, ob die Forderungen der Baufirma dem Bauvertrag entsprechen und die Leistungsaufzeichnungen und Baugrund-Dokumentation korrekt waren. Zur Verhandlung Anfang September werden erste Ergebnisse der umfassenden Expertise vorliegen.

Hohe Verfahrenskosten
Bei der i+R Bau Gmbh geht man davon aus, den Rechtsstreit zu gewinnen. „Wir haben sämtliche Arbeiten ordentlich geleistet. Auch jene, die sich aufgrund des Hochwassers und der aufwendigeren Bodenbeschaffenheit ergeben haben“, so Braito.
Das Monsterverfahren wird jedenfalls noch ein Weilchen dauern und die Streitparteien jede Menge Geld kosten. Bei der i+R Bau GmbH liegen die Kosten aufgrund des hohen Streitwerts bereits jetzt im siebenstelligen Bereich. Verlieren die Stadtwerke den Prozess, würde dies die Haushaltskassa der Stadt, sprich das Börserl der Bürger, arg belasten. Jedenfalls würde es wesentlich länger als die prognostizierten 25 bis 30 Jahre dauern, bis sich die Millionen-Investition in das Kraftwerk amortisiert haben.