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„Wir evaluieren den Bedarf laufend“

02.09.2020 • 09:38 Uhr

Ministerin Gewessler erklärt Absage an den zweigleisigen Ausbau in Richtung Deutschland.

Sie haben in einem Brief an den Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart davon gesprochen, es bestehe für den zweigleisigen Ausbau nach Deutschland kein Bedarf. Worauf basiert Ihre Annahme?
Leonore Gewessler: Wir arbeiten mit vielen Daten aus unterschiedlichsten Studien, um Kapazitätsaussagen für die Zukunft zu treffen. Derzeit reichen die Kapazitäten, aber, wie auch in der Vergangenheit, evaluieren wir das laufend mit den umliegenden Partnern.

Was bedeutet „derzeit“? Umfasst dieser Begriff die nächsten zehn Jahre?
Gewessler: Den Kapazitätsbedarf evaluieren wir regelmäßig.

Bedarf ist relativ, weil schon jetzt viele Gütertransporte auf die Straße verlagert werden, um zum Güterbahnhof Wolfurt zu kommen. Muss es nicht Ziel einer grünen Ministerin sein, diese Lkw-Ladungen von der Straße auf die Schiene zu bringen?
Gewessler: Mein Ziel ist, den Güterverkehr in ganz Öster­reich auf die Schiene zu bringen. Das ist auch ein Kernziel grüner Verkehrspolitik. Dafür machen wir derzeit sehr viel. Wir planen zum Beispiel eine Senkung der Schienenmaut. Wir haben derzeit weniger in der Infrastruktur einen Engpass als vielmehr in der Kostenstruktur eine verkehrte Welt. Je mehr Kilometer mit dem LKW gefahren werden, umso günstiger wird es aufgrund der Bemautung. Je mehr Weg auf der Schiene zurückgelegt wird, desto mehr kos­tet es, weil die Bemautung auf der Schiene pro Kilometer und nicht pauschal berechnet wird. Diese Dinge gilt es anzugehen, um die Kapazitäten, die wir auf der Schiene haben, auszulasten.

Wissen Sie, wie viele Lkw täglich auf der A 14 in Richtung Güterbahnhof unterwegs sind?
Gewessler: Nicht auswendig, aber die Frage des Lkw-Verkehrs und die Belastung für die Bevölkerung ist eine zentrale, die wir auf vielen Transitrouten haben. Deswegen ist es mir ein Anliegen, dafür zur sorgen, dass mehr Güter auf die Schiene kommen.

Wird der mehrgleisige Ausbau in Richtung Deutschland im Zielnetz 2040 enthalten sein?
Gewessler: Wir evaluieren auch im Zielnetzprozess laufend. Stand jetzt reicht die Kapazität aus.

Wenn Sie sagen „wir“, wer ist dann damit gemeint?
Gewessler: Die ÖBB und das Bundesministerium gemeinsam mit dem Land Vorarlberg.

Stehen den ÖBB bei solchen Überlegungen nicht betriebswirtschaftliche Interessen im Weg? Immerhin würde der kleine Bereich der Unterflurlösung von Wolfurt nach Lochau 1,5 Milliarden Euro kosten.
Gewessler: Die ÖBB sind ein Unternehmen, welches das volkswirtschaftliche Gesamtinteresse an Österreich, die Ökologie und die Nachhaltigkeit wie kein anderes im Blick hat. Für die Umsetzung des Regierungsprogramms und unseren Kampf gegen die Klimakrise ist es ein zentrales Unternehmen, das enorm wichtige Aufgaben hat.Sebastian Rauch