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Reise durch Kopf des Gegenübers

03.10.2020 • 21:50 Uhr
Wertvoller Austausch: Heidi Winsauer arbeitet im Coworking Campus V in Dornbirn. Den Austausch sieht sie als sehr bereichernd an. <span class="copyright">Oliver Lerch</span>
Wertvoller Austausch: Heidi Winsauer arbeitet im Coworking Campus V in Dornbirn. Den Austausch sieht sie als sehr bereichernd an. Oliver Lerch

Ist Reiseroute mit Heidi Winsauer abgesteckt, wird es spannend.

Wer eine Präsentation vor sich hat, kann diese mit Redecoach Heidi Winsauer trainieren. Die Dornbirnerin versichert, die Art der Bühne könne alles sein – auch das Wohnzimmer mit den eigenen Kindern als Zuhörern. Überzeugen können Redner, die inhaltlich klar und körperlich präsent sind. Die ihr Publikum kennen und ein Gefühl dafür haben, was es interessiert. Und die ihren Ablauf verinnerlicht haben. Vor allem den Einstieg, die Gliederung und ganz besonders den Schluss. „Die Wenigsten machen sich Gedanken darüber, wie sie einen Vortrag beenden. Dabei ist der letzte Satz der wichtigste. Er muss die Zuhörer zu einer Handlung motivieren können“, erklärt Heidi Winsauer.

Letzter Eindruck

Der Schlusssatz festigt im Kopf des Zuhörers außerdem noch einmal den Eindruck, den der Redner hinterlassen hat. Ein Eindruck, der sich aus den Inhalten zusammensetzt, aber auch aus der Stimme des Redners und seiner Wirkung im Raum.
Wer dem Anlass angemessen angezogen ist, wer selbstbewusst und dem Publikum zugewandt dasteht, wird bei diesem Pluspunkte sammeln, vor allem unterbewusst.
„Schon Aristoteles hat 400 Jahre vor Christus in seiner Kunst der Rhetorik darauf hingewiesen, dass es nicht nur um die vorgebrachten Argumente geht, sondern auch um die Verbindung zum Zuhörer“, erzählt Rhetoriktrainerin Heidi Winsauer. Man müsse sich die Frage stellen: „Was soll nach meiner Präsentation anders sein als vorher?“ Es braucht also auch eine Portion Mut, um die Welt zu verändern.

Ein guter Schlusssatz ist genauso wichtig wie ein guter Anfang, weiß Redetrainerin Heidi Winsauer. <span class="copyright">Oliver Lerch</span>
Ein guter Schlusssatz ist genauso wichtig wie ein guter Anfang, weiß Redetrainerin Heidi Winsauer. Oliver Lerch

“Earcatcher”

Diesen Mut baut Heidi Winsauer mit ihrem Kunden Schritt für Schritt auf. Der erste Schritt ist ein inhaltlicher: Sie geht mit dem Vortragenden, der Bewerbungskandidatin oder Moderatorin den Vortrag durch, stellt oft um, streicht Unwichtiges, sucht „Earcatcher“. „Eine erstaunliche Zahl, ein packendes Zitat stellen wir an den Anfang statt des langweiligen ,Schönen guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren, schön, dass Sie hier sind‘ – das ist nun wirklich oldschool“, sagt die Redetrainerin.
Dabei blitzen ihre hellblauen Augen auf, sie demonstriert den Schritt, den sie mit dem Kunden nach der inhaltlichen Arbeit angeht: die entspannte, aber konzentrierte Haltung des Redners, der es sich erlauben kann, sich auf sein Gegenüber zu fokussieren – weil er weiß, dass seine Ansprache funktioniert. Im Gegensatz dazu die „typische Corona-Haltung“, die Heidi Winsauer auch vormacht. Zusammengekauert sitzt sie vor ihrem Laptop auf dem Cafétisch und fixiert einen winzigen Punkt, in dem ihr Gegenüber hockt: die Kamera des Bildschirms.

Corona und Kommunikation

Keine Frage, Corona hat die Kommunikation stärker ins Digitale verlagert und oft auch die Art des Kommunizierens verändert – teils ins Positive. „Nehmen wir Youtube. Da geht es zuerst immer darum: Was hast du als Gegenüber davon, dieses Video zu schauen?“, führt Winsauer als Beispiel an. In der direkten Kommunikation sprechen wir dagegen oft noch gedankenlos miteinander, sagt sie. Viele reden einfach drauf los, ohne Gliederung und Punkt. Und viele hören auch gar nicht wirklich zu. Während der andere redet, überlegen sie schon eine Antwort. „Das ist eine schlechte Gesprächsbasis. Die Zuhörer sollen Ping-Pong-Partner sein statt gesichtslose Vorgesetzte, gegen die es anzureden gilt.“
Ihre eigenen Moderationen geht Heidi Winsauer im Vorhinein vier Mal durch. Außerdem schaut sie sich den Raum an: „Wo gehe ich auf die Bühne? Den Auf- und Abgang übe ich mehrmals, um mich an die Situation zu gewöhnen. Das ist nämlich häufig der Moment, in dem Vortragende nervös werden. In den 30 Sekunden, in denen sie auf die Bühne gehen und alle Blicke auf sie gerichtet sind“, erzählt sie auch von eigenen Erfahrungen, die wiederum ihren Kunden zugutekommen.

Während Corona hat sich die Kommunikation verstärkt ins Digitale verlagert. <span class="copyright">Oliver Lerch</span>
Während Corona hat sich die Kommunikation verstärkt ins Digitale verlagert. Oliver Lerch

„Als Redner lenke ich mein Publikum durch meinen Kopf. Das bedeutet, ich führe das Publikum durch einen unbekannten, dunklen Raum wie einen Blinden, wobei Führung aber nicht Kontrolle bedeutet, sondern Verantwortung“, so Winsauer.
Wo die Sprechtrainerin sich auf ihre Auftritte, Coachings und Workshops vorbereitet? Im Coworking Campus V in Dornbirn. „Das Coworking ist für mich sehr wertvoll, weil wir hier viele Einzelunternehmer sind, die in Austausch kommen. Wie erkläre ich Wildfremden in drei Sätzen meine Geschäftsidee so, dass sie sie weitertragen? Das ist eine gute Übung. Hier am Campus herrscht eine Aufbruchsstimmung, etwas Großstädtisches. Hier gibt es ein Café, die Veranstaltungsräume, die ich nutze, eine Dachterrasse. Ich kann nur jedem empfehlen, sich in so eine schöne, inspirierende Umgebung einzumieten“, sagt Heidi Winsauer, bevor sie sich an ihren gemieteten Schreibtisch setzt, um sich auf das Telefonat mit einem Kunden vorzubereiten. Auch das ist ein Mini-Referat, bei dem es sich bezahlt machen wird, wenn sie sich auf ihr Gegenüber vorbereitet hat.

Weitere Infos unter:
www.epu.wko.at

INFORMATIONEN

Heidi Winsauer

Moderation & Redecoaching

Campus V, Hintere Achmühlerstraße 1a, Dornbirn

Tel. 0660-4704353

E-Mail: info@heidi-winsauer.com

Web: www.heidi-winsauer.com