Betreuung und Begleitung

pro mente Vorarlberg feiert 30-jähriges Bestehen.
Die Unzufriedenheit mit den herrschenden Zuständen war vor drei Jahrzehnten ein Ausgangspunkt für die Gründung einer Gesellschaft, die heute Vormittag als pro mente Vorarlberg ihr 30-jähriges Jubiläum in Hohenems feiert. Eine Reformbewegung in der Sozialpsychiatrie und das Fehlen ambulanter Strukturen waren damals für eine ganze Reihe von Fachkräften aus diesem Bereich – Sozialarbeiter, psychiatrische Krankenpfleger, Psychologen und Psychiater – der Anlass, etwas zu tun, schildert Margarete Laschalt-Schweigkofler die Anfänge.
Die Betriebswirtin ist neben dem Psychiater Elmar Weiskopf Geschäftsführerin der gemeinnützigen Gesellschaft, die im Auftrag des Landes mittlerweile ambulante sozialpsychiatrische Unterstützung in verschiedenen Bereichen und landesweit anbietet. Vor 30 Jahren war es aber auch noch ein neues Gesetz, das zum Handeln veranlasste: Das 1990 auf Bundesebene verabschiedete Unterbringungsgesetz besagte unter anderem, dass psychisch kranke Menschen nicht mehr dauerhaft in Psychiatrien untergebracht werden dürfen. Also mussten ambulante Möglichkeiten geschaffen werden.
Auf Augenhöhe
1990 wurde daraufhin in Vorarlberg von verschiedenen sozialpsychiatrischen Initiativen und Einrichtungen die Vorgängerorganisation Psychosoziale Gesundheitsdienste Vorarlberg gegründet, die von eigenständigen Teams gebildet wurde. Im Laufe der Jahre wurde ein immer breiteres Angebot entwickelt, auch Angehörigen- und Betroffenenvertretungen kamen dazu. „Das Revolutionäre war, dass alle Beteiligten auf Augenhöhe miteinander arbeiteten“, sagt Laschalt-Schweigkofler über den Beginn – eine Zeit, in der Psychiatrie und Gesundheitswesen noch sehr stark hierarchisch geprägt waren.
Heute verfügt pro mente – die Namensänderung erfolgte 2010 – über Beratungsstellen in Bregenz, Dornbirn und Feldkirch, denen Wohngemeinschaften und Tageszentren angeschlossen sind und wo auch eine ambulante Betreuung stattfindet. Werkstätten in Dornbirn und Feldkirch sowie der Bügelservice „Volldampf“ in Hard sind in einer Tochtergesellschaft organisiert. Dort sollen die Voraussetzungen für eine Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt geschaffen werden.

Bis 2007 gab es nur ein Angebot für Erwachsene. Mit der Schaffung der Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche in Dornbirn folgte eine Ausweitung, 2012 kam jene in Nenzing dazu. Mit „Ju-on-Job“ wurde 2002 zusätzlich ein Angebot für Werktherapie und Tagesstruktur für diese Altersgruppe errichtet. Gemeinsam mit aks und Land wurden vor ein paar Jahren dann noch die Sozialpsychiatrischen Dienste installiert, die in fünf Orten des Landes Anlaufstelle für Menschen mit psychischen und sozialen Problemen und ihre Angehörigen sind.
Knapp 2000 Erwachsene und rund 575 Jugendliche werden durchschnittlich jährlich von pro mente betreut und begleitet, informiert Laschalt-Schweigkofler. In den Wohngemeinschaften gibt es 45 Plätze für Erwachsene. Die Anzahl der schwer psychisch Erkrankten sei über die Jahre relativ konstant, so die Erfahrung der Geschäftsführerin.
“Verbessern kann man immer”
Im sozialpsychiatrischen Bereich „sind wir in Vorarlberg nicht schlecht aufgestellt“, sagt Laschalt-Schweigkofler auf eine diesbezügliche Frage. Allerdings seien die einzelnen Stellen auch sehr gut ausgelastet, sodass es durchaus zusätzlichen Bedarf gebe: „Verbessern kann man es immer.“
Derzeit sei in den Sozialpsychiatrischen Diensten sehr viel los, erzählt sie. Ob das eine direkte Auswirkung der Corona-Krise sei oder die erst komme, lasse sich laut der Geschäftsführerin noch nicht abschätzen. Sie hat den Eindruck, dass sich die Krise bei vielen ihrer Klienten nicht so stark ausgewirkt habe. Für Menschen, die schon vorher eher isoliert gelebt hätten, sei es eher eine Erleichterung gewesen. Wobei sich die Frage stelle, ob das gut für ihre Rehabilitation sei, fügt sie hinzu.
Heute wird nun aber das Jubiläum gefeiert, und man sei bestrebt, auch in Zukunft das Angebot weiterzuentwickeln, so Laschalt-Schweigkofler. Das geschehe in Zusammenarbeit und in Gesprächen mit dem Land, da die Finanzierung über den Sozialfonds erfolgt. Die große Frage sei derzeit aber – und das gilt wohl nicht nur für pro mente –, wie sich die Krise letztlich auf die finanzielle Situation des Landes auswirke und was dann noch möglich sei.
www.promente-v.at