„Sechs Streicher sind kein Orchester“

Auch Musikschulen haben mit Corona-Auflagen zu kämpfen.
Alle Musikschulen des Landes sind, wie die anderen Schulen auch, auf Orange gestellt. Bis zur achten Schulstufe dürfen noch Kleingruppenunterrichte mit bis zu sechs Personen abgehalten werden. „Wir haben halt das Problem, dass unsere Gruppen viel heterogener sind als in der herkömmlichen Unterstufe. Deshalb nur sechs Personen. Zudem ist das Singen verboten. Mit Ausnahme von Einzelunterricht und extremen Auflagen wie drei Meter Abstand und einer Plexiglaswand dazwischen“, so Nikolaus Netzer, Direktor der Musikschule Feldkirch und Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Vorarlberger Musikschulen. Singen wird als hochgradig infektiös eingestuft. Bei allen anderen Instrumenten sei die Lage noch relativ gut einschätzbar. „Wir halten da die Abstände genau ein. Zwei Meter sind bei uns verpflichtend. Das geht zum Beispiel im Klavierunterricht mit zwei separaten Klavieren. Ansonsten gelten die üblichen Sicherheitsmaßnahmen wie sonst auch überall“, betont Netzer.
Blasinstrumente
Bei Blasinstrumenten werden spezielle Plexiglaswände zum Schutz von Schüler und Lehrer aufgestellt. Wobei da durchaus überraschende Erkenntnisse gewonnen werden konnten: „Neueste Studien haben gezeigt, dass Blasinstrumente wie Posaune und Trompete einen sehr geringen Ausstoß an Aerosolen haben. Das Instrument wirkt da eher wie ein Filter. Querflöte und Blockflöte hingegen haben einen größeren Ausstoß.“ Allerdings den mit Abstand größten Ausstoß habe der Gesang. Deshalb wurde Chorgesang generell eingestellt. Der Gruppenunterricht betrifft vor allem den musikalischen Früherziehungsbereich. Aber auch die Orchesterarbeit. „Sie können sich das sicher vorstellen. Das ist schwierig. Wenn sie an das Neujahrskonzert denken. Sechs Streicher sind halt kein Sinfonie-Orchester.“

Isolationshaft
Von den Eltern bekommt Netzer sehr viel gutes Feedback. Auch die Kinder nehmen die Angebote gern an: „Die meisten wollen sich treffen und gemeinsam Musik machen. Das ist für viele ganz wichtig. Gerade in Zeiten wie diesen. Das durchbricht diese scheinbare Isolationshaft.“ Zudem ist das Musikmachen eine Gegenpol zur Verbotsdynamik, die in der derzeitigen Situation vielerorts das Zusammenleben bestimmt und erschwert. „Wir versuchen, die musikalisch-kulturelle Grundversorgung aufrechtzuerhalten. Das ist nicht nur ein Bildungsauftrag, den wir erfüllen. Das ist auch ein gesellschaftlicher Auftrag“, so Netzer kämpferisch.
Digitales Lernen
Präsenzunterricht ist nach Absprache jederzeit noch möglich. Aber Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen tätig sind, haben auf Homeschooling umgestellt. Somit ist auch das digitale Lernen in den Musikschulen angekommen. „Das reicht von klassischen Online-Plattformen wie Zoom bis hin zu Videoaufnahmen, die verschickt werden. Diese kann der Lehrer dann gemeinsam mit den Schülern besprechen. Was schwierig ist und bleibt, ist das digitale gemeinsame Musizieren. Weil wir da einfach eine Verzögerung wegen der Übertragung haben. Die wichtigste Leiste für uns ist die Zeitleiste. Der schönste Ton zur falschen Zeit ist und bleibt ein falscher Ton.“