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Schlaflos in Ems – wenn Kopfkino nicht endet

22.11.2020 • 20:00 Uhr
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Heidi Salmhofer mit Ihrer Sonntags-Kolumne in der NEUE am Sonntag.

Ich bin keine Frühaufsteherin. Morgens um 6 Uhr meint mein Körper, dass ein Aufwachen jetzt noch völlig im Widerspruch zum Lebenserhaltungstrieb steht und er noch dabei ist, die Körperfunktionen mit Energie zu befüllen. Weil ich aber dennoch aus dem Bett muss, hat mein „leibeigener“ Akku die gleiche Durchhaltekraft wie jener eines drei Monate alten iPhones. Nämlich gar keine.
Sobald ich mit Atmen beschäftigt bin, bin ich erschöpft. Ich schleppe mich somit häufig im Notfallmodus durch den Tag. Das hat aber ebenso damit zu tun, dass mein Kopf des Öfteren meint, er müsse mich um drei Uhr morgens wecken, um mit mir zu diskutieren. Es geht dann aber nicht um essenzielle Dinge wie etwa: Wie komme ich mit meinen Kindern gut durch Lockdown und Homeschooling? Finde ich eine Lösung, um den Klimawandel aufzuhalten?
Weit gefehlt. Mein Hirn weckt mich, weil es justament um drei Uhr morgens wissen will, warum Fußzehen keinen Namen haben, warum ich es nicht schaffe, meine Bücher nach dem Alphabet zu ordnen oder ob das Mail, das ich am Vormittag um 10 Uhr rausgeschickt habe, nicht vielleicht doch ein S zu viel bei einem „das“ hatte. Mit diesen Gedanken kann ich mich dann gut und gerne bis 6 Uhr morgens beschäftigen, selbst dann, wenn ich Google zur Lösungsfindung bezüglich Zehennamen heranziehe, nachgegeben und versprochen habe, meine Bücher nicht mehr nach Genre, sondern nach dem ABC zu ordnen und mich mit zugekniffenen Augen vor den Computer gesetzt habe, um meine Mails nochmals zu kontrollieren (finde ich dann bei einem gesendeten Mail doch einen Tippfehler, ist die Nacht übrigens komplett zu vergessen). Die Frechheit schlechthin aber ist: Überkommen mich in der Nacht Ideen zu Texten, Theaterstücken oder anderem künstlerischen Kram, mit dem ich wahrscheinlich ziemlich reich werden würde, habe ich diese prompt am nächsten Tag vergessen. Dafür haben sich sämtliche lateinische Namen der Zehen in mein Gedächtnis hineingebrannt. Weise Freundinnen haben mir schon gesagt, ich solle mir einen Schreibblock neben das Bett legen. Hab ich gemacht, liegt dieser dort, schlafe ich die ganze Nacht durch. Ausnahmslos. Ergo habe ich folgende Möglichkeit: künstlerisch erfolglos, aber dafür ausgeschlafen mein Leben zu meistern oder mir vielleicht doch endlich einmal eine meiner Millionen-Euro-Ideen zu merken. Ich habe mich für Zweiteres entschieden, weil das mit dem Lotto-Gewinn nix mehr wird. Und jetzt bräuchte ich einen Powernap, muss aber zuerst zwei streitende Homeschooling-Kids voneinander trennen. Gähn.

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.