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Die Glücksbringerin

31.12.2020 • 06:00 Uhr
Iris Baurenhas ist viel im Büro, genießt es aber ab und an, den Klienten aufs Dach zu steigen.<span class="copyright"> Klaus Hartinger</span>
Iris Baurenhas ist viel im Büro, genießt es aber ab und an, den Klienten aufs Dach zu steigen. Klaus Hartinger

Iris Baurenhas ist Rauchfangkehrerin und sorgt auch für Glück.

Iris Baurenhas stellt ihre Tasse Kaffee auf den großen Ess­tisch. „Ich bin nicht sicher, ob ich die Richtige bin für dieses Interview“, lässt sie ein wenig Verunsicherung durchsickern, setzt sich dann aber doch hin und beginnt zu erzählen. Und das, was sie zu erzählen hat, ist durchweg hörens- und lesenswert. Die 46-jährige Dornbirnerin ist eine der wenigen Rauchfangkehrerinnen im Land. Sie selbst leitet eine Firma mit mehreren Mitarbeitern. „Ein Lehrling, zwei Gesellinnen und drei Gesellen und ein Meister arbeiten bei mir. Zwei Gesellinnen sind aber gerade gleichzeitig in Karenz“, erzählt Baurenhas und schmunzelt.
Eine späte Ausbildung. „Leicht von der Hand gegangen ist es mir natürlich nicht. Da steckt schon sehr viel Komplexität und Fachwissen dahinter. Das ist nicht nur einfach eine Bürste den Rauchfang hoch- und runterziehen“, berichtet Baurenhas über ihre Lehre zur Rauchfangkehrerin. Diese hat sie nämlich nicht aus einem Jugendwunsch heraus absolviert. Im Gegenteil, gewünscht hätte sie sich alles anders.

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Klaus Hartinger (2)

Ein Schicksalsschlag veränderte die berufliche Laufbahn der ehemaligen Buchhalterin. Ihr Mann verunglückte vor drei Jahren tödlich und plötzlich stand sie mit zwei Kindern und einer Firma alleine da. „Aufgeben war aber nie eine Option. Die Firma war schon vier Generationen im Besitz der Familie meines Mannes. So etwas gibt man nicht einfach auf“, erklärt sie. Es sei schon eine Herzensangelegenheit gewesen, den Betrieb weiter zu führen. „Aber leicht war das nicht. Neben all der Trauer und den anderen Sachen, um die ich mich nach dem Tod meines Mannes kümmern mussten auch noch eine Firma übernehmen, war schon viel“, erinnert sich die 46-Jährige. „Aber ich wollte das, also habe ich die Lehre begonnen und abgeschlossen. Und ja, ich war die Älteste“, verrät Baurenhas und lacht.

Auch Frauen tragen Schwarz

Die einzige Frau aber war sie nicht. Inzwischen ist der Beruf des Rauchfangkehrers nicht mehr nur eine Männerdomäne. Schon länger haben diesen auch Frauen für sich entdeckt. Begutachten von Feuerstätten auf ihre Eigenschaften, Emissionsmessungen, dazu Befunde schreiben und dabei auch darauf achten, dass der Umweltschutz immer mitgedacht wird. Rauchfangkehrer bürsten eben nicht nur Kamine. Auch der vorbeugende Brandschutz gehört zu ihren Aufgaben.

Nach einem Schicksalsschlag absolvierte die Dornbirnerin vor zwei Jahren die Ausbildung zur Kaminkehrerin.<span class="copyright"> Klaus Hartinger (3)</span>
Nach einem Schicksalsschlag absolvierte die Dornbirnerin vor zwei Jahren die Ausbildung zur Kaminkehrerin. Klaus Hartinger (3)

Das macht den Beruf der Rauchfangkehrerin für Baurenhas spannend. „Am Anfang war das schon eine große Aufgabe, die ich zu bewältigen hatte. Aber meine Mitarbeiter haben mich dabei unterstützt.
Die Resonanz von den Kunden, die ich mitnehmen konnte war auch etwas sehr Positives für mich“, schildert die Dornbirnerin die Anfänge ihrer Firmenübernahme.
„Und darüber, dass ich als Frau kehren komme, wundert sich kaum noch jemand“ beschreibt sie ihre Aufenthalte bei ihren Kunden.
Draußen in „ihrem“ Kehrgebiet ist sie immer mal wieder gerne, auch wenn sie derzeit nicht immer mit auf „Tour“ gehen kann, da sie Alleinerziehende von zwei Buben ist. Aber die Arbeiten bei den Menschen zu Hause ist etwas, das sie mit Freude und Leidenschaft tut. „Ganz besonders toll ist das Alpenkehren“, erzählt sie und ihre Augen scheinen vor Begeisterung zu leuchten. „Das hat fast ein bisschen etwas Romantisches und es ist eine ganz tolle Verbindung zwischen Arbeiten und Ausflug.“

Zum Glück

Immer noch gelten Rauchfangkehrer als Glücksbringer. Früher zogen sie von Dorf zu Dorf und kümmerten sich um verstopfte Kamine. Diese waren nicht nur lästig, weil sie die Stube mit Rauch füllten, sondern sie waren auch gefährlich. Schnell konnte ein Funke das Pech an der Schornsteinwand zum Brennen bringen. Deshalb war es ein besonderes Glück, wenn ein Rauchfangkehrer im Dorf Einkehr hielt.

„Nur noch zu festlichen Anlässen tragen wir schwarz. Ansonsten kehren wir in normalen Arbeits­outfits.“

Iris Baurenhas, Rauchfang­kehrerin

Noch heute dreht so manch einer verstohlen an seinem Knopf, wenn er einen Rauchfangkehrer sieht. Leider sind sie heute nicht mehr so gut zu erkennen, denn selten noch führen sie ihre schwarze Berufstracht aus. „Nur noch zu festlichen Anlässen tragen wir schwarz. Ansonsten kehren wir in normalen Arbeits­outfits“, nimmt Baurenhas die romantische Vorstellung von der schwarz gekleideten Rauchfangkehrerin mit einem kleinen Ferkel unterm Arm. Denn auch der Brauch des Neujahrswün­schens ist nicht mehr verbreitet. In Städten wie Dornbirn geht man inzwischen nicht mehr von Haus zu Haus.

Glückwünsche

Eines steht jedoch fest. Für das Jahr 2021 kann ein jeder alles Glück der Welt brauchen, deshalb schickt Baurenhas Glückwünsche über diesen Weg hinaus. „Ich wünsche allen Gesundheit und Zufriedenheit. Aus schwierigen Situationen kann man vieles dazulernen und aus allem schlussendlich auch etwas Positives mitnehmen. Ich glaube, so etwas können wir alle gebrauchen.“