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Selfie vor historischem Abflug

09.04.2021 • 12:32 Uhr
Mars-Selfie von „Ingenuity“ (links) und „Perseverance“ – es ist eigentlich aus 62 Einzelbildern zusammengesetzt
Mars-Selfie von „Ingenuity“ (links) und „Perseverance“ – es ist eigentlich aus 62 Einzelbildern zusammengesetzt AP/NASA

Am Sonntag soll die Hubschrauberdrohne „Ingenuity“ am Mars starten.

Dass die US-Amerikaner Meister in der (Selbst-) Darstellung und im Marketing sind, ist bekannt. Auch jetzt wieder setzen sie Maßstäbe: Erstmals gibt es quasi ein „Selfie“ von einem anderen Planeten. Der Mars Rover „Perseverance“ machte von sich und der kleinen Hubschrauberdrohne „Ingenuity“ ein Bild in der trostlosen Weite unseres roten Nachbarplaneten. Damit wird die Spannung gesteigert für den Start des Helikopters, der voraussichtlich am Sonntag stattfinden wird.

Mit an Bord der kleinen, aber feinen autonomen Drohne sind österreichische Wissenschaftler: Stephan Weiss, ein Schweizer, der an der Uni Klagenfurt lehrt, hat im Rahmen seiner Dissertation Algorithmen entwickelt, mit denen der Helikopter autonom fliegen wird. Weil es kein GPS am Mars gibt, müssen andere Sensoren und Kamerabilder dazu dienen, die Lage der Drohne in Echtzeit im Raum festzustellen. „Diese Art von Autonomie gibt es noch nirgends“, sagt Weiss. Zwar wird der Helikopter zunächst nur drei Meter senkrecht in die Höhe fliegen, dort kurz verharren und dann wieder landen – aber kein Mensch kann dies (wegen der Zeitverzögerung) begleiten oder steuern. Weiss entwickelt diese Algorithmen derzeit weiter – sie sollen später für Drohnen etwa im Katastrophenbereich wichtig werden.

Entscheidend sind hier die Bilderaufnahmen, und im Bereich der Bildverarbeitung sind auch Kollegen der steirisch-kärntnerischen Forschungsgesellschaft Joanneum Research und dem Forschungszentrum VRVis (Wien) beteiligt. Gerhard Paar von Joanneum Research wertet die Bilder der Mastkamera des Rover aus, der das Geschehen beobachten wird. Stunden nach den Aufnahmen werden die Forscher die Daten bereits in den Händen haben. Je nachdem, was die Kollegen vom Jet Propulsion Lab in den USA wünschen, werde man dann etwa die Flugbahn oder auch die Struktur des Fluggerätes auswerten können. Auch andere nutzen die Daten, etwa das niederösterreichische Start-up-Unternehmen RealityCloud.

Schon die bisherigen Bilder der Kamera und die österreichische Unterstützung bei der Auswertung haben weltweit für Furore gesorgt. Aus Einzelbildern wurde ein digitales Geländemodell errechnet, das den Forschern nun für ihre Planungen zur Verfügung steht. Die Rekonstruktion drei Tage nach der Landung sorgte auf Youtube für Zehntausende Zugriffe.

Aber es gibt schon mehr: Der Rover ist rund 200 Meter herumgefahren, und aus den Aufnahmen, die von verschiedenen Positionen aus gemacht werden, können wir ein sehr genaues Modell des Geländes anfertigen“, sagt Paar.

Mit diesen Daten werden die Forscher die nächsten Schritte planen. Die Geologen tüfteln die beste Route im Jezero Delta aus, wie sich der Rover den interessantesten geologischen Formationen nähern kann. „Der Rover ist so ideal gelandet, dass man tatsächlich einen weiten Rundumblick hat“, sagt Paar. Auch der Helikopter soll bei weiteren kurzen Flugeinsätzen zusätzliche Bilder liefern.