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Über die Psyche eines Serienmörders

27.10.2022 • 21:24 Uhr
Buchcover von "Unten".         <span class="copyright">Bucher Verlag</span>
Buchcover von "Unten". Bucher Verlag

Anfang September hat der Bucher Verlag den literarischen Thriller „Unten“ herausgebracht. Nun spricht Rebekka Moser über ihren Debutroman.

Die Frau des türkischen Botschafters verschwindet. Nachdem sie auch vier Tage später nicht wieder aufgetaucht ist, wird Kommissar Heinzle für den Fall herangezogen. Beim Recherchieren der letzten verschwundenen Frauen stößt der Ermittler auf mehrere Ungereimtheiten. Bald wird klar, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Vermisstenfall handelt.
Der Kommissar steckt selbst in einer Krise, nach dem Tod seiner Frau bleibt er mit seiner Teenager-Tochter allein zurück, und eher durch Zufall wird er mit der Geschichte des Täters konfrontiert. Seine Spur führt ihn nach „Unten“, dorthin, wo ein Serientäter sein Unwesen treibt.

Die Autorin Rebekka Moser.          <span class="copyright">Rebekka Moser</span>
Die Autorin Rebekka Moser. Rebekka Moser

Idee für den Thriller

Als freie Journalistin hat Rebekka Moser die laue Auftragslage während der Coronazeit genutzt und sich einem ihrer Lebensträume gewidmet. Schon jahrelang hatte sie ihre Idee für das Buch im Kopf mit sich herumgetragen, wie sie im Interview schildert: In ihrer Radiosendung sprach sie mit der Mutter eines Mörders. „Das hat mich so berührt und ist mir so nahegegangen, dass ich wochenlang darüber nachdenken musste.“ Zudem war sie bereits während der Studienzeit mit einem Serienmörder konfrontiert, jahrelang wohnte sie ohne es zu wissen, mit Jack Unterweger, dem einzigen Serientäter Österreichs, im gleichen Wohnhaus in Wien. Erst bei der Fahndung las sie das Namensschild an der Tür.
Inspiriert von der österreichischen Kriminalitätslage beschäftigt sich Moser in ihrem Thriller mit Morden an Frauen und mit dem, was es heißt, in Vorarlberg fremd zu sein. Die Vorstellung, „dass man Frauen verschwinden lassen kann, spurlos, überall auf dieser Welt“, hat mich beschäftigt“, für die Autorin war klar, dass sie „rund um dieses Thema eine Geschichte schreiben möchte“.

Perspektivenwechsel

In zwei Perspektiven schildert die Autorin die Handlungsstränge abwechselnd aus der Sicht von Täter und Ermittler. Eines der Kapitel ist auch einem der Opfer gewidmet. Der Kommissar könne gut reflektieren und sei nicht ganz depressiv, obwohl er Probleme hat. Der Täter lebe in seiner eigenen Welt, „man wird hineingezogen in seine Gedankengänge und in sein schräges Weltbild“, sagt Moser.
Auf einer Magnetwand hat sie alle Verbindungen der einzelnen Figuren aufgezeichnet, deren Geschichten sich in der kleinen 30.000-Einwohner-Stadt am Bodensee verflechten. Ein kleiner Ort, „wo man sich nie und nimmer denken würde, dass in der Nachbarschaft gemordet wird“, beschreibt Moser. So führt auch der Kommissar Heinzle ein geruhsames Leben, denn lange geplante und beabsichtigte Morde habe es in Bregenz kaum gegeben.
Trotzdem sei Mosers fiktive Geschichte eine realistische Möglichkeit. „Die Wahrscheinlichkeit, dass es in Bregenz einen Mörder gibt, der sich bis jetzt nur noch nicht getraut hat, ist hoch“, „es gibt sicher einige, die ihre kranken Fantasien noch nicht ausgelebt haben“, ist Moser überzeugt.
Mit leichten Übersteigerungen habe die Autorin versucht, lebensnah zu schreiben, so müsse man in der kleinen Stadt Bregenz bedenken, ob sich die Personen untereinander kennen. Die Dialoge seien an die Alltagssprache angelehnt, und auch die türkische Community und politisch extreme Meinungen kommen in ihrem Buch vor.

Wie Serientäter ticken

Für ihr Buch hat Moser viel über psychologische und geschichtliche Hintergründe recherchiert, sich damit beschäftigt, wie Serientäter ticken, und sich mit Rechtsextremismus in Österreich und Profiling auseinandergesetzt.
Vom typischen Regionalkrimi möchte sie sich abgrenzen, statt Blut, Leichen und Steuerhinterziehung war es ihr wichtig, den Lesern tiefgründigere Einblicke in die Psyche des Mörders zu geben. „Beim Täter weiß man genau, wieso er so geworden ist und wie er zu seinen extremen Einstellungen gekommen ist, er ist ein einsamer Verlassener, um den man sich nicht gekümmert hat“, erklärt Moser.
„In dem ganzen Buch gibt es nur Opfer. Wie das Leben ist, man kann es verstehen, wieso gewisse Sachen passieren. Wir leben unser eigenes Leben und sind froh, wenn wir das halbwegs auf die Reihe kriegen, und sollten nicht mit dem moralischen Zeigefinger plakativ auf andere Leute zeigen, egal ob das andere Religionen oder andere Lebenskonzepte sind.“