Geteilte Meinungen zur Fußgängerzone

Fast sechs Monate nach der Eröffnung der Fußgängerzone in Bregenz sind die Meinungen immer noch sehr gespalten.
Seit dem Sommer 2022 ist ein Großteil der Bregenzer Innenstadt keine Begegnungszone mehr, sondern eine Fußgängerzone. Bereits vor der Umsetzung gingen die Meinungen darüber auseinander. Während einige das Flanieren durch die Hauptstadt ohne Autos in vollen Zügen genießen, leiden andere seither unter den Veränderungen. Die NEUE war vor Ort und hat sich umgehört.
Wenige Fußgänger
Nur wenige Fußgänger und vereinzelt auch ein paar Radfahrer verirren sich beim Lokalaugenschein in die Bregenzer Innenstadt. Die meisten eilen dick eingepackt durch die Straßen, während das ein oder andere Taxi seinen Fahrgast sicher durch die Stadt an das gewünschte Ziel bringt.
Währenddessen ist die Inhaberin der Fahrschule Frener, Karin Frener, mit Büroarbeiten beschäftigt. Seitdem die Begegnungszone vor ihrer Schule zu einer Fußgängerzone wurde, sei für sie und ihr Team alles „verkompliziert“ worden. Besonders für die Fahrlehrer sei es sehr schwierig, da diese viel Organisatorisches für die einzelnen Fahrschüler erledigen müssten und dafür immer wieder ins Fahrschulbüro kommen sollten. Auch für das kurze Abstellen der Fahrschulautos zwischen zwei Fahrstunden, musste dringend eine neue Lösung her. „Wir haben unseren Parkplatz jetzt hinter der Post bei der Nepomukkapelle, aber auch das ist problematisch, wenn wir dort keine Parkplätze mehr ergattern“, erklärt Karin Frener. Auch für viele andere Geschäfte in der Stadt sei es enorm wichtig, dass die Kunden direkt zufahren können, meint sie.

Nicht allein damit
Ähnlich sieht das auch der Inhaber des Geschäfts „vom Fass“, das ebenfalls in der Rathausstraße liegt. Welche Auswirkungen die Fußgängerzone auf sein Geschäft hat, kann Bernhard Kuster noch nicht konkret sagen. Allerdings würde sich schon nach den wenigen Monaten abzeichnen, dass die Fußgängerzone nicht wirklich kundenfreundlich sei. „Für die Menschen, die bei uns größere Mengen einkaufen, ist es eine Katastrophe“, erklärt der Geschäftsführer. Das Weite Tragen der Kartons voll mit Weinen oder verschiedenen Essigen sei besonders für ältere Kundschaften eine Herausforderung.
Bereits jetzt spürt schon so mancher Geschäftsinnhaber, dessen Zielgruppe etwas älter ist, einen Kundenrückgang. Zu ihnen gehört auch Daniel Vallazza, Inhaber der Parfümerie Medusa und eines Fußpflegestudios in der Bregenzer Innenstadt: „Früher wurde ein Großteil unserer Klienten von ihren Angehörigen mit den Autos gebracht. Jetzt, da das nicht mehr funktioniert, merken wir schon, dass die ein oder andere Kundschaft aus der Umgebung Lochau, Hörbranz ausbleibt“, erzählt Vallazza. Die Fußgängerzone sei schön für Touristen, die spazierten gerne durch die Stadt, aber die Einheimischen gingen dort einkaufen, wo sie auch hinfahren könnten, so der Geschäftsführer.

Fehlende Kunden
Das bemerkt auch Christine Hämmerle, die einen kleinen Laden für Naturprodukte führt. Sie werde vermutlich ihren Laden im Laufe des Jahres aufgeben, da das Geschäft für sie aufgrund der fehlenden Kunden keinen Sinn mehr ergebe. Auch sie hatte die letzten Monate stark damit zu kämpfen, dass die Besucher ihres Ladens aufgrund ihres Alters die Räumlichkeiten nicht mehr besuchen könnten.

Strak zu kämpfen
Nicole Schön, die gerade auf dem Weg in ihre Arbeit ist, erklärt, dass sie merke, dass einige Geschäfte stark mit den Auswirkungen der Fußgängerzone zu kämpfen hätten. Auch ihr falle auf, dass immer weniger Einheimische die Stadt besuchten. Trotzdem finde sie die Fußgängerzone schön.
Rosa Fend hingegen ist ganz begeistert von der neuen Bregenzer Innenstadt. Es sei wunderbar, gerade wenn man mit kleinen Kindern unterwegs sei. So müsse man sich keine Sorgen wegen der Autos machen. „Für mich passt es so, ich finde es toll“, erklärt Fend.
Werner Braun von der Stadtapotheke in Bregenz hat mehrere Punkte, die ihn in der neuen Situation belasten. Nicht nur, dass es immer wieder zu Problemen bei den Ladetätigkeiten komme, auch dass man nicht mehr vor der Apotheke parken kann, stellt den Apotheker vor Schwierigkeiten: „Es ist nicht nur für ältere oder kranke Personen schwierig, zu Fuß zur Apotheke zu kommen, sondern auch für Mütter mit ihren kleinen Kindern“, erzählt der Geschäftsführer. Zudem wurden beim Umbau der Apotheke extra hinten vier Parkplätze angebaut und jetzt dürfe man nicht einmal mehr zufahren, so Braun.

Das sagt die Stadt Bregenz
Auf NEUE-Anfrage erklärt die Stadt Bregenz, dass Menschen mit Beeinträchtigung die Zufahrt und auch das Parken, mit entsprechendem Ausweis erlaubt sei, solange es Fußgänger und Radfahrer nicht beeinträchtigt. Außerdem würden allen Bürgern mit dem Rathausparkplatz sowie dem GWL-Parkhaus diverse Parkmöglichkeiten in der Innenstadt zur Verfügung stehen. Gesamt sind es laut Stadt rund 1900 Stellplätze, wodurch die innenstädtischen Geschäfte und Einrichtungen fußläufig maximal in fünf Minuten erreichbar wären. Zudem prüfe man derzeit eine Ausweitung des Fluher-Busses auf die Oberstadt. Dadurch hätten die Bürger eine weitere Möglichkeit, öffentlich in die Innenstadt zufahren.
Kerstin Laubmann von der Boutique Karin hingegen kann nur Positives an der Fußgängerzone sehen: „Im Sommer etwa waren viel mehr Menschen unterwegs, wodurch mehr fremde Kundschaft zu uns gekommen ist“, erzählt Laubmann. Jetzt im Winter habe es sich für sie weder verbessert noch verschlechtert. Sie könne zwar nur für die Rathausstraße sprechen, denke aber trotzdem, dass die Fußgängerzone eine gute Sache sei.