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Im Rohnerhaus ist gute Kunst zuhause

27.06.2023 • 23:00 Uhr
Die Abendmahl-Variation von Petronilla Bührle-Anwander. <span class="copyright">Wolfgang Ölz</span>
Die Abendmahl-Variation von Petronilla Bührle-Anwander. Wolfgang Ölz

„Künstlerinnen der Gegenwart“ heißt eine aktuelle Ausstellung im Rohnerhaus in Lauterach. Arbeiten von 27 Frauen sind zu sehen.

Ein alter weißer Mann interessiert sich für Frauen. Das ist zunächst nur ein Klischee, ein Allgemeinplatz, der keiner weiteren Überlegung benötigt.

Im Falle von Alwin Rohner verbindet sich das Interesse an Frauen jeden Alters allerdings mit einem eigensinnigen Kunstwollen. Das Rohnerhaus hat bereits mit den beiden ausschließlich mit Frauen bestückten Ausstellungen „Selbstbestimmt“ und der Kabinettausstellung „Frauen“ ein genuines Interesse an der weiblichen Seite der Kunst bewiesen.

Nun präsentiert das Privatmuseum in Lauterach weitere 27 Künstlerinnen. Die Qualität ist durch die Bank überzeugend. Ob es sich dabei nun um einen Gelegenheitskauf im Auktionshaus Zeller in Lindau handelt, wie bei Jeanette Freis „Frau mit Krähe“ (2003), um ein Werk aus der hauseigenen Sammlung wie zum Beispiel Alexandra Wackers „Gondoliere“ (1985) oder eine Leihgabe von Gabriele Bösch mit dem Titel „Die Fragen der Fische“ (2023) – im Rohnerhaus ist gute Kunst zu Hause.

Widerständigkeit

In unserer digitalen Einheitssuppe ist es die Widerständigkeit eines Kunstsammlers, die den Unterschied macht. Alwin Rohner schreibt: „Die revolutionäre Chance der Kunst liegt in der Möglichkeit der Künstlerinnen, anders zu sein, anders, als wir erwarten, anders als wir uns vorstellen, jedoch selbst mit Geist und Seele geschaffen.“ Dem ehemaligen Betonfabrikanten geht es um den Dialog. Rohner dazu: „Ich denke mir, wer sich zu ernst nimmt, ist kein guter Partner zu einem Dialog. Nimm’s mit Humor und denke in der Erkenntnis, dass jeder Mensch ein Original ist, ein Geschenk Gottes.“ Für die Zukunft unserer Gesellschaft brauche es „intellektuelle, freie, spirituelle Vorreiter“, ist Alwin Rohner überzeugt.

Eine herausragende Arbeit ist – ausgehend von der Struwwelpeter-Geschichte vom fliegenden Robert, der mit seinem Schirm am Himmelszelt verschwindet – eine detailreiche und handwerklich sehr gut gemachte Tusche-Papier-Arbeit von Sophia Weinmann. Der Museumstext lautet: „Sie stellt sich die Frage, ob aus der Perspektive des Robert, der seinem Körper entschwebt ist, die lebendigen Menschen wie Schlafende, wie Träumende erscheinen und erst durch den Aufstieg in eine andere Welt ein Erwachen passieren könnte, das den Träumenden ihren Schlafzustand bewusst werden ließe und die Wahrnehmung der Realität in Zweifel zöge.“ Diese Sichtweise erinnert an den Phaidon-Dialog von Platon, wo es heißt: „Denn wenn jemand zur Grenze der Luft gelangte oder Flügel bekäme und hinaufflöge, so würde er dann hervortauchen und sehen, wie hier die Fische, wenn sie einmal aus dem Meer heraustauschen, sehen, was hier ist, so würde dann ein solcher auch das Dortige sehen, und dann erkennen, dass jenes der wahre Himmel ist und das wahre Licht und die wahre Erde.“

Nackter Sportler

Die Bäume in der „Verklärung“ von Dagmar Rohm von 2009 gemahnen an die Romantik eines Caspar David Friedrich. Ein eigentümliches Leuchten im Wald kontrastiert mit dem fröhlichen Rosa des VW-Käfers. Marion Mathas „Bogenschütze“ von 1990 schimmert in einem verbotenen Grün. Die Nacktheit des männlichen Sportlers rührt an das Tabu, den Mann im Adamskostüm darzustellen.

Petronilla Bührle-Anwander ironisiert mit „1. Tupperwareparty der Welt“ von 2022 die weibliche Plastiksucht bei der Frischhalteproblematik mithilfe eines ewigen Themas der Kunstgeschichte: dem letzten Abendmahl. Nur dass hier zwölf plus eine Dame zum Teil barbusig um den Tisch sitzen.

„Künstlerinnen der Gegenwart“. Rohnerhaus Lauterach. Geöffnet jeden ersten Sonntag im Monat bei freiem Eintritt von 10.30 bis 17 Uhr. Nächster Termin: Kommender Sonntag, 2. Juli. https://www.rohnerhaus.at/

Von Wolfgang Ölz