Protestaktion: Börse in Tel Aviv gestürmt und Straßen blockiert

Am “Tag des Widerstands” gegen die geplante Justizreform finden landesweit Störaktionen und Kundgebungen statt.
In Israel hat am Dienstag wieder ein Protesttag gegen die von der Regierung vorangetriebene Schwächung der Justiz begonnen. Hunderte Demonstranten versammelten sich am Morgen in der Küstenstadt Tel Aviv und stürmten kurzzeitig die Börse. Rund Tausend Menschen, darunter viele Reservisten der Armee, versperrten Berichten zufolge zudem den Zugang zu einem Hauptquartier des Militärs. Im Norden des Landes blockierten Demonstranten, Medien und Organisatoren zufolge eine Autobahn.
Dutzende Demonstranten drangen am Dienstag in die Tel Aviver Börse ein und ließen nachgemachte Banknoten als Symbol von Korruption herabregnen. Die Polizei meldete zugleich ein halbes Dutzend Schnellstraßenblockaden durch Demonstranten und mindestens 17 Festnahmen. In einer Stadt nördlich von Tel Aviv wurde eine Demonstrantin von einem Auto angefahren und verletzt. Polizeiangaben zufolge handelte es sich dabei um einen Unfall.
Kundgebungen und landesweite Störaktionen
Am “Tag des Widerstands” sollen laut Organisatoren landesweit den ganzen Tag über Kundgebungen und Störaktionen stattfinden. Für den Nachmittag sind unter anderem Proteste an Bahnsteigen in mehreren Städten geplant. Der Zugverkehr könnte dadurch massiv gestört werden. Die Demonstranten wollen damit Druck auf die Regierung ausüben, die die Justizreform trotz des großen Widerstands im Land weiter vorantreibt. In der kommenden Woche soll nach Willen der rechts-religiösen Koalition ein wichtiger Teil der Reform zur Einschränkung des Höchsten Gerichts verabschiedet werden.
Israelischer Präsident trifft Biden in Washington
Während des großen Protesttags in Israel wird Präsident Izchak Herzog an diesem Dienstag in Washington von US-Präsident Joe Biden empfangen. Das Treffen wirft ein Schlaglicht auf das derzeit angespannte Verhältnis von Biden und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu, der seit Monaten auf seinen Antrittsbesuch im Weißen Haus wartet. Die US-Regierung stellte am Montag zwar vage eine Begegnung der beiden im Herbst in den USA in Aussicht. Zugleich brachte sie deutlich ihre Bedenken über den geplanten Umbau der israelischen Justiz und einige Mitglieder des Netanyahu-Kabinetts zum Ausdruck.
Biden wolle bei dem Treffen mit Herzog nicht nur die Verpflichtung der USA für Israels Sicherheit bekräftigen, teilte die US-Regierung mit. Sie bestätigte, dass auch die höchst umstrittenen Reformpläne zur Sprache kommen sollen. Biden wolle über die Bedeutung gemeinsamer demokratischer Werte sowie die Frage sprechen, wie Freiheit, Wohlstand und Sicherheit sowohl für Palästinenser als auch für Israelis gefördert werden könnten. Herzog sagte, er werde in den USA auch über die “internen Herausforderungen” sprechen. Seit Monaten bemüht er sich um einen Kompromiss zwischen Regierung und Opposition – bisher erfolglos. Der Präsident in Israel hat anders als in den USA vor allem eine repräsentative Funktion.
Großer Widerstand gegen Justizreform
Die Protestbewegung ist eine der größten in der Geschichte Israels, einem Land mit rund 10 Millionen Einwohnern, und sie umfasst breite Gesellschaftsteile. Auch innerhalb des israelischen Militärs wächst der Widerstand gegen die Regierung. Mehrere Tausend Reservisten drohten, ihren Dienst nicht mehr antreten zu wollen, sollte ein Teil der Justizreform verabschiedet werden. Ein Großteil des israelischen Militärs besteht aus Reservisten.