Bösch-Vetter kritisiert Moosbrugger in Tierquäler-Causa

Christine Bösch-Vetter übt Kritik an LWK-Präsident Moosbrugger wegen seiner untätigen Haltung in einem Fall von Tierquälerei und illegalem Medikamentenhandel.
Grüne kritisieren Landwirtschaftskammer
Christine Bösch-Vetter hat im Rahmen einer Pressekonferenz der Grünen in deren Klubhaus am Mittwoch den Präsidenten der Landwirtschaftskammer (LWK) Vorarlberg scharf kritisiert. „Wir haben hier einen schlimmen Fall der Tierquälerei und des Medikamentenhandels und Herr Moosbrugger schaut nur zu und schweigt“, drückt sie gleich zu Beginn ihren Unmut aus.

Anlass der Pressekonferenz war ein Fall von Tierquälerei im Bregenzerwald. Ein Bauer steht dort unter Verdacht, einem Rind bei der Klauenpflege die Zunge herausgerissen zu haben. Das Tier soll er dann zu einem Schlachthof nach Salzburg gebracht haben. Dort soll den Mitarbeitenden vor Ort nichts Atypisches an der Verfassung des Tieres aufgefallen sein. In einem zweiten Vorwurf sieht sich der Landwirt mit illegalem Medikamentenhandel konfrontiert. Es besteht der Verdacht, er habe seinen Tieren Antibiotikum verabreicht, um so Eutererkrankungen zu behandeln. Ein Veterinärmediziner hat zum Zeitpunkt des Öffentlichwerdens des Falls verdeutlicht, dass das Verabreichen solcher Medikamente gängige Praxis sei, um die belasteten Euter zu genesen. Derartige Erkrankungen seien insbesondere auf die steigende Milchleistung der Kühe zurückzuführen. Auswirkungen der Gabe von Medikamenten auf die Fleischproduktion oder das Trinkwasser kann der Mediziner nicht ausschließen, hieß es.
Bösch-Vetter sieht insbesondere diesen Punkt als gefährlich für die Milch- und Fleischwirtschaft in Vorarlberg an. „Unsere Landwirtschaft ist besonders klein strukturiert, und ihr wichtigstes Kapital ist ihr guter Ruf“, betont die Politikerin. Bauern wie der aus dem Bregenzerwald würden diesen Ruf gefährden und damit das Vertrauen in die gesamte Bauernschaft gefährden. „Mittlerweile treten fast quartalsweise Fälle von Tierquälerei und schlechter Haltung auf“, ärgert sich Bösch-Vetter. Das dürfe nicht hingenommen werden. „Ich sehe den Präsidenten Moosbrugger in der klaren Verantwortung, hier einzugreifen“, verdeutlicht sie.
Insbesondere anhand von vier zentralen Herausforderungen machen die Grünen die Missstände in der Landwirtschaft fest: viel Arbeit für wenig Geld, gesteigerte Milchleistung aufgrund von großem Wettbewerb, die Notwendigkeit der Gabe von Kraftfutter und die höhere Anfälligkeit der Tiere für Krankheiten.

‘Viel Arbeit für wenig Geld’: Die Herausforderungen der Landwirtschaft
Das Einkommen der Bauernschaft stehe in keinem Verhältnis zu dem Arbeitsaufwand, den die Landwirte erbringen müssen, um von diesem Beruf leben zu können. Das führe zu einem hohen Investitionsdruck nach dem Motto „viel hilft viel“. Im Jahresrückblick-Interview mit der NEUE hat Josef Moosbrugger eben jenen Punkt ebenfalls deklariert. Er machte damals die Politik verantwortlich, mit ständig steigenden Auflagen die Landwirte unter Druck zu setzen. Im Anschluss an die Pressekonferenz der Grünen betont der Landwirtschaftskammerpräsident diesen Punkt noch einmal in einer Presseaussendung: „Es ist ein schlechter Scherz, dass gerade die Grünen heute (Anm. d. Red.: Die Pressekonferenz fand am Mittwoch statt.) bei einer Pressekonferenz gefordert haben, dass die Landwirtschaft ‚raus aus der Sackgasse‘ und dem wirtschaftlichen Druck kommen müsse und dafür gute Rahmenbedingungen brauche.“ Keine andere Fraktion forciere ständig derart realitätsfremde, abgehobene Standards und Anforderungen wie die Grünen, zeigt er sich empört.
Genau wie im NEUE-Interview prangert er an, wie prekär die Lage für bäuerliche Familienbetriebe sei. Die Preis-Kosten-Schere klaffe immer weiter auseinander und würde ad absurdum führen. „Da hilft uns eine phantasielose Mischung aus pauschalen Anprangerungen gegenüber der gesamten Landwirtschaft in Vorarlberg und Forderungen, die ohnehin bereits in Umsetzung sind, wenig“, führt Moosbrugger aus. Die Grünen hatten zuvor gefordert, nur mehr jene Landwirte zu fördern, die eine „gute Landwirtschaft“ positiv beeinflussen. Dafür brauche es keine Hochleistungstiere, sondern jene Kühe und Rinder, „die mit Heu und Co. auskommen.“ Konkret wünscht sich Bösch-Vetter Tiere, „die alpfähig sind“, denn laut der Grünen-Politikerin sind nur mehr ein Drittel aller Milchkühe alpfähig. Die anderen benötigen oftmals Kraftfutter, das negative Auswirkungen auf Böden und Umwelt habe.
Gleichermaßen betonte Bösch-Vetter die Wichtigkeit von Regionalität bei Einkäufen und der forcierten Vermarktung von etwa Vorarlberg Milch. Moosbrugger zeigte sich erfreut über die Tatsache, dass Bösch-Vetter deren Wichtigkeit erkenne, „allerdings muss sie auch der Marktrealität der letzten Monate ins Auge schauen. Billigwaren aus dem Ausland (…) steigen massiv und setzen die regionalen Qualitätsprodukte enorm unter Preisdruck.“ Deshalb sei eine Herkunftskennzeichnung unabdingbar. Auch darüber hatte sich Moosbrugger schon umfangreich gegenüber der NEUE geäußert.

Moosbrugger kontert Kritik
Am Ende der Konfernez fasste Bösch-Vetter noch einmal zusammen, sie fordere einen ruden Tisch für das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen, einen Förderungsstopp für Bauern, die illegal agieren, Förderungen für Schlachtungen in Vorarlberg sowie einen neuen Schlachthof, die Forcierung standortgerechter Tierrassen und der Vorarlberg Milch, ein Primärversorgungszentrum auch im Tierärztebereich und den Umbau der Landwirtschaftsschule zum Campus für alpine Landwirtschaft in Vorarlberg. Alles Forderungen, die laut Moosbrugger schon bekannt und teils in Arbeit seien.
Auch wenn die Pressekonferenz sicherlich den Stellenwert der Landwirtschaft in Vorarlberg einmal mehr in den Vordergrund gerückt hat, derart neuartige Forderungen wie sie der Titel der Veranstaltung und deren Presseunterlagen vermuten ließen, stellt Bösch-Vetter letztlich nicht. Was sich in naher Zukunft ändern wird, bleibt auch nach dem Termin aus Sicht der Landwirte weiter fraglich.