Allgemein

Großbritanniens erste Schatzkanzlerin muss ein riesiges Chaos aufräumen

11.07.2024 • 18:03 Uhr
Britain's Chancellor of the Exchequer Rachel Reeves cheers a meeting of the National Wealth Fund Taskforce at 11 Downing Street in London, Tuesday, July 9, 2024. (Justin Tallis/Pool Photo via AP)
Rachel Reeves ist neue britische Finanzministerin. Justin Tallis/Pool Photo via AP

Gewohnt war Rachel Reeves schon bei ihrer Ankunft in Westminster sich behaupten zu müssen. Nun tritt sie ihr schwieriges Amt als neue britische Finanzministerin an.

Was sie erwarten würde, wusste sie ja, als sie am letzten Wochenende die Schatzkanzlei übernahm: Aber schockiert gab sich die neue britische Finanzministerin Rachel Reeves dann doch. Sie habe, meinte sie, in Sachen Finanzen „die schlimmsten Verhältnisse seit dem Zweiten Weltkrieg“ vorgefunden. Und schuld daran, fügte sie an, seien „14 Jahre Chaos und wirtschaftspolitische Verantwortungslosigkeit“ gewesen – also 14 Jahre, in denen die Konservativen Großbritannien regierten.

Problematische Lage

Die Bemerkung hatte natürlich eine taktische Seite. Reeves will der Nation deutlich machen, wie schwierig ihre Ausgangslage ist und dass über Nacht kein Wandel zu erwarten sei. Die Lage ist zweifellos ernst, dass sich die Ministerin schon bald vor „schwierigen Entscheidungen“ finden wird, bestreitet niemand: Generelle Stagnation, wachsende Staatsverschuldung, horrende Steuersätze und der katastrophale Zustand vieler öffentlicher Dienste sind Fakten.

Reeves’ beeindruckender Werdegang

Reeves, die laut ihren Professoren an der Uni Oxford und an der London School of Economics durch „äußerste Intelligenz“ und „Kompetenz“ glänzte, arbeitete nach dem Studium als Ökonomin bei der Nationalbank und bei der Privatbank HBOS. Selbstbewusst gelang es ihr 2010, in die britische Politik einzusteigen: Sie kam als reformlustige Labour-Abgeordnete mit dem „eisernen Willen“, in der Opposition ihre Bankenerfahrung mit den sozialdemokratischen Ideen zu verbinden, die sie von daheim mitbrachte. Der Labour Party beigetreten war sie mit 16.

Gewohnt war sie schon bei ihrer Ankunft in Westminster, sich in einer Kultur weitläufiger männlicher Aggressivität und harscher Konkurrenz behaupten zu müssen. Dass sie Jahre später, mit 45, die erste Frau überhaupt an der Spitze der Schatzkanzlei in deren langer Geschichte werden sollte, sehen viele ihrer Mitstreiterinnen heute als logischen Erfolg ihrer Beharrlichkeit.