Wer wird ihr Vize?

Um gegen Trump zu gewinnen, wird Kamala Harris jemanden suchen, der andere Bevölkerungsgruppen anspricht als sie. Es wird wohl ein Mann werden.
Es geht zügig voran für Kamala Harris: Angesichts des Zeitdrucks muss sie rasch einen Kandidaten oder eine Kandidatin für die Vize-Präsidentschaft finden; die beiden werden dann zusammen in den Wahlkampf ums Weiße Haus ziehen und sich gemeinsam auf dem Parteitag der Demokraten Mitte August präsentieren. Zwar ist Harris noch nicht offiziell nominiert, aber sie hat bereits die Mehrheit der Delegierten hinter sich. Dass jemand gegen sie antritt, ist unwahrscheinlich. Derzeit macht die 59-Jährige, die in zwei Tagen über 100 Millionen Dollar an Spenden eingesammelt hat, Wahlkampf in Wisconsin.
Gretchen Whitmer
Es gilt als wahrscheinlich, dass Harris einen weißen Mann aussucht, für Wähler, die mit einer halb-schwarzen Präsidentin fremdeln. Manche Demokratinnen fordern allerdings, dass Harris mit Gretchen Whitmer antritt, der populären Gouverneurin von Michigan. Doch dass die USA wirklich reif sind für zwei Frauen, ist nicht so sicher.

Josh Shapiro
Harris war Senatorin und es ist nicht unüblich, dass Senatoren, die Präsident werden wollen, einen Gouverneur aussuchen, der Regierungserfahrung hat. Von denen gibt es auch einige. Oft genannt wird Josh Shapiro, Gouverneur von Pennsylvania. Shapiro, der als Moderater gilt, steht fest im Camp der Israelverteidiger, das freut die Evangelikalen. Andererseits, Shapiro ist jüdisch, während Harris zwar getauft ist, aber als Kind eine schwarze Kirche und einen Hindutempel besucht hat. Ihr Mann wiederum ist jüdisch. Vielleicht ist das ein bisschen zu viel religiöse Diversität für Amerikaner.

Andy Beshear
Gute Chancen hat auch Andy Beshear, der Gouverneur von Kentucky, der bereits einmal wiedergewählt wurde. Beshear, Sohn des früheren Gouverneurs Steve Beshear, ist protestantischer Christ. Auch das würde ihm gegen Trump helfen, der seit seinem Attentat Gott gefunden hat. Der studierte Jurist, der zuvor Generalstaatsanwalt war, tritt für das Recht auf Abtreibung ein und hat sich mit Pharmafirmen angelegt. Zuvor hat er als Anwalt eine Firma vertreten, die per Pipeline Flüssiggas durch Kentucky geleitet hat. Das war bei Umweltschutzgruppen umstritten, andererseits wirbt Trump um Wähler, denen er billige heimische Energie verspricht.

Roy Cooper
Kentucky und Pennsylvania sind „battleground states“ des Rust Belts, die heißt umkämpften Staaten des alten Industriegürtels. Für die Demokraten ist es insbesondere wichtig, das bevölkerungsreiche Pennsylvania zu gewinnen. Ähnlich North Carolina, dessen Gouverneur Roy Cooper ebenfalls gehandelt wird. Cooper ist allerdings mit 67 relativ alt, außerdem könnte er den Staat an einen Republikaner verlieren, wenn er mit Harris ins Weiße Haus geht.

JB Pritzker
Auch JB Pritzker, der Illinois regiert, könnte Vize werden. Illinois, ein bevölkerungsreicher Staat, aus dem auch Barack Obama stammt, ist zwar eine sichere Bank für die Demokraten, aber Pritzker ist Milliardär, der die gesamte Wahlkampagne selber bezahlen könnte; etwas, was Trump mysteriöserweise nicht stemmt. Pritzker ist für Waffenkontrolle und das Recht auf Abtreibung.

Mark Kelly
Ob aber Harris überhaupt einen Gouverneur braucht, ist nicht ausgemacht. Als Vizepräsidentin hat sie eine gewisse Regierungserfahrung. Deshalb wird auch über Senatoren geredet, allen voran Mark Kelly aus Arizona, der Favorit der Washington Post. Nicht nur ist Arizona ein Swing State, wo die Wechselwähler wohnen; Kelly, als ehemaliger Astronaut ein angesehener Mann, ist auch durch seine Kampagne für Waffenkontrolle bundesweit bekannt. Seine Frau, die Abgeordnete Gabby Giffords, war von einem Waffennarren angeschossen und schwer verletzt worden. Arizona grenzt an Mexiko, deshalb hat Kelly auch Verständnis für die Sorgen der Bürger vor einer offenen Grenze.

Noch andere Möglichkeiten
Gehandelt werden Tim Walz, der Gouverneur von Minnesota, ebenfalls ein Swing State. Walz gilt als Progressiver; er hat etwa kostenlose Schulmahlzeiten eingeführt. Auch Wes Moore, der erste schwarze Gouverneur von Maryland, ist progressiv. Mögliche Kandidaten wären auch zwei Leute aus dem Team von Joe Biden, Handelsministerin Gina Raimondo und Verkehrsminister Pete Buttigieg. Aber Buttigieg, der offen homosexuell ist, hat wenig Akzeptanz bei nicht-weißen Wählern.
Ausgeschlossen ist allerdings Gavin Newsom, der Gouverneur von Kalifornien, denn Präsident und Vize müssen aus verschiedenen Staaten kommen.
