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USA widerrufen Strafvereinbarung mit 9/11-Drahtzieher

03.08.2024 • 08:44 Uhr
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US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat die Strafvereinbarung der Justiz widerrufen. REUTERS/Lisa Marie David

Nach Kritik hat US-Verteidigungsminister Lloyd Austin Strafvereinbarungen der Justiz mit dem mutmaßlichen Chefplaner von 9/11 und zwei Mitangeklagte widerrufen.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat eine Strafvereinbarung mit dem mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 widerrufen. Angesichts der „Bedeutung der Entscheidung“ solle die Verantwortung des Falls bei ihm liegen, erklärte Austin in einem Memorandum vom Freitag (Ortszeit) an Susan Escallier, die den Fall betreute. Das Pentagon hatte erst am Mittwoch bekanntgegeben, dass die Strafvereinbarungen ausgehandelt worden seien.

Nähere Angaben wurden nicht gemacht. Nun widerrief Verteidigungsminister Austin die mit dem mutmaßlichen Drahtzieher Khalid Sheikh Mohammed sowie den beiden Mitbeschuldigten Walid bin Attash und Mustafa al-Hawsawi ausgehandelten vorgerichtlichen Vereinbarungen. Laut eines Berichts der “New York Times” hatten die drei Männer zugestimmt, sich der Verschwörung schuldig zu bekennen und dafür eine lebenslange Haftstrafe zu erhalten. Damit würden sie einem Prozess entgehen, an dessen Ende die Todesstrafe stehen könnte.

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Eine Zeichnung vom mutmaßlichen Drahtzieher Khalid Sheikh Mohammed. AP Photo/Janet Hamlin, Pool
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Walid bin Attash im Gerichtssaal. AP Photo/Janet Hamlin, Pool
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Mustafa al-Hawsawi vor Gericht. AP Photo/Janet Hamlin, Pool

Die drei Männer sind im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba inhaftiert. Ihnen werden Terrorismus und die Ermordung von fast 3.000 Menschen bei den Anschlägen am 11. September 2001 in New York und nahe Washington vorgeworfen. Am 11. September 2001 waren bei dem bisher schlimmsten terroristischen Anschlag in den Vereinigten Staaten rund 3.000 Menschen getötet worden. Islamistische Terroristen hatten drei gekaperte Passagierflugzeuge in das World Trade Center in New York und das Pentagon nahe Washington gesteuert. Eine vierte Maschine stürzte im Bundesstaat Pennsylvania ab. Die Anschläge erschütterten die USA bis ins Mark und ließen die Weltmacht in einen jahrzehntelangen „Krieg gegen den Terror“ ziehen.

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Ein Tribut im Jahre 2023 in New York City: Zwei Lichtsäulen stehen dort, wo die Twin Towers standen, vor dem Terroranschlag am 11. September. Ed JONES / AFP

Die Hintermänner der Anschläge und ihre Rolle

Khalid Sheikh Mohammed gilt als Chefplaner der Anschläge und soll auch die Kommunikation und die Finanzierung des Vorhabens geregelt haben. Er sitzt seit vielen Jahren im berüchtigten US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba und wäre US-Medienberichten zufolge durch die Vereinbarung der Todesstrafe entgangen. Zentral für den Deal waren den Berichten zufolge Folter-Anschuldigungen gegen die USA. Rechtsexperten warnten demnach davor, dass etwaige Geständnisse in einem Gerichtsverfahren deswegen keinen Bestand haben könnten.

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Das Gefängnis Guantanamo in Kuba. Sylvie LANTEAUME / AFP

Ein Großteil der juristischen Auseinandersetzungen drehte sich um die Frage, ob sie fair verurteilt werden könnten, nachdem sie in den Jahren nach dem 11. September Folter des US-Geheimdienstes CIA ausgesetzt waren. Dieses heikle Thema hätte durch die Vereinbarungen umgangen werden können.

Die Vereinbarungen waren allerdings bei Angehörigen der Opfer und auch bei Republikanern auf Kritik gestoßen. Der republikanische Abgeordnete Mike Rogers, Vorsitzender des Ausschusses für Streitkräfte im Repräsentantenhaus, bezeichnete den Deal in einem Schreiben an Verteidigungsminister Austin als „skrupellos“. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, nannte ihn einen „Schlag ins Gesicht“ für die Familien der Opfer.

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Mike Rogers, ein republikanischer Abgeordneter. AP Photo/Paul Sancya

Kritik an der Vereinbarung und die Folgen

Der Vizepräsidentschaftskandidat des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, J. D. Vance, sprach von einem „Gefälligkeitsabkommen mit den Terroristen vom 11. September“. „Wir brauchen einen Präsidenten, der Terroristen tötet und nicht mit ihnen verhandelt“, sagte er.

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Vize-Kandidat J.D. Vance spricht von einem Gefälligkeitsabkommen mit den Terroristen. WADE VANDERVORT / AFP

Mohammed wurde im März 2003 in Pakistan gefasst. Er wurde drei Jahre lang in geheimen CIA-Gefängnissen festgehalten, ehe er 2006 nach Guantánamo gebracht wurde. Der ausgebildete Ingenieur, der an einer US-Universität studierte, plante die Anschläge vom 11. September nach eigenen Angaben „von A bis Z“.

Zudem sagte er, mit seiner eigenen „gesegneten rechten Hand“ im Jahr 2002 den US-Journalisten Daniel Pearl geköpft zu haben. Pearl, der damals 38-jährige Südasien-Bürochef des „Wall Street Journal“, war Anfang 2002 während einer Recherche zu radikalen Islamisten in Pakistan verschleppt und später brutal ermordet worden.

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Der US-Journalist Daniel Pearl wurde in 2002 geköpft. REUTERS/Ian Waldie IW/NMB

Die Hintergründe der drei Beschuldigten

Bin Attash soll zwei der Flugzeugentführer vom 11. September ausgebildet haben. Nach der US-Invasion in Afghanistan im Jahr 2001 flüchtete er nach Pakistan, wo er 2003 festgenommen wurde. Anschließend wurde er in geheimen CIA-Gefängnissen festgehalten.

Hawsawi wird verdächtigt, die Finanzierung der Anschläge vom 11. September organisiert zu haben. Er wurde im März 2003 in Pakistan festgenommen und ebenfalls in geheimen Gefängnissen festgehalten, bevor er 2006 nach Guantanamo verlegt wurde.