“Wir werden uns das nicht zerstören lassen”

Nach einem geplanten Attentat auf das Wiener Ernst-Happel-Stadion fallen die drei Taylor Swift Konzerte ins Wasser. Ein Stimmungsbild aus Wien.
“Stadion. Umsteigen zu 11A, 64A, Ausstieg links.“ Das Ernst-Happel Stadion ist aus der U-Bahn-Station schon teilweise zu erkennen. Eigentlich sollten hier mittlerweile hunderte, tausende von Swifties aussteigen. Doch die Station ist wie leergefegt. Nur ein paar Cowboyboots, die Richtung Ausgang laufen, lassen darauf schließen, dass an diesem Donnerstag eigentlich die Erste, der drei geplanten „Eras Tour“ Shows stattfinden hätte sollen.

Eine Botschaft dem Hass
Vor dem Eingang Sektor B, direkt neben der U-Bahn-Station, sind schon einige Leute mehr versammelt. Glitzernde Kleider, Cowboy-Hüte und Merchandise in allen Formen und Farben füllen den Platz. Wobei füllen da doch etwas übertrieben ist. Dutzende Verpflegungszelte stehen geschlossen vor dem Stadion. Die Abbauarbeiten sind in vollem Gange. „Da oben wären wir ungefähr gesessen“, erklärt ein junger Mann seiner Freundin.

Auf dem Boden vor dem Eingang liegen bunte Straßenkreiden, teilweise schon ziemlich abgenutzt. Die Swifties haben damit alle möglichen Botschaften, Songzeilen und Bilder auf den Asphalt geschrieben. „Vienna loves u Tay“, oder „It’s been a long time but we’ll wait for evermore“ sollen signalisieren: Wir haben keine Angst.


Trotzdem angespannt
Trotz der ruhigen Stimmung und dem herzlichen Gelächter der jungen Menschen, laufen ständig Leute des Sicherheitspersonals herum. Jede Person, die den Platz betritt, wird befragt. Nicht sehr streng, aber man merkt, dass doch etwas Anspannung in der Luft liegt. „Österreich ist ein ziemlich sicheres Land. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass so etwas passiert. Aber heutzutage muss man leider bei jeder Großveranstaltung von so etwas ausgehen“, erzählt David, der für eine Sicherheitsfirma arbeitet. Für den Fall, dass Swift neue Daten für die Bundeshauptstadt bekannt gibt, würden die Sicherheitsvorkehrungen nochmals erhöht werden. „Angst haben wir hier jetzt keine. Dafür sind zu wenig Menschen da“, erklärt er.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Instagram angezeigt.
Aus Indien und Mexiko
Aber auch abseits des Happel-Stadions, verteilt in der ganzen Stadt, ist von Angst wenig zu spüren. Es herrscht eine Art Aufbruchsstimmung unter den Fans, sie trotzen dem Hass. Egal mit welcher U-Bahn man fährt – Freundschaftsarmbänder so weit das Auge reicht. „Wir kommen aus Indien und Mexiko. Wir sind extra für das Konzert nach Wien gereist, weil wir nur noch hier Tickets bekommen haben und sie unbedingt sehen wollten“, erzählt eine Gruppe junger Menschen in der U-Bahn. Was noch auffällt, sind die teils schrillen Outfits, die es nicht auf das Konzert geschafft haben. Sie werden jetzt in der Stadt ausgeführt und gegenseitig bewundert. Ein Pärchen trägt ein quietschpinkes, zueinander passendes Outfit.

Gemeinsam singen, tanzen und weinen
Ein weiteres Highlight an diesem Tag ist die Corneliusgasse, in der ein Baum zwischenzeitlich eine neue Rolle gefunden hat: Auch auf ihm werden Freundschaftsarmbänder getauscht. Für jedes, was man von einem Ast nimmt, muss man auch wieder eines hinauf hängen. Der Hotspot wurde längst von der breiten Masse gefunden, und so stehen in der Gasse hunderte Menschen, die gemeinsam singen, tanzen und sich trösten. „Wir werden uns das nicht zerstören lassen“, hört man eine junge Frau zu einer anderen sagen, während sie Freundschaftsarmbänder tauschen.

Es scheint, der Hass und die Angst haben es nicht geschafft, eine Stadt, die Fangemeinde und auch die Wiener zu verunsichern. Im Gegenteil, es wird eher noch einmal bewusst, wie wertvoll gemeinsame Zeit ist, wie wichtig Achtsamkeit und wie wunderbar eine liebevolle und respektvolle Gemeinschaft sein kann.
