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Statt Autos gab es Gespräche und Gebäck

21.09.2024 • 12:30 Uhr
Statt Autos gab es Gespräche und Gebäck
Bei der Premiere wird es wohl nicht bleiben. stiplovsek (9)

Beim gestrigen Parking Day in Dornbirn gab es Kuchen, Yoga und gute Laune, aber weniger Autos als gewöhnlich.

Der Parking Day, von schönstem Spätsommerwetter willkommen geheißen, findet hier in Dornbirn das erste Mal statt. Am Ende werden die beteiligten Organisationen fragen, ob „ihr“ Parkplatz fürs nächste Jahr zu diesem Zeitpunkt schon reserviert ist. An den Ständen auf den Parkplätzen stehen zwischen 10 und 16 Uhr Menschen von sozialen Organisationen wie der Caritas, lokalen Vereinen wie der Musikschule und interessanten Unternehmen wie dem „s’Fachl“. Sie machen Werbung für weniger Autos, mehr Engagement und für die eigene Sache.

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S´Fachl war auch dabei.

Zwischen 10 und 16 Uhr passiert so einiges. Zunächst lädt Stadt.Leben.Dornbirn zur Pressekonferenz, wo die Initiative sich nochmal kurz vorstellt. Mehrere Bürgerinitiativen Dornbirns haben sich vor rund zwei Jahren zusammengeschlossen, um gemeinsam mehr zu erreichen. Es sieht so aus, als ob das gelänge, sagt Hanspeter Simma von „Stadt.Leben.Dornbirn“. Immer öfter wende sich die Stadt an sie, um sie nach ihrer Meinung zu fragen. Ihre Meinung ist, dass Tempo 30 in der Innenstadt zu weniger Lärm und mehr Sicherheit führen würde. Weniger Autos wären gut, deshalb kommt der Parking Day wie gerufen.

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Die Konferenz verlief auch gut.

Noch am Wachsen

In Wien schließen sich Grätzloasen jährlich an diesem Tag für Tauschfeste, Workshops, Theateraufführungen bis hin zum gemeinsamen Frühstücken zusammen. In Dornbirn ist die Aktion noch bescheidener, viele Passanten kennen den Parking Day als organisatorische Klammer um die Stände noch nicht. Vor dem WirkRaum der Caritas in der Bahnhofsstraße wurde ein „Gasthaus“ mit Tischen und Tellern und Servietten und Blumenvasen eingerichtet. „Wir von der Lebenshilfe haben verschiedene Bauernhofprojekte und haben Äpfel und Zwetschken vom Gutshof Heidesand und der Landwirtschaftsschule für eine gesunde Jause mitgebracht. Außerdem machen wir Riebel, den der Hof ‚Dietrich Vorarlberger Kostbarkeiten‘ zur Verfügung gestellt hat. Hier können die Passanten zwischen Apfel- und Holdermus ins Gespräch kommen“, erzählt Andreas Bartl, während morgens um 10 Uhr schon eifrig im Riebel gerührt wird.

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Ein leckeres Essen gab es auch.

Eine Stunde später ist die erste große Pfanne Riebel bereits gegessen. „Das nächste Mal fangen wir morgens um 6 Uhr an, als Frühstück!“, ruft eine der Helferinnen. Tatsächlich ist die Startzeit des Parking Day aber auf 10 Uhr festgelegt. Bildungsreferentin Martina Jäger vom Verein Welthaus erzählt einen Parkplatz weiter: „Österreich ist ein Meister im Bodenverbrauch, unglaubliche 11 Hektar pro Tag.“

Bis 13. Oktober ist noch die Ausstellung des Vereins „Um alles in der Welt“ in der inatura zu sehen. Für den Parking Day wurde ein Aufsteller mit einem Ausschnitt aus der vorigen Ausstellung zum Thema Boden mitgebracht. Darüber wollen die Aussteller mit den Passanten ins Gespräch kommen. Außerdem steht da ein Glücksrad, man kann analoge Spiele gewinnen, und gehäkelt wird am Stand auch. Ernste Themen und spaßige Unterhaltung müssen sich nicht ausschließen, ist die Botschaft. Es geht um Integration; die 20-jährige Victoria Varshavska aus der Ukraine ist am Stand dabei, häkelt mit und freut sich, dass sie „aus diesem Kreis heraus ein neues Leben starten kann“.

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En passant kreativ

Etwas weiter hinten in der Bahnhofsstraße hat Angelika Weiss ebenfalls den Kreativmotor angeworfen. Sie malt kleine, humorvolle Bilder mit Fröschen, Baggern und lebendigen Buchstaben: „Manchmal passieren Motive einfach. Du willst einen VW-Bus malen und es kommt ein Schweinchen raus.“ Ihre Motive kleben die Interessierten auf Schlüsselanhänger oder Glasuntersetzer, dann presst Weiss das Motiv mit einer entsprechenden Maschine auf die Unterlage.

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Voll entspannt geht´s zum Yoga.

Jeanette Lausen bietet auf dem Gras hinter der Martinskirche Yoga an, umsonst und „leider nur für zwei Frauen. Hoffentlich kommen heute Nachmittag mehr Interessierte“, sagt sie. Martina Hladik von „Stadt.Leben.Dornbirn“ hat ihre Yogalehrerin angeheuert. Hladik ist vom ersten Parking Day angetan. „Die Lebendigkeit in der Stadt finde ich super, und mir gefällt, dass die Angebote so niederschwellig sind.“

Auto mit Vorführeffekt

Auf dem Parkplatz vor dem Ulla-Popken-Geschäft steht das Reparaturafé mit einsatzbereiter Nähmaschine und Kuchen. Eine junge Frau schwirrt vorbei und nimmt sich Kuchen. „Heute ist ein schöner Tag!“, freut sie sich. Carmen Cardin ist neugierig aus dem Geschäft gekommen. „Heute wirft man alles weg. Ich finde es toll, dass es das Reparaturcafé gibt!“

Juliane Alton vom Reparaturcafé erzählt, dass ihnen tatsächlich ein Autofahrer einen reservierten Parkplatz zugeparkt hat. „Der Autoverkehr hier ist undiszipliniert“, moniert sie. Das Auto ist inzwischen weg, der Fahrer hat eine Buße kassiert.

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Handarbeit war auch dabei.

Neben dem Rathaus grummelt und braust Karin Amann mit mehreren großen Gongs. Neben ihr spielt der Atemtherapeut Harald Kräuter Hang und trommelt. Beide wollen auf ihr Angebot aufmerksam machen, das weit mehr ist als Musik. Zu wenig Laufkundschaft? Der Musiker sieht es gelassen: „Die Dinge sind, wie sie sind.“

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Musikalische Freiheit für Passanten.

Tag der Gestaltungsfreiräume

Die Idee wurde vor rund 20 Jahren in San Francisco ins Leben gerufen, als Mitarbeiter eines Werbebüros ihre Loungemöbel spontan auf den Parkplatz vorm Büro stellten. Bei der Idee geht es darum, dass man mit den schönen Plätzen, die für parkende Autos in Innenstädten reserviert sind, auch andere Dinge ins Leben rufen könnte: Cafés und anderweitige Begegnungszonen, kreative Bastelstuben, grüne Inseln oder Sport- und Entspannungsecken. Die Bürger sollten ihre Städte neu entdecken und für sich zurückerobern können, parkende Autos sollen mittelfristig aus der Innenstadt unter die Erde oder in die Peripherien von Städten verschwinden.

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Der WirkRaum war schön gestaltet.

Inzwischen findet der Parking Day weltweit in rund 150 Städten statt, und zwar immer am dritten Freitag im September. Auch Dornbirn hat in diesem Jahr mitgemacht, mit dem Wirkraum Caritas, den Ojad Jugendwerkstätten, dem Füranand, s’Fachl, Vorradeln mit Fairvelo, der Radlobby, dem vlow, der Stadtbibliothek, dem Reparaturcafé, der Musikschule, der Straßenzeitung marie, der Lebenshilfe, dem Verein Welthaus, der Klangkünstlerin Karin Amann und Heide-Maria Michelon sowie Stadt.Leben.Dornbirn. Sie alle hatten gestern Stände in der Innenstadt auf Parkplätzen, die extra dafür gesperrt wurden.