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Ein besonderer Besuch im Bergwerk

12.10.2024 • 10:00 Uhr
Wandertipp 552, Bartholomäberg
Eine ganz besondere Wanderung mit Blick hinter die Kulissen. Vylet (4)

Am Sonnenbalkon des Montafons kann man das ganze Jahr über schöne Wanderungen unternehmen, seit diesem Jahr dabei sogar das Innere des Bergs erkunden.

Wandertipp: mit den Wanderführern Hertha Glück und Gerhard Vylet

Bei den allermeisten Wanderungen ist man auf einem Berg unterwegs und genießt dabei den Ausblick auf die umliegenden Gipfel. Bei dieser Wanderung hat man die sehr seltene und abenteuerliche Gelegenheit, auch einen Blick in das Innere eines Berges zu werfen. Beim Besuch des historischen Bergwerks am Bartholomäberg.

kurzbeschreibung

Besonderes: Einfache Wege mit bester Aussicht durch die vom mittelalterlichen Bergbau geprägte Maisäßlandschaft zum Rellseck.
Anforderung und Gehzeit: circa dreieinhalb Stunden Gehzeit, etwa 430 Höhenmeter, für Bergwerksbesichtigung etwa 40 Minuten zusätzlich einplanen
Markierungen: weiß–gelb, weiß-rot-weiß
Charakter der Wege: Straße, Forst-, Wald- und Wiesenweg
Kultur und Natur: Historisches Bergwerk Bartholomäberg, für Besichtigung Termin vereinbaren +43 664 840 3596, Aussichtspunkt Rellseck
Anziehen und Mitnehmen: Gutes Schuhwerk, warme Kleidung für Bergwerk, Wasser, Jause
Einkehrmöglichkeiten: „Berghof“ in Bartholomäberg, unterwegs Alpengasthof „Rellseck“
Start und Ende: Bartholomäberg, bei der Kirche, Buslinien 640, 641 Haltestelle „Kirche“

Der Weg zum Bergwerk

Bei der Barockkirche und dem Dorfladen dem „Bärger Lädili“ beginnt der „Bergknappen-Weg“ hinauf zur „Knappagruaba“. Anfangs auf der Straße zweigt man auf einen Waldwurzelweg ab, der einen mit dem ersten herrlichen Panoramablick auf die Wiesen bei „Tschuga“ entlässt.

Besichtigung des Bergwerks

Tafeln entlang des alten Knappenwegs informieren über den Bergbau im Mittelalter. Auf diese Art eingestimmt und vom teils steilen Aufstieg warm gelaufen, ist man für die Besichtigung des Bergwerks gut vorbereitet. Der Besichtigungstermin muss vorab vereinbart werden. Im kleinen „Maisäß“ des Bergwerks erhält man die vorgeschriebene Kleidung und einen Helm, der einen im Stollen gute Dienste leistet. Seit 2024 werden die Führungen von den Bergwerksführerinnen Ramona Fitsch, Natalie Studer und Monique Hinze durchgeführt. Schon nach wenigen Metern im Stollen spürt man das ganzjährig kalte Klima im Berg. Zwei Teuchelrohre zeigen, wie das Wasser des Bergs damals aus dem Stollen geleitet wurde. Ramona Fitsch erklärt, dass Fichtenholz für die Holzstützen verwendet wurde, weil es dem Wasser viele Jahre standhält. Durch einige Stellen des schmalen Gangs kommt man nur in tief gebückter Haltung. Natalie Studer weist einen auf Stellen im Gestein hin, die im Schein der Lampen glitzern. Am Endpunkt der begehbaren Strecke, in der Kaverne angekommen, erfährt man von Ramona Fitsch mehr über die Größe der mittelalterlichen Stollen. Auf dem Weg zurück heißt es wieder „ducken“ bevor man ins Tageslicht tritt. Vielleicht zeigt einem Natalie Studer dabei unterwegs einen Azurit oder kurz vor dem Ausgang die Eier einer Köcherfliege.

Wandertipp 552, Bartholomäberg
Ramona Fitsch und Natalie Studer im St. Anna Stollen. Der Blick zur Silbertaler Lobspitze.

Zum Aussichtspunkt

Ab dem Bergwerk steigt man auf dem Wiesenweg nach links zum Fritzensee hoch. Der kleine See ist von Güterwegen eingerahmt und trotzdem ein beliebtes Fotomotiv. Südseitig hat man das Bergpanorama des Rätikons im Auge. Informationen zur Geschichte und der Geologie begleiten auch den weiteren Weg der Tour. Vom See geht es leicht bergab in den Wald nach Goritschang. Nun ist s nicht mehr weit zum Rellseck. Dort erwartet einen der famose Blick nach Westen über den Walgau bis zum Alpstein.

Südlich schaut man ins bewaldete Rellstal und zur Zimba, unter der die Ziesch-Alpe zu sehen ist. Im Alpengasthof kann man einkehren, bevor der Rückweg ins Dorf angetreten wird. Bei der kleinen Kapelle geht es links an den alten Hütten vorbei, ehe man das Maisäß unten beim Wald verlässt. Auf einem schönen Waldweg verliert man leicht an Höhe und kommt zu Neyers-Legi, wo ein etwas breiterer Weg übernimmt. Bei Linda beginnt die Straße, auf der man bequem zurück ins Dorfzentrum spaziert. Ein abwechslungsreicher Wandertag im Montafon geht zu Ende. Die positiven Begegnungen und interessanten Erlebnisse nimmt man in der Erinnerung mit nach Hause.

Rund um die Tour: Historisches Bergwerk Bartholomäberg

Im Jahr 842 wird der Bergbau des Montafons erstmals urkundlich erwähnt. 1319 wird das Bergwerksrevier, das vom Bartholomäberg bis zum Kristberg reichte, in einer Urkunde als „Muntafune“ (= Grubenberg) bezeichnet. Bald darauf erhielt das ganze Tal diesen Namen.

Wandertipp 552, Bartholomäberg
Nathalie und Ramona auf Entdeckungstour.

Erfolglose Versuche

Die Blütezeit des Bergbaus dauerte bis etwa 1550. Die Erzadern begannen zu versiegen und die Bodenschätze aus Amerika waren billiger. Dies führte zur Schließung der letzten Grube im „Lobinger“ beim Kristbergsattel um 1610.

In Bartholomäberg wurde von 1730 bis 1760 und zuletzt noch von 1935 bis 1939 erfolglos versucht, den Bergbau wieder zu aktivieren. Ab den 1990er Jahren haben Liebhaber der Bergbaugeschichte damit begonnen, einen alten Stollen in der „Knappagruaba“ frei zu räumen und für Besucher zugänglich zu machen. 2010 konnte das historische Bergwerk, bestehend aus dem kleinen Haus und dem über 100 Meter langen St. Anna Stollen, dann wieder eröffnet werden.

Herausragendes Denkmal

Das mittelalterliche Hauptabbaugebiet, geprägt von etwa 50 größeren und kleineren Halden sowie 30 verfallenen Stollen „Mundlöchern“, wurde 2012 als herausragendes Kulturdenkmal unter Schutz gestellt. Im kleinen Bergwerksgebäude sind verschiedene Gesteinsarten des Bergbaus und Schlacke aus den Schmelzöfen zu sehen.

Besichtigungen

Seit diesem Jahr kann man den Stollen mit den sachkundigen Bergwerksführerinnen Natalie Studer, Ramona Fitsch oder Monique Hinze besichtigen.

Dabei erhält man einen sehr guten Eindruck von der schweren und gefährlichen Arbeit unter der Erde. Durch ihre Ausführungen kann man sich das Leben der Knappen im mittelalterlichen Montafon etwas besser vorstellen.

Tierkunde

Die Köcherfliege (Trichoptera) bildet mit 13 tausend Arten eine Ordnung innerhalb der Neuflügler. Davon kommen etwa 308 in Österreich vor. Die Eier werden in einem Gallert ins Wasser oder an feuchten Stellen in Wassernähe gelegt.

Wandertipp 552, Bartholomäberg
Die Eier der Köcherfliege.

Aus den Eiern entwickeln sich Larven, die nach fünf Larvenstadien zu Fliegen werden. Die Fliegen leben nur wenige Wochen um sich fortzupflanzen. Die Larven bauen mit einem klebrigen Gespinst eine Wohnröhre, den namensgebenden Köcher.

Quellen: Montafon Band 2, Andreas Rudigier, 2009; Kosmos Naturführer Tiere und Pflanzen; Montafon Tourismus; Bergknappen Stollen Erze, Emil Scheibenstock, 1996; Karten: BEV 1230 Ost Schruns