Salmhofersches Zeitloch bei Technikerterminen

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.
Warten ist wirklich nicht meine Stärke. Vielleicht komme ich deshalb auch oft intuitiv fünf Minuten zu spät. Besonders schlimm finde ich Zeitfenster bei Terminvereinbarungen: „Unser Techniker kommt morgen zwischen 7 und 10 Uhr.“ Solche Ansagen versetzen mich fast in Schockstarre. Drei Stunden Ankunftsspielraum sind für mich, Heidi Salmhofer, das schwarze Loch der Zeitmessung.
Also sitze ich um Punkt 7 Uhr in der Küche, eine Tasse Kaffee in der Hand, und starre auf die Uhr und beobachte die getakteten Schritte des Sekundenzeigers. Wenn ich jetzt auf die Toilette gehe, klingelt es garantiert. Dann komme ich nicht schnell genug raus und schon ist er wieder weg – der Techniker, der Rauchfangkehrer, der Lieferant. Ich gehe also nicht auf das WC.
Selbstverständlich kommt niemand um diese Uhrzeit. Zumindest bei mir, der Nicht-Frühaufsteherin, läuft es immer so: Ich quäle mich aus dem Bett, um rechtzeitig gestriegelt und zähnegeputzt zu sein, und dann zähle ich jede wartende Minute. „Diese hättest du noch länger im Bett verbringen können … und diese … und diese …“
Inzwischen ist es 8.30 Uhr. Was soll ich tun? Wäsche aufhängen? Geht nicht, da müsste ich in den Keller. Boden wischen? Auch keine Option, dann ist ja alles nass. Bad putzen? Vielleicht, da muss ja keiner rein. Ich schnappe mir also die Putzmittel, werfe noch einen Blick auf die Uhr und entscheide, lieber noch zehn Minuten zu warten. Es wäre schließlich irgendwie doof, mitten im Putzen unterbrochen zu werden. Besser mache ich das, nachdem mein „Gast“ da war. Die Cif-Flasche bleibt also auf dem Küchentisch stehen. „Soll ich vielleicht einen Kaffee vorbereiten?“ Nein, der wird nur kalt. Es ist 9 Uhr. Bis jetzt habe ich nichts gemacht, außer den Takt des Sekundenzeigers auswendig gelernt.
Irgendetwas muss ich doch mit dieser verkorksten Wartezeit anfangen können! Also klappe ich meinen Laptop auf, in der Hoffnung, ein paar Zeilen zu tippen. Doch während ich auf das leere Word-Dokument starre, spielt nur ein einziger Gedanke in meinem Kopf Ringelreihen: „Jetzt kommt er gleich, jetzt kommt er gleich!“Es ist 9.45 Uhr. Langsam kommen Zweifel auf: „Der kommt nicht mehr!“ Mein Körper entspannt sich allmählich und um 9.55 Uhr gebe ich schließlich meiner Blase nach und gehe auf das WC. Natürlich klingelt es genau in dem Moment, als meine Hose auf Knöchelhöhe ist und mein Po die Brille berührt – um 9.58 Uhr. Mann, ich hätte so toll ausschlafen können!
Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalistin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.