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Kosmologische Bühnenkunst in nervösen Zeiten

15.01.2025 • 09:25 Uhr
Kosmologische Bühnenkunst in nervösen Zeiten
Schon im letzten Jahr ging es bei „Mondmilch trinken“ kosmisch zur Sache.
paulitsch

Heuer wagt das Theater Kosmos den Blick in die Sterne. Dabei bieten sie um sich greifendem Unbehagen Platz auf der Bühne, mit viel Humor.

Angesichts des Rechtsrucks wollen viele Kulturschaffende nicht nach vorn schauen. Das Theater Kosmos dagegen wagt den Blick nach oben. Denn ihr heuriges Spieljahr trägt den Titel „Unter den Sternen“. Dabei wäre der Kosmos nichts ohne seine Betrachter. Doch die Theatermacher warten nicht auf den Moment, in dem die „Sterne richtig stehen“. Denn die Menschheit kann sich, frei nach Kant, nur selbst mündig machen. Dabei setzten die Theatermacher auf die erhellende Kraft der Entstellung.

Menschen Theater Kosmos
Augustin Jagg (l.) und Hubert Dragaschnig blicken zurück auf ein erfolgreiches Jahr. Ritter

„Wir sind mit dem Kopf noch über Wasser“, freut sich Hubert Dragaschnig über die vergangene Saison. Mit gut 120 Veranstaltungen und einer Auslastung von 80 Prozent gelang es ihnen dabei, die Schulden in Schach zu halten.

Gott, das sind drei Frauen.

Den Auftakt macht Anton Fischer (geb. 1997), der am 23. Jänner mit dem Ingo-und-Ingeborg-Springenschmid-Preis ausgezeichnet wird. Sein Stück „Und weiter nichts“ feiert am 7. Februar Uraufführung im Kosmodrom, das seit 2023 von Michaela Vogel geleitet wird. Im Mittelpunkt der Handlung steht das seltsame Paar Cindy und Bert, das einen aberwitzigen Kampf gegen das Unglück führt.

PK Jahresprogramm 2025 Theater Kosmos
Michaela Vogel und Philip Jenkins.neue

Skurril geht es weiter, wenn „Gi3F (Gott ist drei Frauen)“ am 27. Februar Premiere feiert. Von Miroslava Svolikova (geb. 1986) geschaffen, zeigt das Werk den Allmächtigen als drei Frauen, die ordentlich Trubel in den Kosmos bringen. Dabei ist auch ein Mann mit weißem Bart am Werk, wenn auch nicht auf der Bühne. Denn hinter dieser wirkt Stephan Kasimir vom Ensemble Unpop, dem Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung, als Regisseur. So auch seine Kollegin Caro Stark, die das Bühnenbild entwirft.

Kosmologische Bühnenkunst in nervösen Zeiten
Caro Stark und Stephan Kasimir vom Ensemble Unpop.hartinger

Proust und Hirschl inszeniert.

Mit „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit – vom Kuchen ein TheaterStück“ von Philip Jenkins (geb. 1976) setzt sich das Motiv der schief erfahrenen Zeit am 8. Mai fort. Angelehnt an das kolossale Werk von Marcel Proust, lädt es zur Recherche in eine vergangene Zeit, für die der französische Autor einen scheinbar richtigen Ausdruck fand.

Kosmologische Bühnenkunst in nervösen Zeiten
Elias Hirschl.  APA/EGGENBERGER

Dass es um diesen in der Gegenwart schlecht bestellt ist, bestätigt „Content“ von Elias Hirschl (geb. 1994). Ursprünglich als Buch erschienen, feiert die Theaterfassung am 18. September Premiere. Dabei führt es das Publikum in eine nahe Zukunft, in der die Mitarbeiter der Firma Smile Inc. stupide Medienbeiträge produzieren müssen. Doch nicht nur die Kultur-Industrie, sondern auch die Erde unter ihnen scheint hohl zu sein. Denn in den Tiefen beginnt eine Künstliche Intelligenz, um sich zu greifen.

Ganz und gar organisch, aber nicht weniger paranoid dürfte es ab in „Wald“ zugehen. Im Stück von Miriam Lesch (1991) rücken Bäume den Mitteleuropäern auf die Pelle. Ausgewachsen und kräftig tauchen diese urplötzlich in städtischen Zentren auf, wo sie Menschen den Platz streitig machen. Es ist die zweite Aufführung im Kosmodrom und für Oktober vorgesehen.

Mit der Komödie „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ von Nick Hornbys (geb. 1957) findet ab November die letzte Eigenproduktion des Jahres statt. Mit viel britischem Humor verspricht es „Eine Ehekrise in zehn Sitzungen“. Dabei setzt das Paar sympathischer Antihelden auf die heilsame Kraft des gemeinsamen Pub-Besuchs, den sie vor den Therapieeinheiten vollziehen.

Ein rundes Programm

Diskussionen, Lesungen, Gastspiele und Konzerte runden das Programm ab. So setzt die Oster-Konzert­reihe Shakespeare musikalisch in Szene. Beim Sommerkonzert Anfang Juli hingegen wird „Der Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns aufgeführt. Vom 26. bis zum 29. Juli beehrt das Aktionstheater Ensemble die Schaustätte mit seinem Stück „Ragazzi Del Mondo – Nur eine Welt“.

In fortführender Kooperation mit dem F.M. Felder Archiv bleibt das Haus ein Ort für Literatur. Dabei kann man sich auf Größen wie Raoul Schrott, Franzobel und Marlene Streeruwitz freuen.