Traditionelles Handwerk und Mut zu neuen Instrumenten

Johannes Schuricht (54) ist gelernter Geigenbauer und hat seine Ausbildung in Italien vor über 30 Jahren begonnen.
Was sind Ihre Aufgaben als Geigenbauer?
Johannes Schuricht: Die Hauptarbeit ist sicher das Reparieren von Streichinstrumenten. Wenn dann noch Zeit übrig bleibt, kann man natürlich auch neue Instrumente bauen. Man lebt eigentlich vom Reparieren und Instrumente wieder spielbar machen.
Wie verläuft ein typischer Arbeitstag?
Schuricht: Meine Tage verlaufen sehr unterschiedlich. Da wir ein kleines Team sind und ich auch mittlerweile eine Weiterbildung für die Reparatur von Blasinstrumenten gemacht habe, fallen da die unterschiedlichsten Dinge an. Ich möchte reparieren können, was ich verkaufe, das ist mein Credo. Zu meinen Aufgaben gehören also Reparaturen, Beratung, die Pflege der sozialen Medien und Büroarbeiten.
Was ist Ihre Lieblingsaufgabe?
Schuricht: Bögen behaaren, das mach ich gerne. In meiner Ausbildung habe ich einen Bogenkurs belegt. Bogenbauen ist nämlich ein eigener Beruf. Auch richte ich gerne die Griffbretter der Streichinstrumente ab. Die bestehen aus Ebenholz, einem ganz harten Holz. Das Griffbrett muss perfekt gearbeitet sein und ganz leicht durchhängen. Es wird mit dem Hobel bearbeitet, geschliffen und schließlich, wenn es ganz glatt ist, mit Leinöl behandelt. Danach glänzt es wunderschön, das gefällt mir gut.

Welche Instrumente bauen Sie selbst?
Schuricht: Vor rund 15 Jahren habe ich mich auf Kontrabässe spezialisiert, ich spiele auch selbst Bass. Normalerweise baut man gerne Geigen, Bratschen und Celli, Bässe baut kaum ein Geigenbauer wirklich gerne. Ich anfangs auch nicht. Dann habe ich mich in den Kontrabass verliebt und begonnen sie selbst zu bauen. Hier im Laden habe ich auch eine riesige Auswahl an Bässen. Ich traue mich zu sagen, im Umkreis von 300 bis 400 Kilometern, habe ich sicher die größte Auswahl an Bässen.
Wie sind Sie auf den Beruf aufmerksam geworden?
Schuricht: Ich habe früher selbst Geige gespielt, da ist etwas kaputt gegangen und dann bin ich nach Dornbirn gefahren, um sie dort reparieren zu lassen. Ich habe in die Werkstatt geschaut, dort hat es nach Lack gerochen, überall waren Werkzeuge und Instrumententeile und das hat mich fasziniert. Danach habe ich mich informiert, wie man den Beruf erlernen kann und habe eine Schule in Cremona gefunden. Also habe ich ein halbes Jahr italienisch gelernt, um den Kursen folgen zu können, und habe dort die Ausbildung gemacht. Es gibt auch Schulen in Deutschland und eine in Österreich, aber ich dachte, wenn ich schon fortgehe, dann richtig fort. Nach Cremona habe ich meine Gesellenzeit in Den Haag und Wien verbracht.
Welches Projekt ist Ihnen besonders im Kopf geblieben?
Schuricht: Als ich die Zeit und Werkstattkapazität hatte, Kontrabässe zu bauen. Meine eigenen Bässe zu bauen, das war wirklich eine Herausforderung. Weil ich aber selbst spiele, war es etwas sehr Besonderes für mich.

Wer sind hauptsächlich Ihre Kunden?
Schuricht: Wenn man Instrumente baut, dann sind die Kunden meist Musiker, denn ein Instrument zu bauen ist teuer. Ich kaufe allerdings auch Instrumente ein, besaite diese und richte sie her. Diese verleihe ich als Leihinstrumente, zum Beispiel an Musikschüler. Neben Streichinstrumenten verkaufe ich auch Blasinstrumente, die ich auch reparieren kann, falls sie kaputt gehen.
Hat sich Ihr Beruf in den letzten Jahren verändert?
Schuricht: Nein nicht wirklich, das Handwerk ist seit 200 Jahren dasselbe. Wir bauen Geigen heute, wie früher. Allerdings haben sich die technischen Hilfsmittel und gewisse Werkzeuge verändert. Das Instrument muss immer noch angenehm zu spielen sein und gut klingen.
Wenn Sie eine Sache an Ihrem Beruf ändern könnten, was wäre das?
Schuricht: Dass Musiker sich auch wieder neue Instrumente kaufen. Ich verstehe, dass alte Instrumente bereits gut eingespielt sind, schön klingen und einen Charme haben. Aber man sollte auch neue Geigenbauer unterstützen und ihnen eine Chance geben. Irgendwann, sind alte Instrumente so kaputt, dass sie nicht mehr reparierbar sind. Dann wird es aber keine neue, alte Instrumente mehr geben, die nachkommen. Man muss jungen Geigenbauern also die Möglichkeit geben, ihre Instrumente zu bauen. Mit mehr Weitsicht und Mut, sich auf neue Instrumente einlassen.
Was ist Ihr Wunsch für die Zukunft?
Schuricht: Dass die Menschen wieder mehr regional und persönlich einkaufen, den Handel hier mehr unterstützen und nicht nur online bestellen. Klar ist der Handel vor Ort etwas teurer, aber er kommt mit Service und Beratung einher. Und es ist ein Miteinander, von dem die Gesellschaft profitiert.
