Illwerke vkw plant Batteriegroßspeicher und führt neue Stromtarife ein

Wie die Illwerke vkw berichtete, soll in Vorarlberg ein Strom-Großspeicher gebaut werden, also eine riesige Autobatterie zur Strommengenregulierung. Die NEUE hat über dessen Sinnhaftigkeit nachgefragt.
Von Kurt Bereuter
neue-redaktion@neue.at
Der Aufsichtsrat der Illwerke vkw hat einstimmig beschlossen, in Vorarlberg einen Batteriegroßspeicher zu errichten. Die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen würden diese Entscheidung begünstigen, so die Illwerke vkw. Ökoenergie – vor allem die PV-Energie – fällt nicht unbedingt dann an, wenn auch der größte Stromverbrauch vorliegt, eher sogar im Gegenteil. Deshalb soll dieser Strom gespeichert werden. PV-Anlagenbetreibern wird ja schon länger empfohlen, den gewonnenen Strom in eigenen Kleinspeichern wenigstens für die Nacht oder ein paar Tage selbst zu speichern.
Sommertarif kommt
Jetzt kommt österreichweit ein Sommer-Strom-Tarif, um den Photovoltaik-Strom im Sommer tagsüber bei viel PV-Eintrag zu verbrauchen, das kündigte die E-Control an. Damit sollen nämlich auch die Netzkosten für den Betreiber sinken, wenn sich Stromproduktion und Stromverbrauch annähern und das Netz damit entlastet werde. Dass der Sommertarif nur 20 Prozent sinkt, war schon Armin Wolf in der ZIB 2 vom 21. Oktober eine Frage wert. Und, dieser Tarif reagiert nicht auf das Wetter, sprich auf schöne Tage mit viel PV-Energieeintrag, sondern gilt eben über den gesamten Sommer tagsüber und ist dann so günstig wie Nachtstrom. Ob ein neuer Float-Tarif, der an den Strommarkt gekoppelt ist – und Sinn machen würde – in seiner derzeitigen Form für den Kunden Sinn macht, bleibt dahingestellt, denn immerhin heißt das, dass der Marktpreis tagesaktuell am Vortag vom Kunden erhoben werden muss. Eine Ersparnis für einen Haushalt von nicht einmal 80 Euro im Jahr wird das wohl kaum rechtfertigen.

„In Österreich ist bidirektionales Laden ‚grundsätzlich‘ erlaubt. Allerdings fehlen vielerorts klare gesetzliche Vorgaben, Normen und Rahmenbedingungen.“
Andreas Neuhauser,
Illwerke vkw
Großspeicher als Lösung
Andreas Neuhauser von der Illwerke vkw erklärt, dass sie sich noch in einem sehr frühen Stadium dieses Projekts eines Stromgroßspeichers befinden und sich einige Fragen deshalb noch nicht im Detail beantworten lassen. Die geplante Kapazität des Batteriegroßspeichers sei 400 Megawattstunden, das ist in etwa der Stromverbrauch von 114 Haushalten über das gesamte Jahr oder 0,17 Prozent der Energiemenge des Lünersees. Dieser Batteriespeicher diene jedoch nur der kurzfristigen Zwischenspeicherung über wenige Stunden. Dennoch stehe im Vordergrund sowohl die Versorgung mit Ökoenergie als auch die Versorgungssicherheit, weil Energie aus erneuerbaren Quellen, wie Windkraft und Photovoltaik, zeitversetzt genutzt werden kann. Zusätzlich könne damit auch die in jedem Augenblick notwendige Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch hergestellt werden und somit leisten Batteriespeicher auch einen Beitrag zur Versorgungssicherheit.
Größe, Standort und Sicherheit
Wie schnell sich so ein Großspeicher über die variierenden Marktpreise amortisiert, beziehungsweise wie lange die Lebensdauer angenommen wird, könne noch nicht bestimmt werden, weil beides von der eingesetzten Technologie und den Marktpreisen abhängte. Wie groß so ein Großspeicher sein wird, könne auch noch nicht final beantwortet werden, aber der Flächenbedarf liege bei ungefähr zwei Hektar. Eine leistungsstarke Anbindung an das Hochspannungsnetz, also in der Nähe eines Umspannwerkes oder eines Kraftwerkes, wäre von Vorteil. Da die Batterietechnologie noch nicht festgelegt sei, können auch noch keine Aussagen zu einem Sicherheitsrisiko gemacht werden. E-Auto-Batterien sind ja recht schwer zu löschen, was auch für einen Großspeicher gelten könnte, allerdings in einer gänzlich anderen Dimension.

„Ein Tarifmodell wieder günstige ‚Nachtstrom‘ ist ein historisches Relikt, das nicht mehr zur heutigen Energieerzeugung passt.“
Martin Reis,
Energieinstitut Vorarlberg
E-Autos als Schwarmspeicher
Derzeit gebe es etwa 13.000 E-Autos in Vorarlberg. Bei einer durchschnittlichen Akkugröße ergibt sich eine theoretische Speicherkapazität von 520 Megawattstunden, also mehr als der Großspeicher hätte. Auf die Frage, ob dieser „Schwarmspeicher“ über flexible Tarife und ein bidirektionales Landen nicht günstiger wäre, erklärt Neuhauser: „In Österreich ist bidirektionales Laden ‚grundsätzlich‘ erlaubt. Allerdings fehlen vielerorts klare gesetzliche Vorgaben, Normen und Rahmenbedingungen, etwa zur Abrechnung, Netzeinspeisung oder Handhabung von Stromsteuern. Aus diesem Grund ist das Thema kommerziell derzeit nicht nutzbar, sondern nur über Forschungs- und Pilotprojekte. Wir als Illwerke vkw haben in den letzten Jahren zusammen mit BMW und einer Forschungsgesellschaft sowie unserem Netzbetreiber einen Versuch durchgeführt, um die technische Machbarkeit zu zeigen. Allerdings kommt auch die Herausforderung der Wirtschaftlichkeit hinzu. Es braucht dazu spezielle Ladestationen, welche deutlich teurer sind als herkömmliche Ladestationen. Das Thema mit dem bidirektionalen Laden wird somit noch einige Zeit dauern, bis es kommerziell nutzbar wird.”
Dynamischer Stromtarif mit wenig Kundennutzen
Die Illwerke vkw bieten bereits dynamische Tarife an. Die Infos findet man unter „vkw.at/strom-dynamisch“, allerdings nicht ganz einfach, denn er verbirgt sich unter den „Sondertarifen“. Dieser ermöglicht laut Beispielrechnung eine jährliche Einsparung von nicht einmal 80 Euro. Dafür eben täglich den Strom-Marktpreis beobachten und darauf reagieren (können). Dass der Energielieferant über die „intelligenten“ Smart Meter in den Stromverbrauch des Kunden eingreifen könne, sei nicht möglich, erklärt Neuhauser, dafür brauche es ein gesondertes Energiemanagementsystem.
Potentiale nutzen und ein „historisches Relikt“
Martin Reis vom Energieinstitut erklärt dazu, dass die Wasserkraftpotentiale in unserem Land weitgehend ausgereizt sind, wir aber mehr erneuerbare Energie brauchen und die PV-Anlagen eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung genießen und zudem preislich günstig sind. So würden auch die von den Grünen vorgeschlagenen PV-Freiflächenanlagen entlang der Autobahn durchaus Sinn machen. Allerdings nur in Verbindung mit entsprechend groß dimensionierten Stromspeicher-Anlagen. Auch die weiter wachsende E-Auto-Flotte im Land könne als Speicher genutzt werden, aber immer in Verbindung mit flexiblen Tarifen und einem Energiemanagementsystem, also einer automatischen Steuerung der Ladevorgänge. Managementsysteme, wie sie in Skandinavien, aber auch in Deutschland schon im Einsatz sind.
Auch die Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) habe bereits flexible Tarife und Energiemanagementsysteme im Einsatz, bei denen die Steuerung automatisch Signale bekomme, um Großverbraucher, wie Waschmaschine, Trockner oder eben die Wallbox freizuschalten. Da werde sich auch in Vorarlberg in den nächsten Jahren noch vieles entwickeln und ein Tarifmodell wie der günstige „Nachtstrom“ werde zu hinterfragen sein. Das sei ein „historisches Relikt“, das nicht mehr in eine Zeit passt, in der erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen vor allem tagsüber günstigen Strom liefern. Ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Energie, neue Tarife und neue technische System werden diesen Tarif wohl mittelfristig obsolet machen, so Martin Reis vom Energieinstitut.
Dynamischer Stromtarif der Illwerke vkw
Was ist das? Ein flexibler Stromtarif, bei dem sich der Preis täglich an den Markt anpasst. Kund:innen können Strom günstiger beziehen, wenn der Marktpreis niedrig ist – z. B. bei hoher PV-Produktion.
Wie funktioniert’s? Wer einen Smart Meter nutzt, kann seinen Verbrauch auf die günstigeren Zeiten abstimmen. Allerdings ist der Aufwand hoch, da sich der Preis täglich ändert und der Nutzen laut Berechnungen derzeit noch begrenzt ist.
Mehr Infos online: www.vkw.at/strom-dynamisch