Was hat es mit unbekannten Flugobjekten auf sich?

Neue Vorfällen in den USA beflügeln Theorien aller Art.
Jetzt kommen die Außerirdischen auch noch! Das Wort „Aliens“ gehörte gestern zu den häufigsten Begriffen auf Social Media. Befeuert wurden die (nicht immer ganz ernsten) Spekulationen über Extraterrestrische von einer Aussage des US-Luftwaffengenerals Glen VanHerck. Er könne derzeit „nichts ausschließen“. Zuvor hatte das US-Militär binnen drei Tagen drei Flugobjekte abgeschossen, deren Herkunft unklar war. Das letzte am Sonntag. Um 14.42 Uhr Ortszeit hatten F-16 Kampfjets auf Befehl von US-Präsident Joe Biden über dem Huronsee an der US-kanadischen Grenze das Flugobjekt heruntergeholt – in Absprache mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau.
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Anders als die zuletzt aufgetauchten (mutmaßlich chinesischer Spionage dienenden) Ballone seien die nun abgeschossenen Objekte nicht eindeutig Ballone, sagte VanHerck. Unklar sei demnach, wie sie in der Luft blieben. Möglich wäre ein gasgefüllter Ballon innerhalb der Struktur oder ein Triebwerk. Auch könne das Objekt bisher keinem Land zugeordnet werden, deswegen sei es nun wichtig, die Vorfälle zu untersuchen. Eine direkte physische oder militärische Bedrohung hätte zwar nicht bestanden, sehr wohl aber ein Sicherheitsrisiko für den zivilen Luftverkehr. Die Bergung und Untersuchung von Überresten der abgeschossenen Objekte soll nun wichtige Informationen liefern. Und die werden von der Öffentlichkeit auch gefordert. Abgeordnete beider Parteien aus dem betroffenen US-Bundesstaat Michigan forderten Aufklärung.
Blinder Fleck in der Luftraumüberwachung
Experte für Sicherheitspolitik Jeremy Stöhs vom Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies (ACIPSS) will mit Spekulationen vorsichtig sein, solange entsprechende Daten fehlen. Er vermutet aber ein unbemanntes Objekt, da es sonst wahrscheinlich nicht einfach abgeschossen worden wäre: „Möglicherweise sind es Drohnen oder andere Arten eines Ballons“.

Die jüngste Häufung dieser Art von Zwischenfällen führt Stöhs darauf zurück, dass die USA einen blinden Fleck in der Luftraumüberwachung geschlossen hätten, indem sie ihre Frühwarnsysteme entsprechend kalibriert hätten „und nun auch den politischen Willen zeigen, diese Objekte in ihrem Luftraum abzuschießen“. Genutzt werden unbemannte Systeme zur Spionage aber schon seit Jahren, sagt Stöhs. Gerade rund um US-Militärübungen gab es eine Häufung von dementsprechenden Vorfällen in den letzten Jahren.
“Fingerabdruck”
China würde versuchen mit diesen Technologien möglichst gutes Lagebild über die amerikanischen Fähigkeiten zu erlangen. Durch Plattformen unterschiedlicher Natur würde so versucht werden, einen „Fingerabdruck“ der Radar- und Kommunikationssysteme zu bekommen. Damit könnte man diese Systeme im Konfliktfall schneller und präziser orten. Das Pentagon sah sich der Kritik ausgesetzt, in der Vergangenheit zu wenig Gegenmaßnahmen gesetzt zu haben.
Spionage aus der Luft
Unbemannte Systeme werden vermehrt zu nachrichtendienstlichen Zwecken eingesetzt. Näher an der Erdoberfläche als Satelliten, können diese Systeme Erkenntnisse aus elektromagnetischer Strahlung gewinnen („Elint“ für Electronic Intelligence) oder Signale abfangen, etwa zur Kommunikation („Sigint“ für Signal Intelligence).
Die wahrscheinlichste Antwort auf die Frage der Herkunft der noch nicht identifizierten Objekte ist für Stöhs China. Er wundert sich zugleich, dass das Thema in Zentraleuropa so großen Widerhall findet: Das ist zwar eine spannende Geschichte, aber für uns nicht das dringendste sicherheitspolitische Problem.“ In der breiten Debatte ortet der Experte auch einen innenpolitischen Hintergrund. Nachdem der erste Ballon bekannt wurde (und bald darauf abgeschossen), kann Joe Biden mit ähnlichen Vorfällen nun Handlungsfähigkeit demonstrieren.
Die Ereignisse würden laut Stöhs aber auch einen Anstoß zur Verbesserung der Kommunikation zwischen China und den USA liefern. Und der Beschäftigung mit der Frage, wie man miteinander umgehen will, um Eskalationen zu vermeiden.
Und Aliens? Jeremy Stöhs lacht: „Wenn die uns sehen, würden sie wohl umdrehen und sagen, ‘die lassen wir lieber, so wie die sich benehmen.’“