International

Unentschiedene könnten Bidens Wahlsieg bedrohen

28.02.2024 • 09:49 Uhr
Schwächt das Vorwahlergebnis in Michigan US-Präsident Joe Biden nachhaltig? <span class="copyright">AP/ Evan Vucci</span>
Schwächt das Vorwahlergebnis in Michigan US-Präsident Joe Biden nachhaltig? AP/ Evan Vucci

36.000 der abgegebenen Stimmen bei den Vorwahlen in Michigan entfielen nicht auf den amtierenden Präsidenten.

US-Präsident Joe Biden hat die Vorwahlen der Demokraten im US-Bundesstaat Michigan mit 80,7 Prozent gewonnen. Allerdings: 13,4 Prozent der demokratischen Wähler — 36.000 der abgegebenen Stimmen — haben „uncommitted“ angekreuzt, unentschieden. Für einen Amtsinhaber, der praktisch ohne Konkurrenz läuft — von zwei chancenlosen Außenseitern abgesehen — , ist das erstaunlich viel.

“Uncommitted”-Kampagnen

Vorausgegangen war die Kampagne „Uncommitted“, die von linken Demokraten, schwarzen Pfarrern, Gewerkschaften und arabischstämmigen Amerikanern initiiert wurde, aber auch von jüdischen Organisationen wie „Jewish Voice for Peace“, der der frühere Kongressabgeordnete aus Michigan, Andy Levin angehört. Es gibt eine große Unzufriedenheit mit der Israel-Politik des Präsidenten, der den US-Verbündeten in seiner Militäraktion gegen den Gaza-Streifen unterstützt. Die Kampagne hat eine sechsstellige Summe ausgegeben, Wähler in Michigan zu erreichen.

Auch der linke Filmemacher Michael Moore, der aus Flint, Michigan stammt, hat am Wahltag seine Mitbürger aufgerufen, „uncommitted“ zu stimmen und zu zeigen, dass sie das Schlachten in Gaza nicht unterstützten. Biden müsse den israelischen Ministerpräsidenten Bibi Netanyahu, den „Kriegsverbrecher“, wissen lassen, dass Amerika nicht länger die Massentötung von Palästinensern finanzieren werde.

Die tamilisch-stämmige Kongressabgeordnete Pramila Jayapal, die dem progressiven Flügel der Demokraten vorsteht, sagte am Abend nach der Auszählung, Biden sollte die vielen unentschiedenen Stimmen als Warnzeichen für die Wahl im November begreifen. „Der Krieg in Gaza und der Mangel an Empathie der Biden-Regierung könnte die fragile Koalition zerstören, die Biden 2020 ins Amt geholfen hat.“

Moslemischen Wähler

Michigan ist der Staat mit den meisten moslemischen Wählern; aus Michigan kommt auch eine von zwei moslemischen Abgeordnete der USA, Rashida Tlaib. Tlaib ist die Tochter palästinensischer Immigranten, die die umstrittene BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) unterstützt und zum linken Flügel der Demokraten gehört. In der früheren Ford-Stadt Dearborn, wo die Hälfte der Bewohner Moslems sind, die meisten davon Araber, stimmten sogar 56 Prozent der Wähler mit „uncommitted“. „Das ist keine arabische Angelegenheit, es geht um Menschenrechte“, sagte Abdullah Hammoud, der Bürgermeister von Dearborn.

Moslems waren unter Ronald Reagan eher im Camp der Republikaner gewesen, mit George W. Bush und seinen Kriegen im Irak und Afghanistan aber haben sie sich den Demokraten zugewandt. Während Hillary Clinton in 2016 Michigan gegen Trump verloren hatte (mit nur 10.700 Stimmen weniger), hat Biden den zehn-Millionen-Staat in der letzten Wahl gewonnen, aber auch nur mit 150.000 Stimmen mehr. In den USA gilt „Winner-Takes-All“; wer die einfache Mehrheit hat, bekommt alle Wahlmänner. Michigan ist einer der wichtigsten so genannten „Swing States“.

Einreiseverbot verhängt

Biden sagt noch am Wahltag zum wiederholten Mal, die israelischen Geiseln müssen freigelassen werden, dann könne man über das Ende der Bombardierung reden. Über das Wahlergebnis allerdings sagte er aber nichts. Biden hat bereits Einreiseverbote für radikale Siedler von der Westbank verhängt und die Deportation von Palästinensern ausgesetzt, um Kritikern entgegenzukommen. Allerdings will er in diesen Tagen auch ein Paket mit Notfallhilfe für Israel und die Ukraine durch den Kongress bringen, das von vielen Republikaner blockiert wird. Vor ein paar Tagen hat die New York Times den Präsidenten aufgefordert, den Israelis klarzumachen, dass die amerikanische Unterstützung von Israel nicht die „schlechtesten Politik der Regierung“ abdecke.

Bei den Republikanern hat, wenig überraschend, Donald Trump die Vorwahlen in Michigan gewonnen, mit 68,1 Prozent gegen nur 26,7 Prozent, die seine letzte verbliebene Konkurrentin Nikki Haley erzielt hat. Haley hält zwar daran fest, bis zum Super Tuesday im Rennen zu bleiben — also noch eine Woche — aber sie hat die finanzielle Unterstützung des Koch Networks verloren, ein Bündnis von konservativen Großindustriellen, das auf die Brüder David und Charles Koch .

Trump siegt bei Republikanern

Während Haley nicht wirklich eine Chance hat, könnte es trotzdem sein, dass ein Teil ihrer Wähler im Herbst nicht das Kreuz bei Trump machen, sondern bei Biden — oder ganz zu Hause bleiben. Bei einem knappen Rennen könnte das entscheidend sein. Trump selbst gab sich siegessicher, Michigan zu gewinnen. Er sagte, er habe nun die Autoarbeiter hinter sich, die mit Bidens Politik unzufrieden seien.