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Österreichs Eishockey schenkt dem Team neues Selbstvertrauen

17.05.2024 • 12:26 Uhr
PRAGUE,CZECH REPUBLIC,16.MAY.24 - ICE HOCKEY - IIHF Ice Hockey World Championship 2024, group stage, Finland vs Austria. Image shows David Maier, David Kickert and Thimo Nickl (AUT).<br />Photo: GEPA pictures/ Daniel Goetzhaber
David Maier, David Kickert and Thimo Nickl (AUT) beim Spiel Österreich-Finnland.
GEPA pictures/ Daniel Goetzhaber

Die Euphorie der jüngsten Erfolge des Eishockey-Nationalteams sorgt für Rückenwind. Sie sind jung, unbekümmert, erfolgreich und verkörpern ein ungewohntes Selbstvertrauen. Und selbst die großen Nationen zeigen Respekt.

Früher einmal war auf die „Sbornaja“ geflissentlich Verlass. Bei einer Eishockey-WM gehörte es zum Standardprozedere, dass die Russen gerne einen völlig indisponierten Auftritt hingelegt hatten. Nach dem Motto: „Heute wegen gestern geschlossen.“ Profitiert hatten dadurch die Gegner am nächsten Tag. Einmal sogar Außenseiter Frankreich wie 2013 (1:2). Die handfesten Überraschungen unter den Top-16-Nationen wurden zuletzt jedoch weniger.

Natürlich geben Kanada, Schweden, Finnland, USA, Tschechien, Schweiz oder Slowakei die Schlagzahl vor. Doch dieser elitäre Kreis plagt sich zusehends gegen kleinere Nationen wie Österreich und Co. Nicht, weil plötzlich überall Superstars mit gottgegebenem Talent geboren werden. Sondern, weil sich das Eishockey in jedem Winkel der Welt weiterentwickelt. Überall steht die eisläuferische Qualität ab Kindesbeinen im Fokus. Profi-Karrieren passieren nicht zufällig, sie müssen orchestriert werden. Das wurde auch in Österreich erkannt.

Große Dichte an Topspielern in Österreich

Seit 2020 landeten respektable fünf Österreicher im NHL-Draft, wo sich die Klubs der besten Eishockey-Liga der Welt die Rechte an ihnen sichern. Aus der Schweiz kamen im selben Zeitraum nur zwei, aus Deutschland immerhin acht Cracks. Mit Marco Rossi, Marco Kasper und David Reinbacher wurden in einer noch nie dagewesenen Dichte drei Spieler in der ersten Runde gezogen. Das ist bemerkenswert.

Blickt man auf den aktuellen WM-Kader der österreichischen Helden, ergibt sich ein interessantes Bild: Vier Kräfte spielen in der Schweiz, Rossi (NHL) und Nickl (ECHL) in Nordamerika. Und stolze 19 Spieler entstammen der heimischen Liga. Schweiz, Kanada und natürlich Finnland verzweifelten an Kräften wie Clemens Unterweger, Lukas Haudum, Mario Huber, Peter Schneider und natürlich den Torhütern David Madlener sowie David Kickert. Obwohl die tragende Torhüter-Rolle in heimischen Gefilden hauptsächlich mit Imports besetzt ist.

Orientierung nach oben

Österreich unterstreicht damit ebenfalls seine Entwicklung, seinen Reifeprozess. Dass sich etwa niemand mit dem einen Punkt gegen Kanada begnügt hat. Dass Benjamin Baumgartner und Co. in den letzten zehn Sekunden gegen Finnland nicht Zeit von der Uhr genommen hatten, sondern noch einen letzten Angriff gewagt haben. Dass man nicht mehr zufrieden ist, wenn man „knapp verloren“ hat. Marco Rossi erwähnte am Rande eines Interviews, dass man sich zu lange nach unten orientiert habe, der Klassenerhalt als Ziel ausgegeben wurde. Das störe ihn und viele andere, weil sich in der Mannschaft Charaktere finden, die Siegermentalität in sich tragen. Das hat nichts mit Überheblichkeit zu tun, das ist gewachsener Realismus.

Vielleicht eröffnet uns dieses Eishockey-Turnier neue Perspektiven, ein neues Selbstwertgefühl. Vielleicht müssen wir als Land einen neuen Zugang zu unserem Sportsgeist finden. Indem Niederlagen wie gegen Dänemark akzeptiert – und Sensationen wie gegen Kanada oder Finnland gefeiert werden. Wobei Sensation, also ein singuläres Ereignis, bereits vom rot-weiß-roten Team als Faktum widerlegt worden ist. Nur so bleibt man eine A-Nation, und so gehört man zu den Besten der Besten. Man kann sich nicht immer darauf verlassen, dass Russland aus der Rolle fällt. Zumal die „Sbornaja“ weiterhin nur Zuschauer ist.