Die Geschichte des kleinsten Skigebiets der Welt

Künstler hätten das Haus zerstören dürfen. Stattdessen entschieden sie sich für einen aberwitzigen Plan.
Das wohl kleinste Skigebiet der Welt hat letzten Samstag in St. Gallen seine Pforten geöffnet. Nicht etwa im Kanton, sondern in der Stadt. Dessen 20 Meter lange Abfahrt ist nicht nur so steil wie eine schwarze Piste, auch optisch dominiert der dunkle Farbton.
Eigentümer kommen auf sie zu
Leila Bock, Kunstfigur, Kuratorin und Initiatorin der Aktion, bespielt seit neun Jahren leer stehende Immobilien in der Stadt: „Ich mache das für andere Künstler, da wir in St. Gallen keine Ausstellungshäuser haben.“ Dabei schätzt sich Bock glücklich, dass Eigentümer auf sie zukommen. So auch im vergangenen Jahr, wo gleich das Angebot kam, die Künstler dürften das Haus zerstören – immerhin wird es einem Neubau weichen.

Lastwägen und Förderband
Stattdessen begannen die Kreativen der Gruppe „Grauer Himmel“ im Mai, ihre Vorstellungen auf Papier zu bannen. Die zündende Idee kam dann mit einer Zeichnung. Sie zeigt Lastwägen, die den restlichen Schnee der Stadt vor dem Haus in der Schneebergstraße abladen. In diesem befindet sich ein Förderband, das den Schnee in den Hinterhof befördert.

Private Sponsoren
In der zweiten Sitzung stand dann fest: „Wir brauchen einen Lift.“ Nur der Nachbar fand das gar nicht gut. Schließlich musste für die Schleppanlage ein Betonfundament gelegt werden, wodurch er seine Stützmauer in Gefahr sah. Nachdem dieser für die Sache gewonnen werden konnte, kam der nächste Rückschlag. Denn die vom Kanton zugesagten 45.000 Franken wurden von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) „vom Tisch geworfen“, klagt die Kuratorin.
Doch da das Projekt bereits weit fortgeschritten war, gab es kein Zurück. Stattdessen gelang es der Gruppe, die Gelder mit Spenden auszugleichen. Stolz erinnert daran ein Werbebanner am Fuße der Piste, das wie in einem echten Skigebiet die Namen der Sponsoren trägt.

Motorisierte Skulptur
So sprang der Aberwitz vom Verstand aufs Papier und nach vielen Hindernissen in die Wirklichkeit. Dabei kommt sogar der Schnee aus der Stadt. Denn dieser wurde anfangs vom kommunalen Räumungsdienst geliefert. Damit die Künstler trotz milder Temperaturen nicht auf diesen verzichten müssen, werden sie jetzt mit dem Abrieb der Eisbahn im Lerchenfeld versorgt.

Auf eigene Gefahr?
Während eine beheizte Bar im oberen Stock zu verweilen einlädt, fristet der Schlepplift ein Dasein als motorisierte Skulptur. Denn für dessen Nutzung gibt es noch keine Genehmigung. Doch laut Kuratorin finden gerade Verhandlungen statt, in denen geklärt wird, ob ihn wagemutige Wintersportler auf eigene Gefahr verwenden dürfen.
Ob das bis zum Projektende am 29. März möglich ist, wird sich zeigen. Bock freut sich jedenfalls jetzt schon über den gelungenen Spiegel des Absurden.