Kultur

Gedrucktes in all seinen Facetten

11.02.2021 • 19:50 Uhr
Die Serie "Fuge" von Hermann Nitsch.       <span class="copyright"> <span style="color: rgba(111, 111, 111, var(--text-opacity)); font-size: 0.75rem; text-transform: uppercase;">allerArt/Erhard Sprengel</span></span>
Die Serie "Fuge" von Hermann Nitsch. allerArt/Erhard Sprengel

Vielfältiges druckgrafisches Schaffen in der Galerie allerArt.

Dass die Druckgrafik große Kunstwerke hervorbringen kann, bewies schon Albrecht Dürer um 1500 mit seinen eindrucksvollen Kupferstichen und Holzschnitten. Laut einem Begleittext zur Dürer-Schau in der Albertina 2019 merkte damals der Künstler an, dass mit dem Verkauf von Drucken viel mehr zu verdienen sei als mit der – für ihn – weitaus mühsameren Malerei. Auch heute noch spielt der finanzielle Aspekt bei der Positionierung der Grafik in der Kunstwelt eine Rolle. Drucke sind meist güns­tiger zu haben als Malereien und Zeichnungen – und sie lassen sich, je nach Auflage, auf mehrere Käufer verteilen.

Manfred Egender ist seit 2020 Kurator der Galerie allerArt. <span class="copyright">Lisa Kammann</span>
Manfred Egender ist seit 2020 Kurator der Galerie allerArt. Lisa Kammann

Die Reproduzierbarkeit grafischer Werke stand einst qualitativ im Gegensatz zur Originalität eines einzigartigen Gemäldes, man denke an Walter Benjamins berühmten Aufsatz. Doch diese Wertigkeit ist längst überholt, und in den 1980er- und 90er-Jahren entdeckten bedeutende Künstler die Qualität der Drucktechnik wieder, wie Manfred Egender bei einem Besuch in der Galerie allerArt erklärte. Der Kurator zeigt in Bludenz als erste Schau des Jahres „Gedrucktes“, so der simple Titel dieser Ausstellung, die verschiedenste druckgrafische Werke beinhaltet.

Farbe und Vitalität

Schon Ende der 90er-Jahre war Egender beeindruckt von einem Holzschnitt der Kölner Zwillingsbrüder Gert und Uwe Tobias, den er in der damals in Köln, heute in Berlin stationierten Galerie Michael Janssen entdeckt hatte. Nun hängt auch in Bludenz ein großformatiger Holzschnitt der Brüder, die sich in dem Werk „The Devil is not mocked“ auch mit ihren rumänischen Wurzeln auseinandersetzen. Ein großer Totenkopf und die titelgebende Schrift sind Referenz für den Dracula-Mythos. Für Egender besitzt dieses Werk, das seinen Ankerpunkt in der Geschichte hat, eine hohe Vitalität und Farbigkeit.

Werke von Chiharu Shiota (l.) und Gert &amp; Uwe Tobias. <span class="copyright">ALLERART/ERHARD SPRENGEL</span>
Werke von Chiharu Shiota (l.) und Gert & Uwe Tobias. ALLERART/ERHARD SPRENGEL

Ein Fixpunkt der Druck-Herstellung in Vorarlberg ist seit 20 Jahren die Werkstatt von Markus Gell in Rankweil. Drei Kunst-Größen, die dort ihre Grafiken anfertigen, sind auch in Bludenz vertreten: Die Japanerin Chiharu Shiota zeigt drei Lithografien, die von Shiotas reduzierter Farbwahl zeugen. Wie kürzlich bekannt wurde, wird die Künstlerin bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen mitwirken. Auch Hermann Nitsch wird auf dem Grünen Hügel aktiv sein, von ihm ist die 30-teilige Serie „Fuge“ zu sehen, die schon 2019 in der MAP Kellergalerie in Schruns gezeigt wurde – aber dort ganz anders gehängt war, so Egender. Nitsch kombiniert in der Serie die Techniken Lithografie und Radierung. Ein Blatt wurde nachträglich überzeichnet, wohl mit Ölpastellkreide, vermutet der Kurator.

Naturdarstellungen

Nitschs struktureller Ansatz bildet einen schönen Kontrast zu Markus Lüpertz’ klassischer Motivwahl. Das Pferd steht im Mittelpunkt der „Troja“-Serie, die durch den massiven Duktus des „Kunst-Kaisers“ beeindruckt, so Egender. Solche starken Striche zu drucken, bedinge eine große Könnerschaft, sagt der Kurator in Richtung Gell. Weitaus feiner sind Melanie Berlingers botanische Illustrationen gezeichnet. Ganze 46 Photopolymer-Drucke der jungen Vorarlberger Künstlerin sind an der Wand vereint. Details und Oberflächenstrukturen von Samenkapseln, Zwiebeln oder Nadelbaumzapfen erhalten durch das mehrstufige Herstellungsverfahren eine besondere Geltung. Wie aus der Zeit gefallen, an die lange Tradition der Naturdarstellungen anlehnend, wirken Berlingers Drucke, meint Egender.

„Gedrucktes“. In Zusammenarbeit mit der Edition Markus Gell. Bis 5. März in der Galerie allerArt, Bludenz. Mitwoch bis Sonntag, 15 bis 18 Uhr geöffnet.

Mit seiner Serie „Flucht“ scheint uns Siegfried Anzinger eine Geschichte erzählen zu wollen. Eine verschleierte Frau flieht offenbar mit einem Kind im Arm auf einem Esel. Die Ausführung von Gesicht und Händen ist hier eine Besonderheit – und jeder der hier vertretenen Künstler zeigt uns etwas Besonderes. Schön, dass es wieder Ausstellungen zu sehen gibt!