Ein schmales Buch begleitet das ganz große

„Gedankenspiele über das Gelingen”: Eine unterhaltsame Sammlung von Anekdoten.
Während Michael Köhlmeiers monumentaler Roman „Matou“ (Hanser) seit seinem Erscheinen für Gesprächsstoff sorgt und in den Bestsellerlisten kursiert, ist weiter abseits vom Rampenlicht des Literaturbetriebs ein kleines Büchlein erschienen, in dem der Vorarlberger Schriftsteller Anekdoten über das Gelingen versammelt – und damit seine große, für Köhlmeier so bezeichnende Leidenschaft des Erzählens ausspielt. „Gedankenspiele über das Gelingen“ ist dieses Jahr im Verlag Droschl erschienen.
Pointiert
Hinsichtlich der Quantität könnten die beiden Publikationen nicht unterschiedlicher sein: 960 Seiten braucht der Kater Matou, um – beginnend bei der Französischen Revolution – durch die Weltgeschichte zu streifen und dabei nicht weniger als „die“ großen philosophischen Fragen der Menschheit zu behandeln. Die Reihe „Gedankenspiele“ hingegen versammelt schmale Bände, in denen bekannte Autoren zu einem ausgewählten Begriff kurze Essays liefern. Köhlmeier präsentiert dem Leser ganze 30 Texte auf 56 Seiten, dafür wählte er die pointierte Erzählform der Anekdote.
Der Dichter als Feldherr
Eine Intention des Schriftstellers liegt darin, dem Leser nicht immer gleich unter die Nase zu reiben, inwiefern die knappen Erzählungen nun mit dem Begriff des Gelingens zusammenhängen. Das gibt der Autor selbst zu, wenn er ebendieses Vorhaben im Text „Die Strafe“ seinem Freund Hubert Dragaschnig erzählt. Der Theatermacher antwortet darauf mit einem jüdischen Witz. Doch in manchen Zeilen wird offensichtlich, dass es ums Gelingen geht – nur handelt es sich bei diesem Gelingen oft um ein fragwürdiges. So lag etwa das Talent des antiken Dichters Phrynichos darin, die Menschen mit seinen Worten derart aufzuwiegeln, dass er zum Feldherrn berufen wurde.
Michael Köhlmeier. Gedankenspiele über das Gelingen. Droschl, 56 Seiten, 10 Euro.
Köhlmeier beschäftigte sich mit der langen Tradition der Anekdote und überliefert eine solche des Geschichtsschreibers Phylarchos aus der Antike. Doch streut der Autor auch Zeitgenössisches ein, wie Zitate von populären Persönlichkeiten der jüngsten Vergangenheit, etwa dem Boxer Muhammad Ali. Knappe Weisheiten aus anderen Kulturen, Anekdoten aus der Musikgeschichte, der Mann, der sieben Mal vom Blitz getroffen wurde – sogar der Vorarlberger Politiker Bernhard Weber, der bei seiner Angelobung Mundharmonika spielte, findet seinen Platz. Um Wahrheit und Fiktion geht es hintergründig auch. Wer sagt denn schon, dass alle gelungenen Anekdoten auch wirklich passiert sein müssen? Diese Exemplare lesen sich jedenfalls kurzweilig, sind amüsant und regen an. Ideal auch als kleines Gastgeschenk.