Kultur

Uraufführung „Bevor wir schweigen“

28.06.2022 • 20:09 Uhr
„Bevor wir schweigen“ mit Paul Armin Edelmann als Solist      <span class="copyright">FOTO VERANSTALTER</span><br>
„Bevor wir schweigen“ mit Paul Armin Edelmann als Solist FOTO VERANSTALTER

Zum 32. Mal fanden letztes Wochenende die Internationalen Wolfegger Konzerte statt, die erneut vom Vorarlberger Dirigenten Manfred Honeck geleitet wurden.


Am letzten Wochenende im Juni ist der kleine oberschwäbische Ort Wolfegg mit seiner historischen Alten Pfarr, dem prächtigen Rittersaal im Schloss und der barocken Pfarrkirche St. Katharina mit Musik erfüllt. Der Vorarlberger Dirigent Manfred Honeck leitet das festliche Konzertwochenende seit 28 Jahren und die Veranstalter sind glücklich, dass dies trotz seiner Verpflichtungen beim Pittsburgh Symphony Orchestra und seiner weltweiten Tätigkeit weiterhin möglich ist. Nach pandemiebedingtem Ausfall vor zwei Jahren und einem reduzierten Programm 2021 konnten die Internationalen Wolfegger Konzerte wieder vor einem begeisterten Publikum stattfinden.

Beeindruckende Darbietung

Für Orchester- und Kirchenkonzert hatte Honeck die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern (DRP) eingeladen. Der Samstagabend im ausverkauften Rittersaal des Schlosses war Beethovens drängender und spritzig musizierter erster Symphonie und seinem Violinkonzert gewidmet.
Hier beeindruckte die erst 19-jährige spanische Geigerin Maria Dueñas mit einer ungemein reifen, selbstbewussten Interpretation im Zusammenspiel mit Orchester und Dirigent. Hervorgehoben seien die eigenen Solokadenzen, der lyrische Atem im Larghetto und der vielgestaltige Rundtanz im Finale.

Geigerin Maria Dueñas                                                            <span class="copyright">FOTO VERANSTALTER</span>
Geigerin Maria Dueñas FOTO VERANSTALTER

Eine der beliebtesten Messen Mozarts, die so genannte „Krönungs-Messe“ KV 317 eröffnete das Kirchenkonzert am heißen Sonntagnachmittag. Manfred Honeck animierte die DRP zu einem flexiblen, fein phrasierten Spiel. Die Augsburger Domsingknaben (Einstudierung Stefan Steinemann) begeisterten wie bereits einige Male in Wolfegg mit ihrem hellen, beweglichen Chorklang. Honecks rasche Tempi in Gloria und Credo beflügelten die rund 50 Knaben- und Männerstimmen. Das Soloquartett wurde von der weichen Sopranstimme von Christina Landshamer überstrahlt. Die Mezzosopranistin und gebürtige Vorarlbergerin Nina Maria Edelmann, Tenor Martin Mitterrutzner und der Bariton Paul Armin Edelmann fügten sich zu einem harmonischen Ensemble.

Abschiedsbriefe

Das Geläut der Glocken und eine lange Stille folgten der Uraufführung des Oratoriums „Bevor wir schweigen“, in dem der Leipziger Komponist, Dirigent und Pianist Florian Frannek sieben letzte Briefe von Gefangenen aus der Zeit des zweiten Weltkriegs zu einem ebenso erschütternden wie hoffnungsvollen Ganzen verbunden hat. Frannek, der Mitglied des Thomanerchors Leipzig war und dann bei Manfred Honeck Dirigieren studiert hat, und der gläubige Dirigent, der solche Briefe auch immer wieder in seine Aufführungen von Mozarts Requiem einfließen ließ, treffen sich in diesem Werk auf einer Ebene des Denkens und des musikalischen Ausdrucks. Bei allem Grauen, das die Abschiedsbriefe von gläubigen Christen und verfolgten Juden aus Gefängnissen, Vernichtungslagern und dem Ghetto schildern, beeindrucken sie in ihrer Glaubenskraft und Hoffnung.


Bläser und Schlagwerk, dazu Streicher und den Chor setzt Florian Frannek in seinem Oratorium ein. Die Solostimme des Erzählers wechselt zwischen Sprechen, Sprechgesang, Rezitationston und Singen und führt in der Höhe durchaus gewollt an die Grenzen: Paul Armin Edelmann meisterte diese anspruchsvolle Partie auf bewegende Weise. Florian Frannek hat die sieben letzten Briefe als unterschiedliche musikalische Charaktere gefasst. Im Zusammenwirken von Chor, Orchester, Solist und natürlich Manfred Honeck, dem diese schon für 2021 geplante Uraufführung ein Herzensanliegen war, entstand eine ungeheure Sogkraft, die das Publikum zum Abschluss dieses intensiven Konzertwochenendes hineinzog in eine spirituelle Musik der besonderen Art.

Von Katharina von Glasenapp