Kultur

Alles soll fluid sein: Malerei ohne Wand

23.03.2023 • 19:10 Uhr
Alles soll fluid sein: Malerei ohne Wand
Sarah Bechter im Salon Angelika im Angelika-Kauffmann-Museum. Wolfgang Ölz

Sarah Bechter zeigt im Angelika-Kauffmann-Museum großformatige Gemälde mit elastischen Figuren und Gebilden.

In Sarah Bechters großformatigen Triptychons in dezenten Farben huschen kaum materialisierte Figuren durch den Raum. Mystifizierte Paravents stellen sich selbst in Frage. Für Sarah Bechter ist ein fixer Standpunkt ein Gräuel. Alles soll fluid sein, fließend, nur keine Fixierung und das ermalt sie sich auch in ihrem eigenen Kunstkosmos.

Keine klaren Positionen

„Das grundlegende Misstrauen gegenüber statischen Standpunkten und eindeutigen Narrativen“ ist ein modischer Satz aus dem Pressetext, der doch einmal überdacht werden könnte.
Es ist eben ein Signum unserer Zeit, dass klare Positionen oder Erkenntnisse, die andere Erkenntnisse ausschließen, per se als verdächtig gelten. Dabei wird allerdings nicht erkannt, dass Klarheit und Eindeutigkeit, Erkenntnis der Wahrheit (nicht einer Wahrheit), das Leben ungemein reich und glücklich machen kann. Werte wie Familie sind in unserer schönen neuen Internetwelt völlig unterbewertet. Jeder ist Teil einer Familie, ist Sohn, ist Tochter, Bruder, Schwester, Vater, Mutter, Enkel oder Enkelin.

Angelika Kauffmann, deren Werk in Verbindung mit den neuen Kunstpositionen gebracht werden soll, hat das in der Selbstverständlichkeit ihrer vergangenen Epoche noch gelebt und gemalt. Ein Besuch in der Kirche in Schwarzenberg macht das deutlich: Das zentrale Altarblatt mit der Krönung Mariens durch die Dreifaltigkeit Vater, Sohn und Heiliger Geist zeigt eine eindeutige Wahrheit, die aber nicht im Widerspruch stehen muss zu einer göttlichen Dynamik, die in dieser Trinität, in diesem In-Beziehung-Sein, Liebe sein, ihre höchste Erfüllung findet.

Sarah Bechter, Fountain (I am all over you), 2022.<span class="copyright">Sarah Bechter</span>
Sarah Bechter, Fountain (I am all over you), 2022.Sarah Bechter

Im künstlerischen Austausch

Sarah Bechter, geboren 1989 in Andelsbuch, lebt und arbeitet in Wien. Sie braucht den Diskurs mit Kollegen und Kolleginnen, deswegen käme eine Rückkehr in den Bregenzerwald für sie nicht infrage. Da ist sie Angelika Kauffmann vielleicht nicht unähnlich, die auch die Metropole und den künstlerischen Austausch brauchte und den Bregenzerwald als Projektionsfläche ihrer Wünsche nach einer heilen Welt benutzte wie Winkelmann sein idealisiertes Griechenland für seine humanistischen Fantasien.

Sarah Bechter studierte von 2010 bis 2017 Malerei an der Universität für angewandte Kunst Wien. Ihre Ausstellungstätigkeit kann sich sehen lassen, etwa in der Galerie Kandlhofer über die Galerie Elisabeth & Klaus Thoman bis hin zu Krinzinger Projekte (alle in Wien). Bei den Auszeichnungen ist zu nennen: Artist-in-Residence in New York, Nominierungen für den Kulturpreis Vorarlberg und den Kunstpreis Hypo Vorarlberg und der Hubert-Berchtold-Preis. Vertreten ist die 34-jährige Künstlerin in Sammlungen wie der Artothek des Bundes, Belvedere 21, Wien Museum, Land Vorarlberg, Illwerke AG und Hypo Landesbank Vorarlberg.

Sarah Bechter: Serving Sentiment: Bis 16. April im salon angelika, Angelika Angelika-Kauffmann-Museum, Schwarzenberg. Geöffnet von Freitag bis Sonntag, 14 bis 17 Uhr.
http://angelika-kauffmann.com/

Gegenwartskunst

Im Salon Angelika

Mit der Ausstellungsreihe „salon angelika“ öffnet das Angelika-Kauffmann-Museum seine Türen für die Gegenwartskunst. Gezeigt werden junge Positionen, die die Vielfalt und Qualität aktueller künstlerischer Produktion abbilden und das Museum zu einem Ort weiterentwickeln, an dem alte und neueste Kunst in einen lebendigen Dialog treten.

Wolfgang Ölz