Kultur

Stars, die uns lieb, wert und vor allem teuer sind

18.07.2023 • 13:18 Uhr
"Workingclass Hero" Bruce Springsteen
“Workingclass Hero” Bruce Springsteen. (c) APA/AFP/Ritzau Scanpix/LISELOTTE SABROE (LISELOTTE SABROE)

Kartenpreise für Superstars sind oft extrem hoch. Das liegt aber nicht nur an den Künstlern.

Rock und Rubel rollen. Im Wiener Happel-Stadion traten zuletzt Harry Styles und die Red Hot Chili Peppers auf, rund 100.000 Menschen strömten allein zu diesen beiden Veranstaltungen. Und so ein Konzertbesuch kann eine ganz schön tiefe Kerbe ins Budget schlagen: Hotel (meist schamlos überteuert, wenn Stars in der Stadt sind), an den Merchandising-Ständen gibt es auch kaum Schnäppchen, Essen und Trinken in Stadionnähe hat zumindest preislich Restaurantniveau. Und dann sind da natürlich noch die Kartenpreise selbst. Diese stehen jetzt zunehmend in der Kritik, weil sie vor allem bei Superstars oft schwindelerregende Höhen erreichen. Noch ist das vor allem in den USA der Fall, aber auch Europa dürfte auf längere Sicht nicht verschont bleiben.

Heute Dienstag tritt Bruce Springsteen im natürlich längst ausverkauften Happel-Stadion auf. Und dass ausgerechnet der heiß geliebte und leidenschaftlich verehrte “Boss”, dieser ikonische “Workingclass Hero”, zumindest bei seinen vorjährigen USA-Konzerten teilweise horrende Kartenpreise – 5000 Dollar und mehr – verlangt, liegt vielen Fans schwer im Magen. Tatsache ist aber auch, dass Springsteen Jahrzehnte vehement für eine moderate Preisgestaltung eingetreten war. Nun aber erklärte er in einem Interview mit dem Magazin “Rolling Stone”: “Wir haben uns fast 50 Jahre lang unter Marktwert verkauft. Jetzt bin ich 73 und will das nehmen, was andere Leute meines Kalibers auch nehmen.” Und sein Manager Jon Landau relativierte unlängst in einem Interview mit der “New York Times”: “Unabhängig von den Kommentaren über eine geringe Anzahl von Tickets, die 1000 Dollar oder mehr kosten, liegt unser tatsächlicher Durchschnittspreis bei Tickets im mittleren Bereich von 200 Dollar.”

An der Preisgestaltung respektive Regulierung sind aber nicht nur die Künstler selbst beteiligt. In den USA kooperieren Springsteen und andere Superstars aus der Branche mit dem US-Unternehmen Ticketmaster. Und dieses setzt auf das sogenannte “Dynamic Pricing”. Das heißt, Karten werden nicht zu Festpreisen angeboten, sondern die Preise ständig der Nachfrage angepasst – so, wie auch bei Flugtickets üblich.

Auch in Europa kommt “Dynamic Pricing” bereits zur Anwendung. Vor allem dann, wenn die Firma Ticketmaster die Karten vertreibt. 2010 fusionierte Ticketmaster übrigens mit Live Nation Entertainment, einem der weltweit größten Konzertveranstalter, der auch für zahlreiche Konzerte in Österreich verantwortlich zeichnet. Offiziell soll mit Methoden wie “Dynamic Pricing” das Problem überhöhter Preise auf dem Sekundärmarkt ausgehebelt werden. Das heißt, professionelle Re-Seller horten Konzertkarten und verkaufen sie dann mit hohem Gewinn weiter. Auf der Strecke bleibt freilich der Kunde, der da wie dort zunehmend hohe Preise zahlt.

Infos zum Wien-Konzert

Bruce Springsteen and The E Street Band treten heute, 18. Juli, im Wiener Happel-Stadion auf. Konzertbeginn ist 19 Uhr, es gibt keinen “Support Act”. Die Setlist ist immer leicht verändert und beinhaltet meist rund 30 Songs.
Es wird – wie bei allen Stadionkonzerten – dringend geraten, öffentlich anzureisen. Die U2 fährt bis zum Stadion.

Ewald Tatar, Geschäftsführer von Barracuda Music und somit einer der größten Konzertveranstalter des Landes, kennt die Diskussionen natürlich, betont aber: “Wir sind nach wie vor bemüht, unsere Ticketpreise so verträglich wie möglich zu halten. Aber unsere Branche ist auch keine Oase der Inflation und Preissteigerungen.” Und zum System von “Dynamic Pricing” sagt er: “Mein Ziel ist es sicher nicht, in dieses Fahrwasser zu kommen. Aber möglicherweise wächst der internationale Druck.”

Jenseits der Kartendiskussionen ist Bruce Springsteen live noch immer eine Klasse für sich und ein wahrer Schwerarbeiter, wie die Marathonkonzerte seiner laufenden Tour zeigen. Auch im Wiener Happel-Stadion wird er mit The E Street Band drei Stunden lang auf der Bühne stehen und Rockgeschichte verkörpern. Und was zum “Rock-‘n’-Roll-Rüstzeug” gehört, hat er in seiner Autobiografie “Born to Run” geschrieben: “Veranlagung, Talent, Handwerkzeug, die Entwicklung einer Ästhetik, der man sich voll und ganz verschreiben kann, die reine Gier nach … Ruhm? Liebe? Bewunderung? Aufmerksamkeit? Frauen? Sex? Und, o ja, nach Kohle.” Da spricht der “Workingclass Hero”. In aller Aufrichtigkeit.

“Swifties” brauchen gute Nerven

Popsuperstar Taylor Swift
Popsuperstar Taylor Swift.AP

Wer ein “Swiftie” ist, also ein Fan von Taylor Swift, braucht gute Nerven. Der Popsuperstar kommt im Rahmen seiner Tour “The Eras” am 8., 9. und 10. August 2024 gleich für drei Konzerte ins Happel-Stadion in Wien. Der Run auf die Karten ist erwartungsgemäß riesengroß. Aber an solche zu gelangen, wurde für Zigtausende Fans zum schweißtreibenden und zermürbenden Hürdenlauf.

Karten kaufen bzw. bestellen, und das war’s dann? So funktioniert das bei solchen gehypten Megaevents nicht. Um eine Chance zu haben, Swift live zu erleben, musste man sich vorher bei “oeticket” registrieren, um einen Zugangscode für den Kauf der (maximal vier) Karten zu erhalten. Damit ist der Fall aber nicht erledigt, denn der Veranstalter teilt mit: “Die Vorverkaufsregistrierung ist keine Garantie für die Teilnahme am Vorverkauf oder für den Erhalt von Tickets. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage größer sein wird als die Anzahl der verfügbaren Tickets.” Und weiter: “Falls du einen Link mit Zugangscode von ‘oeticket’ erhältst, kannst du ab Dienstag, 11. Juli (12 Uhr), am Vorverkauf teilnehmen.”

Während in Österreich die Server dem Ansturm auf die rund 170.000 Karten weitgehend standhielten, kam es etwa in Frankreich zu massiven Problemen. Ticketmaster musste bekannt geben, dass der Vorverkauf für die Konzerte in Paris und Lyon “eingefroren” werden musste. Die Preise bewegen sich übrigens zwischen rund 100 und 250 Euro für reguläre Karten und mehr als 600 Euro für VIP-Tickets.

Dass die Preise für Konzertkarten zunehmend durch die Decke gehen, hat bereits zu neuen Wortkreationen geführt. Man spricht dann von “Beyflation” (Beyoncé) oder “Swiftflation”. Ökonomen haben nämlich ausgerechnet, dass die Preissteigerungen so hoch sind, dass in einigen Ländern sogar die Inflationsraten nach oben getrieben werden. Ein Beispiel: Beim Anbieter Stubhub kostet der billigste Platz für ein Taylor-Swift-Konzert im Juli in Seattle 1200 Dollar (1099 Euro), Karten für ein Konzert in Mexiko-Stadt im August kosten 500 Dollar pro Stück.