Über die gerechte Verteilung von Betreuung

Beim Wirtshausgespräch im Gasthaus Falva in Blons diskutierten im Rahmen des Walserherbstes rund 20 Leute über Politik, Engagement und Care-Arbeit.
Üblicherweise verbindet man mit Wirtshausdiskussionen polternde Gespräche mit Witzen unter der Gürtellinie und dem manchmal harten Klopfen auf den Tisch zur Untermauerung eines Arguments. Das lauteste, nicht das beste Argument gewinnt. Ganz anders bei diesem Format, das am Donnerstagabend beim Walserherbst im Gasthaus Falva in Blons stattfand. Gastgeber und Initiator Stefan Schartlmüller und Anna Sophie Adelt moderierten das Gespräch und erklärten gleich die Spielregeln.
Jede und jeder war aufgefordert mitzureden, es gab keine Bühne, kein oben und unten, vorne oder hinten. Alle in diesem Raum konnten gleichberechtigt etwas sagen. Wenngleich zwei Expertinnen zum Thema eingeladen wurden, sozusagen als Eisbrecherinnen: Janine Bex, Grünen-Gemeinderätin in Innsbruck, und Lisa Praeg, Mit-Initiatorin des Vorarlberger Bürgerinnenrates zur Care-Arbeit. Wer sich beteiligen wollte, setzte sich in den inneren Stuhlkreis und konnte von Herzen sprechen. In einem äußeren Kreis saßen die anderen und hörten zu. So wurde munter zwischen den Stühlen hin und her gewechselt.
Persönliche Erzählungen
Der Dialog gestaltete sich von Anfang an sehr persönlich. Eine Mutter erzählte, wie schwer es für sie sei, als Alleinerziehende eines Kindes mit Beeinträchtigung den Schulalltag zu bewältigen. Ein Mann wünschte sich für unsere Gesellschaft, dass mehr in einfacher Sprache gesprochen wird, gerade aus seiner persönlichen Erfahrung mit alten Menschen und Menschen mit Beeinträchtigung heraus.
Fragen, warum die Vorschläge eines Bürgerinnenrates im Nichts versanden, wurden ebenso aufgeworfen, wie die immer noch zu niedrige Bezahlung von Künstlerinnen in Vorarlberg, Stichwort Fair Pay. Das Thema der gerechten Verteilung der Betreuungsarbeit von Kindern ist kein Neues. Dieses brachte Lisa Praeg ins Gespräch, die durchaus eine gewisse Müdigkeit in solchen Prozessen zum Ausdruck brachte. In einer immer komplexeren Welt, gäbe es jedoch keine Lösung, die für alle passe. Kleinkind-Betreuungseinrichtungen und die Bezahlung von Care-Arbeit zuhause können nebeneinander existieren. Die berühmte „Herdprämie“ sei keine Allzwecklösung. Care-Arbeiten wie jene von Krankenpflegerinnen seien zwar als systemerhaltende Berufe während der Corona-Zeit erkannt worden, mehr bezahlen wolle der Staat aber trotzdem nicht dafür, so eine Publikumsstimme.
Keine fertigen Lösungen
Fixfertige Lösungen in eineinhalb Stunden Gespräch zu erarbeiten war nicht möglich, aber darum ging es an diesem Abend nicht. Die gerechte Verteilung der Betreuung von Kindern oder älteren Menschen zwischen Frauen und Männern und deren Bezahlung durch den Staat war aber ein Konsens, der an diesem Abend ganz deutlich zu spüren war. Nach dem offiziellen Teil wurde in kleinen Runden bei einer wohlschmeckenden Suppe und einem Glas Weißwein weiterdiskutiert. Und das ganz ohne lautstarke Argumente.
Das letzte Wirtshausgespräch im Rahmen des Walserherbstes findet heute Samstag um 17 Uhr wieder im Gasthaus Falva in Blons zum Thema „Politische Prozesse als Gemeingut verstehen“ statt. Gäste sind Hildegard Burtscher und Peter Bußjäger. Der Eintritt ist frei.
https://walserherbst.at/